Publikationen

Politischer Islam. Chance oder Bedrohung?

Aus den Umbrüchen in der arabischen Welt sind islamistische Gruppen bislang als die eigentlichen Gewinner hervorgegangen. Der politische Islam ist jedoch keine homogene Bewegung, sondern tritt regional, ideologisch und konfessionell in verschiedenen Varianten auf. Reform-islamistische Parteien nehmen die nicht eingelösten Versprechen und Forderungen des arabischen Nationalismus nach Unabhängigkeit, Gerechtigkeit, Partizipation, Entwicklung und Würde auf und präsentieren sie in einem "islamischen" Gewand. Es sind vor allem diese politischen Ziele verbunden mit der Enttäuschung über die alten Garden und weniger religiöse Motive, die ihren Aufstieg erklären. Neben den reform-islamistischen Parteien haben sich fundamentalistische Salafisten als zweite politische Kraft etablieren können. (...)
Veröffentlicht: 
Kommentar für das Berliner Forum Außenpolitik der Körber-Stiftung, September 2012

Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf die (außen-) politische Handlungsfähigkeit von Staaten

Europa erlebt eine tiefgreifende Zäsur - wenn nicht gar eine Zeitenwende. Die europäische Finanzkrise ist zu einer Überlebensfrage der europäischen Integration geworden, die zu tiefgreifenden Veränderungen in der politischen Struktur und im inneren Kräfteverhältnis der EU führt. Von ihrer Bewältigung oder Nichtbewältigung wird auch die künftige Rolle und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union als internationaler Akteur auf globaler Ebene abhängen. Ohne Zweifel ist die gegenwärtige Krise der europäischen Integration eine der schwersten in ihrer über 60-jährigen Geschichte. Seit 2009 findet deutsche und europäische Außenpolitik zunehmend im Schatten der Finanzkrise statt, die die Ressourcen und das Personal bis aufs Äußerste in Anspruch nimmt. Nicht nur die Bevölkerung, auch viele Experten und Parlamentarier können alleine nicht mehr alle Details erkennen und verstehen. Unvorstellbare Summen werden garantiert, "gehebelt" und verliehen. Im Wust der Hilfs- und Rettungsmechanismen, Milliarden-Risiken und Expertenmeinungen scheinen nur noch Wenige den Überblick zu haben. Und die, die ihn noch haben, sind immer weniger dazu in der Lage zu erklären, was sie da überblicken. (...)
Veröffentlicht: 
Berlin, August 2012

Massenvernichtungswaffenfreie Zone Naher und Mittlerer Osten

Seit der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages 2010 ist die Vision eines kernwaffenfreien Nahen und Mittleren Ostens zurück auf der internationalen Agenda. Dort erhielt Ägypten die Zusage, dass 2012 eine internationale Konferenz unter Federführung der Vereinten Nationen stattfinden solle, die sich mit den Möglichkeiten befasst, eine von Massenvernichtungswaffen freie Zone im Nahen und Mittleren Osten einzurichten. Kernwaffenfreie Zonen sind eine wichtige Ergänzung und wertvolle Unterstützung des globalen nuklearen Nichtverbreitungssystems. Derzeit existieren weltweit fünf kernwaffenfreie Zonen (Antarktis, Mittel- und Lateinamerika, Südpazifik, Südostasien, Afrika). Deren Mitglieder dürfen weder im Geltungsbereich noch anderswo Kernwaffen entwickeln, bauen, erwerben oder kontrollieren. Sie verzichten ferner auf die Stationierung, den Transport oder den Test von Nuklearwaffen und dürfen auch keinem anderen Staat vergleichbare Aktivitäten auf ihrem Territorium gestatten.(...)
Veröffentlicht: 
Internationaler Infodienst, 2/2012

Kommentar: Die Türkei als Vorzeigestaat?

Nach den Umbrüchen in der arabischen Welt ist allerorten die Rede vom "Vorbild Türkei". Das scheint auf den ersten Blick plausibel. Die Türkei ist eine Demokratie und ein Rechtsstaat. Das Land besitzt eine säkulare Verfassung, hat erprobte Institutionen und kann auf eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung zumindest in den vergangenen zehn Jahren verweisen. Und: Ihre Bewohner sind zu 98 Prozent Muslime. Es ist zudem unübersehbar, dass die Türkei auch als Regionalmacht Gewicht gewonnen hat - dank ihrer enorm gewachsenen Wirtschaftskraft, aber auch wegen der inneren Stabilität und den Reformen, die der islamisch-konservative Premier Recep Tayyip Erdogan seit 2002 umgesetzt hat. (...)
Veröffentlicht: 
Deutsche Welle, 13.04.2012

Wie wir lernen, auf die Bombe zu verzichten

Hunderttausende Menschen starben, als US-Piloten am 6. August 1945 die erste Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima abwarfen. Diese euphemistisch "Little Boy" genannte totale Waffe beendete nicht nur den Zweiten Weltkrieg im Pazifik, sondern symbolisierte zugleich einen Dammbruch, der von der Möglichkeit der Menschheit zeugte, sich selbst zu vernichten. Die Zündung der sowjetischen Bombe am 29. August 1949 nahe der kasachischen Stadt Semipalatinsk schuf dann mit dem "Gleichgewicht des Schreckens" - eine Ära, der die Bombe den Namen gab. Das Atomzeitalter lebte von der gegenseitigen glaubhaften Vernichtungsdrohung und bescherte zumindest Europa eine lange Zeit eines waffenstarrenden Friedens. Für George Orwell war es eine "scheußlich stabile Welt", in der sich Washington und Moskau weitgehend mit Stellvertreterkriegen begnügten und auch bei der Auswahl ihrer Verbündeten alles andere als wählerisch waren. Die Atombombe half dabei, sich ab- und andere einzugrenzen. Sie machte ihre Besitzer machtpolitisch bedeutend und auf den ersten Blick berechenbar. Das galt auch noch, als Großbritannien (1953), Frankreich (1964) und die Volksrepublik China (1964) in den Club der Atommächte aufrückten. Seitdem spielt im Spannungsfeld von Aufstieg und Fall der Großmächte die nukleare Macht eine nicht zu unterschätzende Rolle und fördert Prestige und Sicherheit eines Staates so schnell und unmittelbar wie keine andere Macht. (...)
Veröffentlicht: 
In: WeltTrends, Nr. 82, Januar/Februar 2012, S. 47-53.

Japan und Deutschland: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Auch wenn 2011 für Japan und die Welt immer als das Jahr der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe und des Reaktorunglücks von Fukushima in Erinnerung bleiben wird, ist es auch das Jahr, in dem Japan und Deutschland das 150-jährige Bestehen ihrer Beziehungen feiern. Man kann sicherlich feststellen, dass sich diese Freundschaft auch in der Stunde der Not bewährt hat. Der 150-igste Jahrestag der Unterzeichnung des Handels-, Schifffahrt- und Freundschaftsvertrags zwischen Preußen und Japan am 24. Januar 1861 gibt Anlass, die gemeinsame Entwicklung Revue passieren zu lassen, Bilanz zu ziehen und den Blick auf die Zukunft zu richten. Der Deutsche Bundestag nahm das Jubiläum gerne zum Anlass, einen klaren, von allen Fraktionen getragenen Beschluss über die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan zu verabschieden. (...)
Veröffentlicht: 
In: Erich G. Fritz/Daiichi Sankyo (Hrsg.), Zeitenwende in Japan?, Oberhausen 2011, S. 13-20

Eindrücke aus einem Land zwischen Trauma und Aufbruch

Parlamentariergruppen sind keine offiziellen Organe legislativen Handelns. Sie können weder außenpolitische Entscheidungen beeinflussen, noch parlamentarische Initiativen ergreifen. Dennoch können sie hilfreich sein. In diesem Sinne hat die deutsch-japanische Parlamentariergruppe im Jahr 2011 im Rahmen ihrer Möglichkeiten gehandelt. Ungewöhnlich war bereits, dass alle Fraktionen in einem gemeinsamen Antrag im Januar diesen Jahres 150 Jahre japanisch-deutsche Beziehungen gewürdigt und Vorschläge zu deren Intensivierung unterbreitet haben. Auch das japanische Parlament beschloss eine entsprechende Resolution. Auf Grundlage dieser Texte plante eine deutsche Delegation Ende März Japan zu besuchen, um damit die anhaltende, fruchtbare aber auch wechselhafte Freundschaft zwischen Japan und Deutschland zu würdigen. (...)
Veröffentlicht: 
JDZB-Echo Nr. 97, 12/2011

Die Schutzverantwortung im Lichte der Libyen-Intervention: Durchbruch oder Rückschlag?

Zur Genese der R2P Seit dem Völkermord in Ruanda und den Massakern in Srebrenica hat die internationale Gemeinschaft die Notwendigkeit der Responsibility to Protect (R2P), einer internationalen Schutzverantwortung zur Verhinderung massiver und systematischer Menschenrechtsverletzungen erkannt. Die kanadische Regierung setzte 2001 die International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS) ein, die 2001 ihren Bericht "The responsibility to protect" vorstellte. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Souveränität der Staaten sei zwar grundsätzlich gegeben und müsse respektiert werden, damit verbunden seien jedoch nicht nur Rechte gegenüber der Staatenwelt (Interventionsverbot), sondern auch Pflichten (Schutzverpflichtung) gegenüber der eigenen Bevölkerung. Falls Staaten - aus welchen Gründen auch immer - diese Verantwortung nicht wahrnehmen können oder wollen, steht die Staatengemeinschaft in der Pflicht. Konkret stellt die Kommission an den Menschenrechtsschutz drei Anforderungen: 1. die Verpflichtung zur Prävention (to prevent), 2. die Verpflichtung, auf schwere Menschenrechtsverletzungen zu reagieren (to react) und 3. die Verpflichtung zum Wiederaufbau (to rebuild). (...)
Veröffentlicht: 
Internationaler Infodienst Nr. 107, November 2011

Japan und Deutschland - In politischer Verantwortung

Auch wenn 2011 für Japan und die Welt immer als das Jahr der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe und dem Reaktorunglück von Fukushima in Erinnerung bleiben wird, ist es auch das Jahr, in dem Japan und Deutschland das 150jährige Bestehen ihrer Beziehungen feiern. Diese Freundschaft hat sich auch in der Stunde der Not bewährt. Der 150-igste Jahrestag der Unterzeichnung des Handels-, Schifffahrt- und Freundschaftsvertrags zwischen Preußen und Japan am 24. Januar 1861 gibt Anlass, die gemeinsame Entwicklung Revue passieren zu lassen, Bilanz zu ziehen und den Blick auf die Zukunft zu richten. Der Deutsche Bundestag nahm das Jubiläum gerne zum Anlass, einen klaren, von allen Fraktionen getragenen Beschluss über die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan zu verabschieden. Im September dieses Jahres hatte ich zudem die Ehre als Vorsitzender der Deutsch-Japanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages einer Delegationsreise nach Japan vorzustehen. Diese Reise war ursprünglich für den März dieses Jahres geplant, konnte aber damals aus verständlichen Gründen nicht durchgeführt werden. Meine Kolleginnen und Kollegen und ich sehen unsere Reise auch als Symbol für unsere nicht nachlassende Anteilnahme am Schicksal der Menschen, die von der dreifachen Katastrophe betroffen sind, die das Land zu bewältigen hat. Neben einem Aufenthalt in Tokyo besuchten wir deshalb auch die Präfektur Miyagi in der von der Katastrophe besonders geschädigten Region. (...)
Veröffentlicht: 
In: Alfred Wieczorek, Susanne Wichert, Ruprecht Vondran, Heinrich Seemann (Hrsg.), Ferne Gefährten. 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen, Regensburg 2011. S. 315-317

Renaissance oder Ende der nuklearen Weltordnung?

In Stanley Kubricks Film von 1964 lernten wir, die Bombe zu lieben. Heute, 56 Jahre nach der ersten nuklearen Detonation, haben wir uns mit dem Wissen um ihre absolute Zerstörungskraft arrangiert. In einer multipolaren Welt scheint die atomare Währung jedoch an Wert zu verlieren. Ist die Vision einer nuklearwaffenfreien Zukunft also nur ein Traum oder können wir lernen, auf die Bombe zu verzichten? Rolf Mützenich, MdB und außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundes-tagsfraktion, hat sich dieser Frage angenommen. Hunderttausende Menschen starben, als US-Piloten am 6. August 1945 die erste Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima abwarfen. Diese euphemistisch "Little Boy" genannte totale Waffe beendete nicht nur den Zweiten Weltkrieg im Pazifik, sondern symbolisierte zugleich einen Dammbruch, der von der Möglichkeit der Menschheit zeugte, sich selbst zu vernichten. Die Zündung der sowjetischen Bombe am 29. August 1949 nahe der kasachischen Stadt Semipalatinsk schuf dann mit dem "Gleichgewicht des Schreckens" - eine Ära, der die Bombe den Namen gab. Das Atomzeitalter lebte von der gegenseitigen glaubhaften Vernichtungsdrohung und bescherte zumindest Europa eine lange Zeit eines waffenstarrenden Friedens. Für George Orwell war es eine "scheußlich stabile Welt", in der sich Washington und Moskau weitgehend mit Stellvertreterkriegen begnügten und auch bei der Auswahl ihrer Verbündeten alles andere als wählerisch waren.(...)
Veröffentlicht: 
WeltTrends Spezial 5 (2011), Sonderheft November 2011

Seiten