Die OSZE als euroatlantische und eurasische Sicherheitsgemeinschaft: theoretische Grundlagen, Voraussetzungen und Aussichten
Die Erwartungen an die OSZE, die damals noch KSZE hieß, waren nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes hoch. Sie galt vielen als Nukleus eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems, in dem die Bündnisse des Kalten Krieges aufgehen sollten. Es ist bekanntermaßen anders gekommen. Die meisten - wenn nicht alle - mittel- und osteuropäischen Staaten sahen die Zukunft ihrer Sicherheit in NATO und EU. Dennoch ist die OSZE immer wieder als Modell für eine europäische Sicherheitsgemeinschaft ins Gespräch gebracht worden. Zuletzt wurde auf dem OSZE-Gipfeltreffen in Astana 2010 die Vision einer euroatlantischen und eurasischen "Sicherheitsgemeinschaft" formuliert. Von dieser Vision ist die OSZE allerdings weiter entfernt denn je. Von Michail Gorbatschows "Gemeinsamem Haus Europa" steht bis heute allenfalls der (erweiterte) Westflügel. Es ist dabei nur ein schwacher Trost, dass die Krise des Multilateralismus mittlerweile auch NATO und EU ereilt hat. Die Schwächung internationaler Institutionen resultiert nicht nur aus einer Renationalisierung und Renaissance unilateraler Souveränitätspolitik, sondern ist auch eine Binnenkrise, verursacht durch langwierige und intransparente Entscheidungsprozesse verbunden mit Blockaden und Hindernissen. (...)
Veröffentlicht:
IFSH (Hg.), OSZE Jahrbuch 2012, Baden-Baden 2013, S. 47-59