Publikationen

Deutschland und die nukleare Teilhabe

In einem Interview habe ich mich dafür ausgesprochen, die technische nukleare Teilhabe nicht weiter zu verlängern und die in Büchel lagernden taktischen US-Nuklearwaffen nicht durch neue atomare Sprengköpfe zu ersetzen. Es gab erwartungsgemäß Kritik, aber auch viel Zuspruch. Mir geht es um eine offene und ehrliche Debatte über die Sinnhaftigkeit der nuklearen Teilhabe – zumal die Entscheidung über ein neues Trägersystem ansteht und angesichts der Gedankenspiele der USA, in einem Krieg frühzeitig Atomwaffen mit geringer Sprengkraft einzusetzen. Dies sollte in einer Demokratie eine pure Selbstverständlichkeit sein – gerade auch im Interesse unserer Verbündeten und Partner in der NATO. Die SPD bekennt sich weiterhin zur Verankerung im transatlantischen Bündnis und sie ist auch weiterhin für die politische Teilhabe im Rahmen der Nuklearen Planungsgruppe – zusammen mit 25 weiteren nicht-nuklearen NATO-Ländern, die teilweise die Stationierung von Atomwaffen in Friedenszeiten auf ihrem Territorium ausgeschlossen haben. Uns ist bewusst, dass die Bundeswehr ein Nachfolgekampfflugzeug für die altersschwachen Tornados braucht. Wir fordern nicht die sofortige Denuklearisierung der NATO. Wir fordern vielmehr vor allem neue Initiativen und Gespräche zur Abrüstung und Rüstungskontrolle, wie sie von Außenminister Heiko Maas mit großem Engagement im Rahmen der Vereinten Nationen und mit der „Stockholm-Initiative“ bereits auf den Weg gebracht wurden. (...)
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IPG-Journal.de, 07.05.2020

Neuer Schwung statt Selbstblockade

Wenn Deutschland am 1. Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, sind die Erwartungen hoch. Nach dem Austritt Großbritanniens kommt Deutschland als größtem und wirtschaftlich stärkstem EU-Mitglied eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt und die Fortentwicklung der Europäischen Union zu. Wir wollen die EU-Ratspräsidentschaft in enger Zusammenarbeit mit der neuen EU-Kommission und dem Europäischen Parlament dazu nutzen, um endlich die schon oft angekündigte Finanztransaktionssteuer und eine gerechte internationale Mindestbesteuerung einzuführen, die sicherstellt, dass auch große Konzerne ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Wir streben einen europäischen Mindestlohn und eine Arbeitslosenrückversicherung an, um wirtschaftliche Krisen solidarisch abzusichern. Damit die Steuerzahler nie wieder für Bankverluste haftbar gemacht werden können und die Banken besser kontrolliert werden, hat Olaf Scholz einen Vorstoß unternommen, um die europäische Bankenunion zu vollenden. (...)
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Vorwärts-Spezial, 1/2020, S. 7

Wir können Mehrheit

Es war der 15. November 1959, Stadthalle Bad Godesberg: Drei Tage lang hatte der SPD-Parteitag leidenschaftlich über ein neues Grundsatzprogramm diskutiert. Sollten sich die Sozialdemokraten wirklich, wie die Parteireformer forderten, vom Marxismus abwenden, auf die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien verzichten, eine freie Partnerschaft mit den Kirchen anstreben? Zwei alternative Entwürfe und knapp 200 Änderungsanträge lagen auf dem Tisch. Trotz dieser Zerreißprobe stimmten am Ende nur 16 Delegierte gegen das neue Programm. In dem bekannte sich die SPD zur Marktwirtschaft und zur Landesverteidigung, sie betonte ihre Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität und verabschiedete sich von marxistischen Theoriegebäuden, von "letzten Wahrheiten" und sozialistischen Endzielen. Den Kapitalismus akzeptierte sie, um ihn sozial gestalten zu können. "Die Sozialdemokratische Partei ist aus einer Partei der Arbeiterklasse zu einer Partei des Volkes geworden", heißt es im Godesberger Programm. (...)
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Der Tagesspiegel, 14.11.2019

Rettet den Multilateralismus!

„Die Globalisierung von Gefahren und Herausforderungen – Krieg, Chaos, Selbstzerstörung – erfordert eine Art 'Weltinnenpolitik'.“ Aus der Einleitung zum Nord-Süd-Bericht, 1980 Weltinnenpolitik Der deutsche Philosoph und Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker fasste bereits 1963 die Antwort auf die den Erdball umspannenden Vernetzungen unter dem Begriff der „Weltinnenpolitik“ zusammen. Heute gehört sie als „ Global Governance “ zum Standardvokabular der internationalen Diplomatie. Tatsache ist: Aufgrund der wirtschaftlichen, technologischen und auch politischen Interdependenzen kann kein Staat heute mehr alleine auf die globalen Herausforderungen reagieren. Wir sind auf regionale und globale Zusammenarbeit schlicht angewiesen. Für viele Bereiche ist die Zeit der nationalen Außenpolitik fast Vergangenheit. Das „ Global Village “ verlangt neue Methoden der Politik. Ob wir es wahr haben wollen oder nicht: In den letzten Jahren hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Die Weltinnenpolitik ist insoweit eine Realität, als wir heute mehr denn je Außenpolitik nicht auf rein nationaler Basis betreiben können, sondern von den Gegebenheiten einer interdependenten Welt ausgehen müssen. (...)
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In: Peter Brandt/Reiner Braun/Michael Müller (Hrsg.), Frieden! Jetzt! Überall!, Frankfurt a.M. 2019, S. 96-102.

USA-Iran-Konflikt: SPD fordert Diplomatie statt Säbelrasseln

Mit jeder neuen Provokation zwischen den USA und dem Iran wächst die Kriegsgefahr. Die jüngste Eskalation ist ein Paradebeispiel für die Fähigkeit von Präsident Trump, Probleme zu schaffen, die er dann zu lösen vorgibt. Die EU muss sich dieser konfrontativen und risikoreichen US-Politik entgegenstellen. Fassungslos und weitgehend ohnmächtig beobachtet ein Teil der internationalen Staatenwelt, wie sich im Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Iran die Fronten immer weiter verhärten. Dazu trägt auch die erratische Politik des amerikanischen Präsidenten bei, der abwechselnd seinen Willen zu direkten Verhandlungen mit der iranischen Führung bekundet, um dem Land kurz danach in einem Tweet, den der iranische Außenminister Sarif als „genozidale Stichelei“ bezeichnete, mit der totalen Vernichtung zu drohen. Und mit jeder weiteren Provokation zwischen Iran und USA wächst die Gefahr, dass es am Ende zu einem (unbeabsichtigten) Waffengang kommt, mit weitreichenden Folgen über die gesamte Krisenregion hinaus. (...)
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Vorwaerts.de, 29.05.2019

Zurück zur Vernunft!

Fassungslos und weitgehend ohnmächtig beobachtet ein Teil der internationalen Staatenwelt, wie sich im Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Iran die Fronten immer weiter verhärten. Donald Trump hat die ohnehin bereits massive Militärpräsenz der USA am Persischen Golf durch die Entsendung eines Flugzeugträgerverbandes und einer Bomberstaffel weiter verstärkt. Mittlerweile stellt sich die Frage, inwieweit Präsident Trump und der Oberste Führer Ali Khamenei noch Herren der Lage sind. Dazu trägt auch die erratische Politik des amerikanischen Präsidenten bei, der seinen Willen zu direkten Verhandlungen mit der iranischen Führung bekundete, um dem Land kurz danach in einem Tweet, den der iranische Außenminister Sarif als „genozidale Stichelei“ bezeichnete, mit der totalen Vernichtung zu drohen. Zuletzt hat der Abschuss einer Katjuscha -Rakete auf die Grüne Zone in Bagdad noch einmal deutlich gemacht, wie explosiv die Lage ist. Und mit jeder weiteren Provokation zwischen Iran und USA wächst die Gefahr, dass es am Ende zu einem (unbeabsichtigten) Waffengang kommt, mit weitreichenden Folgen über die gesamte Krisenregion hinaus.(...)
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IPG-Journal.de, 24.05.2019

China: Partner und systemischer Rivale

Fremde Federn: Rolf Mützenich und Carsten Schneider Der EU-China-Gipfel könnte eine Zäsur für die Fortentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und China markieren. Das Treffen fällt in eine Zeit, in der die Debatte über die Unterzeichnung eines "Memorandums of Understanding" zur Beteiligung Italiens an der Seidenstraßeninitiative deutlich gemacht hat: Für Europa geht es in den kommenden Jahrzehnten um die Einheit und Selbstbehauptung in einer sich rasant verändernden Welt! Mehr noch: Das zwei Tage nach dem EU-China-Gipfel stattfindende Treffen der chinesischen Regierung mit 16 Staaten Mittel- und Osteuropas macht deutlich, dass die Gefahr einer auch von außen betriebenen Spaltung der EU real ist. Es fällt auf, dass China mit der Präsidentschaft von Xi Jinping zunehmend offensiv mit dem Anspruch auftritt, Modell für andere Staaten zu sein. Es ist für China leichter, mit einzelnen oder wenigen EU-Ländern zu verhandeln als mit der EU und ihren Institutionen als Ganzes. Vor diesem Hintergrund ist es an der Zeit, dass wir die strategische Ausrichtung unseres Verhältnisses zu China neu vermessen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.04.2019

Verkörperung des besseren Amerika

Wenn Barack Obama an diesem Donnerstag beim World Leadership Summit in der Kölner Lanxess-Arena auftritt, spricht einiges dafür, dass er wie ein Popstar gefeiert werden wird. Der erste schwarze US-Präsident verkörpert die deutsche Sehnsucht nach dem „anderen“ und „besseren“ Amerika. Obama war vom ersten Tag an eine Ikone. Er hatte (und hat) Charisma, Charme und Stil. Die Unterschiede zwischen ihm und seinem Nachfolger könnten nicht größer sein. Obama stand für Multilateralismus, Allianzen, Freihandel, Klimaschutz, Abrüstung und Versöhnung; Donald Trump steht für „America First“, Protektionismus, die Leugnung des Klimawandels, Aufrüstung, Hassreden und Spaltung. Trump ist geradezu der „Anti-Obama“ – im Vergleich zu ihm wirkt selbst George W. Bush wie eine Lichtgestalt. Als Obama am 20. Januar 2009 seinen Amtseid ablegte, war dies mit vielen Hoffnungen verbunden. Nach Bush junior, der sein Land 2003 in den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg geführt hatte, war die US-amerikanische Gesellschaft tief gespalten. Obamas Wahl führte zu einem kollektiven Aufatmen und verdeutlichte auch die Stärke und die Selbstheilungskräfte des politischen Systems der Vereinigten Staaten. Ein Befund, der auch Hoffnung für die Präsidentschaftswahlen 2020 macht. (...)
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Kölner Stadt-Anzeiger, 04.04.2019

Rettet die Rüstungskontrolle

Die Kündigung des iranischen Atomabkommens und des INF-Vertrags durch US-Präsident Donald Trump waren schwere Schläge für die internationale Rüstungskontrolle. Europa und die vertragsbasierte Rüstungskontrolle drohen in der sich herausbildenden neuen Weltordnung unter die Räder zu geraten. Wir...
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FR, 04.04,2019

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