USA-Iran-Konflikt: SPD fordert Diplomatie statt Säbelrasseln

Mit jeder neuen Provokation zwischen den USA und dem Iran wächst die Kriegsgefahr. Die jüngste Eskalation ist ein Paradebeispiel für die Fähigkeit von Präsident Trump, Probleme zu schaffen, die er dann zu lösen vorgibt. Die EU muss sich dieser konfrontativen und risikoreichen US-Politik entgegenstellen.

Fassungslos und weitgehend ohnmächtig beobachtet ein Teil der internationalen Staatenwelt, wie sich im Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Iran die Fronten immer weiter verhärten. Dazu trägt auch die erratische Politik des amerikanischen Präsidenten bei, der abwechselnd seinen Willen zu direkten Verhandlungen mit der iranischen Führung bekundet, um dem Land kurz danach in einem Tweet, den der iranische Außenminister Sarif als „genozidale Stichelei“ bezeichnete, mit der totalen Vernichtung zu drohen. Und mit jeder weiteren Provokation zwischen Iran und USA wächst die Gefahr, dass es am Ende zu einem (unbeabsichtigten) Waffengang kommt, mit weitreichenden Folgen über die gesamte Krisenregion hinaus.

US-Sicherheitsberater John Bolton eskaliert

Gegen einen Krieg spricht allerdings die tiefgehende Skepsis des amerikanischen Präsidenten gegen Militäreinsätze, die er im Übrigen mit seinem ansonsten verhassten Vorgänger Barack Obama teilt. Eines seiner zentralen Wahlversprechen lautete, die US-Truppen nach Hause zu holen und die kostspieligen Verstrickungen in endlose Kriege zu beenden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein militärischer Konflikt grundsätzlich ausgeschlossen wäre, zumal Trumps Nationaler Sicherheitsberater, John Bolton, die Konfrontation mit Teheran kräftig anheizt.

Angesichts der angespannten Lage ist eine ungewollte militärische Eskalation des Dauer-Konflikts mit dem Iran jederzeit möglich. Der amerikanische Präsident ist offenbar der festen Überzeugung, dass nur er persönlich durch direkte Verhandlungen mit der iranischen Führung ein umfassenderes und besseres Abkommen erzielen kann, als den von ihm gekündigten Iran-Deal, den die EU-3 und sein Vorgänger in langwierigen Gesprächen mühsam ausgehandelt haben. Was ihn zu dieser Überzeugung bringt, bleibt allerdings sein Geheimnis. Denn Trumps hohe Meinung von seiner Verhandlungskunst kollidierte bereits im Falle seiner Nordkorea-Diplomatie schmerzhaft mit der Realität.

EU will Atomabkommen retten

Die jüngste Eskalation im Konflikt mit dem Iran ist zudem ein weiteres Paradebeispiel für Trumps Fähigkeit Probleme zu schaffen, die er dann zu lösen vorgibt. So verkündet der amerikanische Präsident völlig ironiefrei, dass er nicht zulassen werde, dass Teheran Atomwaffen bekomme, obwohl er es war, der am 8. Mai 2018 das Atomabkommen handstreichartig kündigte. Dabei trug dieses Abkommen maßgeblich dazu bei, die Gefahr zu bannen oder zumindest zu verzögern, die Trump nun eindämmen will, nämlich den Bau einer iranischen Atombombe. Die EU muss deshalb alles versuchen, um das Abkommen zu retten. Es ist nach wie vor die beste und einzige Möglichkeit zu verhindern, dass Iran zur Atommacht wird. Es legt strenge Regeln fest, deren Einhaltung durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) überwacht wird.  

Auch wenn die übrigen Vertragspartner Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China beteuern, an dem Abkommen festhalten zu wollen, können sie nicht verhindern, dass sich die meisten ihrer Unternehmen aus Sorge vor US-Sanktionen aus dem Iran-Geschäft zurückziehen. Denn die Möglichkeiten der EU sind begrenzt. Sie hat zwar einen Zahlungsmechanismus (INSTEX) installiert, der amerikanische Sanktionen umgehen soll, aber sie kann europäische Unternehmen nicht dazu zwingen, Geschäfte mit Iran zu machen, wenn der Preis dafür der Ausschluss dieser Firmen vom amerikanischen Markt ist.

US-Politik erratisch und verbissen

Die Iranpolitik der Trump-Regierung ist zwar erratisch und unabgestimmt, steht aber durchaus in einer langen Tradition US-amerikanischer Politik gegenüber dem verhassten Mullah-Regime, die sich mit den Zielen Eindämmung und regime change zusammenfassen lässt. Bereits in den 1980er Jahren hat man den Irak Saddam Husseins gegen Teheran in Stellung gebracht und aufgerüstet, man hat gegen das Land immer wieder Sanktionen verhängt und in seiner Nachbarschaft Krieg geführt – vom Irak über Afghanistan bis nach Syrien. Mit dem Ergebnis das Teheran trotzdem (oder gerade deshalb) heute die einflussreichste Regionalmacht im Nahen Osten ist. Vier Jahrzehnte verbissen sich US-amerikanische Regierungen geradezu zwanghaft in eine gescheiterte Nahostpolitik und erreichten damit das genaue Gegenteil dessen, was man beabsichtigte.

Die EU muss sich dieser konfrontativen und risikoreichen US-Politik entgegenstellen, die zentrale Sicherheitsinteressen Deutschlands und Europas im Nahen Osten gefährdet, ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen wäre und zu einer weiteren Destabilisierung der Region führen kann. Dies bedeutet auch Washington deutlich zu machen, dass Militärschläge gegen Iran keine europäische Unterstützung erhielten. Zumindest hat Trump mit seiner Politik erreicht, dass die EU in dieser wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Frage einig war und ihre Position gegenüber der US-Administration sehr deutlich gemacht hat.

Irans Drohungen nicht akzeptieren

Gleichzeitig müssen die Europäer dem Iran verdeutlichen, dass militärische Provokationen nicht zu akzeptieren sind. Man sollte gegenüber Teheran dieselbe Strategie anwenden, die 2015 zum Atomabkommen führte, eine wohldosierte Mischung aus Diplomatie, Druck und Sanktionen. Es geht nun unmittelbar darum, das Abkommen zu retten und einen Krieg in der Region zu verhindern. Mittelfristig sollten wir darauf hinarbeiten, dass eine neue US-Regierung nach den Präsidentschaftswahlen im November nächsten Jahres in das Atomabkommen zurückkehren kann. Bis dahin müssen wir im Kongress und der amerikanischen Öffentlichkeit für den Erfolg des Atomabkommens weiter werben.

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Thema: 
Mittlerer Osten
Veröffentlicht: 
Vorwaerts.de, 29.05.2019