Neue Wege in der Russland-Politik
Wer heutzutage für neue Initiativen in der Russlandpolitik wirbt, bekommt nicht selten umgehend das Etikett des „naiven Russland-Verstehers“ verpasst. Deshalb vorweg: Ja, der russische Staat hat das Völkerrecht gebrochen, führt in der Ostukraine und in Syrien Krieg, versucht die EU und die westlichen Demokratien zu destabilisieren und ist womöglich sogar Schuld an der Wahl Donald Trumps. Es wird nicht besser dadurch, dass auch andere Staaten Völkerrecht gebrochen haben und mehr und mehr auf das Recht des Stärkeren setzen. Entscheidend sind jedoch die Fragen: Was folgt daraus? Und wie geht man mit dieser hochexplosiven und schwierigen Ausgangslage um? Gießt man weiter Öl ins Feuer oder versucht man, die Spirale der gegenseitigen Beschuldigungen, Vorhaltungen und Denkverbote zu überwinden? Ich bin überzeugt: Wir brauchen eine Politik, die mit neuen Initiativen und Formaten dazu beiträgt, Blockaden aufzubrechen und aus Sackgassen herauszukommen. Eine Politik, die von der Akzeptanz und einer schonungslosen Analyse des Status quo ausgeht und versucht, diesen mit einer pragmatischen Politik der kleinen Schritte zu überwinden. Die von Egon Bahr konzipierte und von Willy Brandt umgesetzte Ost- und Entspannungspolitik der 1960er und 1970er Jahre war genau dies. (...)
Veröffentlicht:
Kölner Stadt-Anzeiger, 05.05.2018