Plenarrede anlässlich der Aktuellen Stunde „Leopard-Blockade der Bundesregierung“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Zwei Dinge lassen sich heute festhalten: Es war ein anstrengender, aber notwendiger Abstimmungsprozess, der heute zu einem tragbaren Ergebnis gekommen ist. Auf der anderen Seite zeigt sich heute, wie wenig hilfreich, ja verantwortungslos Kommentare in den letzten Wochen waren. Sie haben nicht geholfen, sondern sie haben insbesondere den Abstimmungsprozess, den der Bundeskanzler, den die Bundesregierung von Anfang an gewollt hat, erschwert. Ich bin mir sicher: Nachträglich werden wir das noch feststellen müssen und möglicherweise auch bereuen – hoffentlich der eine oder andere Dauerredner, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Peinlich!)
Deswegen sage ich: Gemeinsames Handeln ist verantwortungsvoll und voraussetzungsvoll, weil es nämlich zwei Dinge erreicht nach einem Jahr des Krieges in der Ukraine: nämlich das Selbstverteidigungsrecht zu achten, das die Ukraine aus der Charta der Vereinten Nationen, von all denen, die internationales Recht achten, herleitet, und, Herr Kollege Merz, auf der anderen Seite die Sicherheit Deutschlands festzumachen. Auch das ist der notwendige Abstimmungsprozess mit den Partnern. Voraussetzungsvoll sind diese beiden Dinge eben nicht in Talkshows zu erreichen, sondern nur in harter Arbeit, in harter Diplomatie.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage all denen, die immer wieder so laut rufen: Sie verfügen nicht über das notwendige Hintergrundwissen, das erforderlich ist. Und zum Zweiten: Sie sind nicht in der Lage, Verantwortung zu tragen, und Sie tragen auch Gott sei Dank keine, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Ja, Herr Kollege Merz, natürlich gab es Zwischenrufe, die auch zwischen den Koalitionspartnern gewesen waren; aber Sie sagen, Sie hätten sich an dieser Debatte nicht beteiligt.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Hat er doch gar nicht gesagt!)
– Ich meine nicht Sie persönlich, sondern Ihre Fraktion. –
Ich sage: Entschuldigung, aber ich muss Ihnen zwei Sätze vorlesen.
Ihr Kollege Michael Brand schreibt heute Morgen in der „Fuldaer Zeitung“
„Die Feigheit von Scholz vor Ideologen und Zynikern wie Mützenich in der SPD hat bereits viele Tausende Menschen das Leben gekostet. Und droht den Krieg nach Deutschland zu bringen.“
Wie widerlich, meine Damen und Herren, sind diese Sätze von einer angeblich verantwortungsvollen Opposition?
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herr Kollege Merz, ich kann Ihnen nur raten, wenn Sie überhaupt Rat wünschen: Orientieren Sie sich an dem, was für unser Land auch wichtig gewesen ist, nämlich die deutsche Einheit wiederherzustellen. Nach dem Gang auf schwierigen Wegen, aber auch nach Einladung von Helmut Kohl ist Willy Brandt mit ihm zusammen nach Berlin gekommen, als die Mauer fiel. Das, finde ich, zeigt konstruktive Opposition und Offenheit zwischen demokratischen Parteien. So wünsche ich es mir in der Zukunft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen sage ich Ihnen auch: Sie werden auch keinen Keil zwischen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treiben. Lars Klingbeil wird gleich das Wort ergreifen. Wir haben gestern ein wichtiges Papier zur Diskussion über die Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Angriffskrieg Putins vorgelegt. Ich sage Ihnen: Das sind wichtige Bausteine für eine zukünftige Außen- und Sicherheitspolitik, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in diesem Jahrzehnt weiter prägen wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, zum Schluss: Die Welt ist komplizierter, als uns manche in Twittermeldungen oder in kurzen Kommentaren vormachen wollen. Ich hatte damals bei der Antwort auf den Bundeskanzler Gelegenheit, dem Deutschen Bundestag auf einer Karte zu zeigen, welche Länder es sind und wie groß diese Länder sind, die sich unserer Schlussfolgerung aus dem Angriffskrieg nicht anschließen. Die wird man nicht zur Seite schieben können, sondern mit denen muss man offen diplomatisch versuchen, zu einem Konsens zu gelangen. Genau das hat der Bundeskanzler getan.
Das hat uns die Chance eröffnet, nachdem China das nukleare Tabu bekräftigt hat, nachdem auf dem G-20-Gipfel das nukleare Tabu bekräftigt worden ist, dass wir heute diese Handlungsfreiheit haben, nachdem der Bundeskanzler seine Entscheidung – eine Entscheidung, der, glaube ich, auch die USA und Frankreich in den nächsten Stunden folgen werden – getroffen hat. Deswegen sage ich: Kluge Außenpolitik ist mehr als die Lieferung von Waffen. Das ist auch das Versprechen der sozialdemokratischen Fraktion und der Sozialdemokratischen Partei.
Vielen Dank.