Nichtstaatliche militärische Sicherheitsfirmen registrieren und kontrollieren
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich glaube, es besteht im Deutschen Bundestag - ich hoffe, auch bei der Bundesregierung - Einvernehmen, dass wir es hier mit einem Thema zu tun haben, bei dem es weiteren Handlungsbedarf gibt. Wir müssen offen darüber diskutieren. Das darf nicht in einer Nische des Ungefähren bleiben. Ich glaube insbesondere, dass weitergehende Informationen dringend notwendig sind.
Wir haben mittlerweile - das hat der Kollege Kiesewetter hier beschrieben - einen Trend in der Sicherheitspolitik, der zunehmend neue Facetten beinhaltet. Insbesondere treten offensichtlich neue, private Akteure auf, die einer großen Nachfrage von Staaten - offensichtlich aber auch von privaten Gewaltakteuren - nachkommen. Ich glaube, wenn wir eine verantwortliche Außen- und Sicherheitspolitik machen wollen, sollten wir uns im Deutschen Bundestag schon Gedanken darüber machen, wie wir bei diesem Thema entsprechende Regelungen einführen können.
Ich will einen zweiten Punkt benennen - auch er sollte der Bundesregierung Sorge machen -: Diese Akteure höhlen das staatliche Gewaltmonopol aus. Es handelt sich dabei aus meiner Sicht - neben anderen Bereichen - um einen Eckpfeiler der europäischen Friedensordnung, der im Grunde genommen dieses Europa so einzigartig gemacht hat. Schlimme Erfahrungen haben zu der Erkenntnis geführt, das staatliche Gewaltmonopol ? dies ist auch gelungen ? im Innern, aber auch nach außen hin zu sichern. Das wird möglicherweise durch diesen internationalen Trend mehr und mehr ausgehöhlt. Deswegen ist es, glaube ich, die Aufgabe von Politik, sich insbesondere mit diesen Herausforderungen zu beschäftigen und nicht nebenher zu erwähnen, dass es keine Rolle spiele.
Genau das ist, glaube ich, die Frage, welche heute insbesondere die Bundesregierung umtreiben muss. Die Antwort auf die Große Anfrage der Grünen hat doch gezeigt, dass zwar einerseits an der einen oder anderen Stelle gesagt wird, dass es Handlungsbedarf gibt, wir andererseits im Grunde genommen aber keine Vorschläge dazu haben. Wir beteiligen uns nicht an einer Debatte, die unbedingt notwendig ist. Ich bin der festen Überzeugung: Dieser Bereich ist zu wenig kontrolliert. Wir wissen zu wenig darüber. Weil er global organisiert ist, müssen wir versuchen, nicht nur national zu handeln, sondern global letztlich unsere Vorschläge in die Debatte einzuführen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen haben wir, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, schon vor zehn Monaten einen Antrag vorgelegt - nachdem es bereits in der letzten Legislaturperiode einen Antrag dazu gegeben hatte -, in dem wir uns mit diesem Phänomen auseinandergesetzt und auch Vorschläge unterbreitet haben. Ich hatte schon ein wenig die Hoffnung - nachdem wir in den vergangenen Monaten mit Herrn Kiesewetter, aber auch mit anderen Kolleginnen und Kollegen gesprochen hatten; Herr Mißfelder hat in der letzten Woche, als wir über Atalanta sprachen, gerade auf die Bedeutung des staatlichen Gewaltmonopols hingewiesen -, dass wir zu einer gemeinsamen Lösung im deutschen Parlament kommen würden. Das ist nicht gelungen. Ich bedauere das. Auch bin ich letztlich sehr enttäuscht darüber.
Herr Kiesewetter, wenn ich Ihre Rede richtig verstanden habe, war sie weniger ein Appell an die Fraktionen auf der linken Seite, sondern offensichtlich mehr an Ihren Koalitionspartner, zumindest eine gewisse Bewegung zu unternehmen. Wir unterstützen Sie darin.
Ich will auf den Antrag hinweisen, der zwischen nationalem und internationalem Handlungsbereich unterscheidet. Wir sprechen von einer "Registrierungspflicht für private Sicherheitsfirmen und Militärdienstleister". Ich glaube, das ist dringend notwendig, weil wir zu wenig darüber wissen, was sich in Deutschland und darüber hinaus tut. Wir haben über ein "Lizenzierungssystem für militärische Dienstleistungen" gesprochen, denn das ist ein wichtiger Punkt, der in der Debatte, die der Staatssekretär Otto im Hinblick auf die maritime Begleitung angestrebt hat, offensichtlich eine Rolle spielt. Wir wollen hier im Deutschen Bundestag jährliche Berichte diskutieren. Wir wollen auch eine Offenlegung von entsprechenden Verträgen der Bundesregierung mit privaten Sicherheitsfirmen, die über eine bestimmte Summe hinausgehen, damit der Deutsche Bundestag darüber Bescheid weiß. Wir haben Sie zu all dem in unserem Antrag aufgefordert.
Frau Keul, wenn es von Ihnen oder auch von anderen Kritik gegeben hätte, dann wären wir immer dazu bereit gewesen, diesen Antrag zu verändern; stattdessen führen Sie sozusagen auf den letzten Metern neue Anträge in die Debatte ein. Wir haben ebenso für den internationalen Bereich Forderungen aufgestellt. Wir haben gesagt, dass die Ratifizierung der internationalen Konvention dringend notwendig ist, weil es um ein internationales Handlungsfeld geht, auf dem es internationaler Anstrengungen bedarf. Wir wollen aber gleichzeitig eine Konkretisierung der Konvention und langfristig eine eigenständige völkerrechtliche Regelung.
Die Umsetzung all dieser Forderungen wäre dringend notwendig. Sie haben die Punkte in der Antwort auf die Große Anfrage angesprochen. Der Kollege Hoyer möge es mir ? bei aller Sympathie und allen guten Wünschen für die weitere Arbeit - verzeihen, dass ich ihn damit konfrontiere: Ich bin schon ein wenig enttäuscht, dass die Bundesregierung auf die Frage, inwiefern sie sich international daran beteiligt, diesen Verhaltenskodex nicht nur zu ratifizieren, sondern ihn auch auszuarbeiten, geantwortet hat - hier zitiere ich aus der Antwort auf die Große Anfrage -:
Die Bundesregierung hat sich nicht aktiv bei der Ausarbeitung des Verhaltenskodex engagiert, diesen Prozess aber - beobachtet.
Herr Kollege Hoyer, ich finde, das ist zu wenig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bei diesem Phänomen, das nicht nur für Sie von der Bundesregierung, sondern auch für das Parlament im Hinblick auf die internationale Situation eine Herausforderung darstellt, hilft es nicht weiter, nur zu beobachten. Wir müssen hier gestalten. Die Bundesregierung hätte das tun können. Sie sind jetzt Mitglied im Sicherheitsrat. Sie hätten die Initiative an sich ziehen können. Sie hätten in Genf bei der Lösung dieser Fragen eine wichtige Rolle spielen können. Leider kam nichts. Das hat auch der Bundesaußenminister offenbart, als wir ihn gestern im Auswärtigen Ausschuss gefragt haben: Was passiert denn eigentlich in diesem Bereich? Er wusste keine Antwort.
Ich finde das schwierig; ich finde das schlecht für die deutsche Außenpolitik. Ich hoffe, dass in nächster Zukunft etwas getan wird, nicht nur im Rahmen des Sicherheitsrats, sondern auch im Rahmen der Europäischen Union; auch hier ist ein Handlungsfeld gegeben. Die Regelungen sind dringend notwendig, weil die Herausforderungen für Deutschland, aber auch für die internationale Gemeinschaft sehr groß sind. Deswegen werden auch wir, Frau Kollegin Keul, uns nicht entmutigen lassen; wir werden weiterarbeiten.
Herr Kiesewetter, ich warte schon mit Spannung darauf, wie Sie in dieser Legislaturperiode mit Ihrem Koalitionspartner - wenn Sie wollen, auch mit uns; wir wären dabei - eine gemeinsame Regelung vorlegen wollen.
Vielen Dank.