Kurzintervention zu TOP 10, Änderung des Grundgesetzes (Parteienfinanzierung)

Vizepräsidentin Petra Pau: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wiederhole meine Bitte: Nehmen Sie bitte Platz. Wir sind noch nicht ganz am Ende der Debatte. Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Rolf Mützenich das Wort.

Dr. Rolf Mützenich (SPD): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Am Ende der Aussprache muss ich persönlich, aber auch für meine Fraktion auf die grundsätzlichen Bemerkungen der Kollegin Künast eingehen.

Sie hat in ihrer Rede einen Zusammenhang zu dem zur namentlichen Abstimmung anstehenden Gesetzentwurf konstruiert, den ich im Namen meiner Fraktion eindeutig zurückweisen will.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben behauptet, dass sich diejenigen, die diesen Gesetzentwurf heute unterstützen, der notwendigen Auseinandersetzung mit dem Faschismus, mit der NPD und mit anderen Extremisten entziehen. Sie haben hier behauptet, dass diejenigen, die in Leipzig oder Dresden demonstrieren, mehr für den Kampf dagegen tun als wir heute als Parlamentarier.

Ich weise das zurück, insbesondere weil ich in meinen Reihen, in den Reihen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, viele Kolleginnen und Kollegen weiß, die von Mitgliedern der NPD angegriffen worden sind. Wir gehen auf dem Weg zu unserem Fraktionssaal an den Namen derjenigen vorbei, die sich gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten gestemmt haben. In dieser Tradition stehen wir.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen sehr eindeutig, liebe Kollegin: Wir lassen uns nicht absprechen, dass wir auch unabhängig von diesem Gesetzentwurf weiterhin gegen die NPD arbeiten werden. Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Renate Künast.

(Zurufe von der SPD: Entschuldigen!)

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Mützenich! Liebe Sozialdemokraten!

Ich habe vorhin gesagt, hier in diesem Saal sind Entscheidungen getroffen worden, und in Erinnerung daran sollten wir auch jetzt agieren. Ich habe schon gar nicht der Sozialdemokratie abgesprochen, dass sie etwas erlitten hat und dass sie weiß, was Rechtsextremismus heißt.

Aber an einem ändert das nichts:

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass diese isolierte Grundgesetzänderung weniger ist, als immer wieder und jede Woche mutig auf die Straße zu gehen und sich der Debatte auszusetzen, wie es zum Beispiel in Leipzig geschieht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der SPD: Lieber wieder hinsetzen!)

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, habe ich niemandem von Ihnen abgesprochen,

(Glocke der Präsidentin)

auch bei diesen Demonstrationen dabei zu sein. Das weiß ich von diversen bzw. sogar vielen Kollegen aus diesem Haus; das habe ich gar nicht infrage gestellt.

(Burkhard Lischka [SPD]: Wir haben eine Tradition, die Sie offensichtlich nicht haben! Das ist das Problem! – Weiterer Zuruf von der SPD: Was maßen Sie sich an?)

Herr Lischka, ich mache mir am heutigen Tag Sorgen.

 (Burkhard Lischka [SPD]: Ich mache mir im Augenblick Sorgen um die Grünen!) –

Er ruft gerade, er mache sich Sorgen um die Grünen. Tun Sie das, fahren Sie dabei aber nicht mit einem Zug.

(Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der SPD: Ach, hätte sie doch lieber geschwiegen!)

Herr Lischka, wir haben an dieser Stelle einen Kampf zu führen, der mehr beinhaltet als nur die NPD-Finanzierung. Sie wissen, dass viele dieser Menschen am Ende woanders hingehen werden. Angesichts geringerer Parteibindungen, eines Verdrusses über demokratische Prinzipien mit der Folge, dass Menschen nicht wählen gehen, in Anbetracht von Hate Speech und vielem anderen müssen wir uns vor Augen halten, dass wir einen Beitrag zur Demokratie leisten müssen. Die Menschen fragen sich: Welche Spenden fießen an Parteien?

Deshalb sage ich noch einmal: Ich fände es richtiger, wenn dieses Haus eine Kommission einsetzen würde, die sich grundsätzlich mit der Demokratie beschäftigt und dann auch diese Frage klärt.

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

Ich hielte das für einen echten Gewinn, meine Damen und Herren. Was ich nicht erleben will, ist, dass diese Regelung gegen uns gewandt wird. Es hat Politiker gegeben, die aufgrund von Hate Speech Menschen als „Mob“ und „Pack“ bezeichnet haben. Am Ende standen diese Menschen mit dem Schild „Wir sind das Pack“ da und haben sich noch mehr zusammengeschlossen.

(Burkhard Lischka [SPD]: Mit einem Galgen standen die da! Bleiben wir doch bei der Wahrheit!)

 – Ja, zum Beispiel mit einem Galgen. –

Auch ich habe viel Hate Speech abbekommen. Aber auch der Hass gegen die Ungerechtigkeit – so hat es Bert Brecht gesagt – verzerrt die Züge. Wir müssen denen zeigen, dass wir zur Demokratie, zu demokratischen Inhalten und demokratischen Verfahren stehen. Diese Aufgabe ist größer als dieser eine Satz des Bundesverfassungsgerichts.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das war ja gründlich daneben! Aber total!)

 – Ja, klar! Das müssen Sie ja jetzt rufen.

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Veröffentlicht: 
Berlin, 22.06.2017
Thema: 
Kurzintervention zu TOP 10, Änderung des Grundgesetzes (Parteienfinanzierung)