"Humanitäre Hilfe und kluge Außenpolitik gehören zusammen"

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist richtig, dass der Deutsche Bundestag sich zum zweiten Mal entschieden hat, die Debatte über diesen wichtigen Bericht in die Kernzeit seiner Tätigkeit zu legen. Ich glaube, es ist notwendig, dass man viele Kritikpunkte aufnimmt, sich aber insbesondere darüber vergewissert, wie wichtig humanitäre Hilfe gerade auch als ein Zeichen deutscher Außenpolitik ist und dass sie gewährt werden muss. Es ist eben kein Gnadenbrot, sondern eine notwendige Ergänzung, notwendige Hilfe, insbesondere angesichts der Tatsache, dass das vergangene Jahr ein so dunkles gewesen ist. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass humanitäre Hilfe notwendig ist, natürlich auch, weil die Politik versagt hat.

Wir dürfen nicht aufhören - ich will auf die Zusammenhänge hinweisen, kluge Außenpolitik zu machen, humanitäre Hilfe zu leisten und auf der anderen Seite Strukturen zu schaffen, damit nicht immer nur humanitäre Hilfe geleistet werden muss, sondern auch Erfolge möglich sind. Ich finde, hier geht es um ein Zusammenspiel: Humanitäre Hilfe und kluge Außenpolitik gehören zusammen.

Ich sehe, dass sich die Bundesregierung auf der einen Seite entschieden hat, mit Unterstützung des Deutschen Bundestages im Zusammenhang mit den Herausforderungen in Syrien humanitäre Hilfe in einem wirklich großen Umfang zu gewähren, und sie auf der anderen Seite deutlich macht, dass wir gleichzeitig den Nachbarländern helfen müssen. Beides gehört, zusammen gedacht, zu einem realistischen Umgang mit humanitärer Hilfe.

Frau Kollegin Höger, ich finde, Sie werden der wirklich notwendigen und beachtenswerten humanitären Hilfe und den Herausforderungen im Hinblick auf die Nachbarländer überhaupt nicht gerecht, indem Sie hier Kleinigkeiten zu bedenken geben. Das war wirklich sehr platt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Naturkatastrophen wird man nicht verhindern können; man kann sie nicht aufhalten. Deswegen ist es richtig, dass Deutschland gegenüber Nepal humanitäre Direkthilfe im Umfang von 2,5 Millionen Euro geleistet hat. Ich will allen Helferinnen und Helfern danken. Gleichzeitig kommt aber ein zweiter Punkt hinzu - deswegen sage ich, dass man hier auch über die Zusammenhänge sprechen muss: Nepal ist ein Staat, der nicht genügend funktionsfähig ist, der sich zu wenig auf diese Katastrophe vorbereitet hat, auch weil ihm die internationale Gemeinschaft zu wenig geholfen hat. Wir müssen genau hinschauen und in den nächsten Monaten und Jahren mithelfen, damit ein funktionsfähiger Staat entsteht, der auf solche Katastrophen vorbereitet ist.

Insbesondere müssen wir die Hilfe über einen langen Zeitraum gewähren.
Diese Zusammenhänge werden auch klar, wenn wir an die Staaten denken, in denen Ebola ausgebrochen ist. Auch hier waren wir mit der Situation konfrontiert, dass die Gesundheitssysteme zu schwach waren, um unmittelbar auf diese Katastrophe zu reagieren. Deswegen müssen wir uns konkret darum kümmern, Staaten wieder funktionsfähig zu machen, damit sie besser mit solchen Problemen umgehen können. Auch das gehört zu humanitärer Hilfe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zu einem weiteren Punkt. Es ist notwendig und richtig und wir sollten das insbesondere im Hinblick auf den ersten Humanitären Weltgipfel deutlich machen , dass internationale Regierungsorganisationen der erste Ansprechpartner sind, wenn es um Hilfe, aber auch um Koordination geht; freilich gemeinsam mit staatlichen Organisationen. Das heißt nicht, dass private Hilfe keine Rolle spielen soll - private Hilfe ist notwendig und wichtig -, aber wenn einzelne Hilfsorganisationen unter medialer Begleitung nach Nepal aufbrechen und am Ende zwar gute Bilder liefern, aber letztendlich nichts tun können, dann muss doch die Konsequenz sein, dass die internationalen Regierungsorganisationen gestärkt werden. Erste Ansprechpartner sind für mich die Vereinten Nationen, auch als Würdigung von 70 Jahren wichtiger Arbeit in diesem Bereich, und natürlich auch die Europäische Union.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte am Ende meiner Rede noch einmal darauf hinweisen: Wir werden über den Umgang mit der Situation nicht alleine entscheiden können. Deutschland ist aufgerufen, auf der einen Seite weiter humanitäre Hilfe zu leisten, hinzuschauen, sich nicht mit dem Elend abzufinden, auf der anderen Seite eine kluge Außenpolitik zu betreiben, die die Partner mitnimmt, die sich mit Partnern abstimmt. Insbesondere muss auf die Länder geschaut werden, die gerade in der jetzigen Situation oft vergessen werden. Deswegen ist der erste Humanitäre Weltgipfel ein wichtiges Datum. Auch die Vorbereitungskonferenzen, die hier in Berlin und in Bonn stattfinden, sind wichtig. Haben wir den Mut, für den Erfolg zu arbeiten!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Veröffentlicht: 
Berlin, 08.05.2015
Thema: 
Plenarrede zum Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010 bis 2013