"Ein Haushalt mit Kraft und Ausdauer"
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es ist ein Haushalt mit Kraft und Ausdauer, weil wir uns einerseits der Pandemie entgegenstemmen müssen, aber andererseits auch die Zukunft unseres Landes für Jahrzehnte sichern müssen. Wir können das alles gleichzeitig, weil Deutschland ein starkes und modernes Land ist, und wir können es auch deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil wir gut vorgesorgt haben.
Ohne die sozialdemokratische Handschrift, ohne Olaf Scholz wäre vieles davon nicht möglich. Mit seiner großen Erfahrung, Konzentration und dem Willen für Gerechtigkeit kann er unser Land durch die tiefen Umbrüche in den kommenden Jahren führen. Olaf Scholz ist der richtige Kanzler für Deutschland, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir nehmen Geld in die Hand für Solidarität und Sicherheit, weil die Menschen in dieser Pandemie Zuversicht brauchen. Wenn ich manche Rede hier im Deutschen Bundestag höre und manches Verhalten sehe, stelle ich fest: Sie wollen diese Zuversicht nicht geben. Aber wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen das, weil die Menschen Zuversicht in einer existenziellen Krise brauchen. Das ist der Motor für die Zukunft. Auch deswegen nehmen wir zusätzlich Geld für unsere Volkswirtschaft in die Hand.
Wir müssen die Herausforderungen der Digitalisierung und eines klimaschonenden Umgangs im Leben und in der Wirtschaftsleistung dieses Landes gleichzeitig bewältigen. Beides können wir. Dafür wollen wir Kraft und Ausdauer zeigen. Das schafft dieser Haushalt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Vieles wird von der Pandemie überlagert. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben recht, dass Sie den letzten Teil Ihrer Rede für diese überzeugenden Worte gebraucht haben. Wir stehen nicht am Ende der Pandemie. Ob wir sozusagen einen Erfolg im nächsten Jahr haben, wissen wir alle nicht. Deswegen sind mahnende Worte richtig. Aber, wie gesagt, wir müssen auf der anderen Seite auch Zuversicht geben.
Deswegen sage ich mit aller Überzeugung: Erstens. Es ist in den letzten Monaten eine Gemeinschaftsleistung gewesen. Die meisten Bürgerinnen und Bürger sind von den Regeln überzeugt. Sie halten sich persönlich daran. Sie mahnen in den Familien. Und sie fordern durchaus auch im öffentlichen Raum dazu auf, diese Regeln zu achten, weil sie helfen, nicht nur dem Einzelnen, sondern auch der Gesellschaft.
Zweitens ist es der Staat – nicht die Rückkehr eines Staates –, der in der Krise zeigen kann, was er leistet. Aber es ist nicht irgendeine staatliche Ordnung, es ist der Sozialstaat, meine Damen und Herren, auf den es ankommt, gebaut auf Generationen. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind der Sachwalter dieses Sozialstaates, der so viel Zuversicht und letztlich auch Hoffnung gibt.
(Beifall bei der SPD)
Und drittens ist es eine demokratische Leistung. Demokratien in dieser Welt schaffen es besser, mit der Pandemie fertigzuwerden als autoritäre Systeme oder Populisten. Autoritäre Systeme warten auf die Zentralen, und Populisten wollen das Virus nur mit Sprüchen bekämpfen. Beides funktioniert nicht, sondern nur demokratische Gesellschaften haben die Kraft und die Ausdauer, sich der Pandemie entgegenzustellen.
(Beifall bei der SPD)
Es ist kein Zweifel: Von Anfang an haben wir nicht infrage gestellt, dass Kritik geäußert werden kann, auch weil wir immer wieder neue Erkenntnisse erhalten. Kritik muss auch im Umgang mit dieser Pandemie geübt werden, weil sie auf der einen Seite in diese Demokratie gehört und wir auch über Grenzen diskutieren müssen. Auf der anderen Seite sage ich aber all denen, die sich Sorgen machen und Kritik üben: Augen auf, klar darüber werden, mit wem man sich gemein macht. Ich sage sehr deutlich: Scharlatane, Reichsbürger und Rechtsextreme dürfen nicht dazugehören.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Scharlatane, Reichsbürger und Rechtsextreme gehören weder auf die Treppe des Reichstagsgebäudes noch in dieses Parlament, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Diese Bilder haben verunsichert, und daher möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Die Pandemie eignet sich nicht zur Selbstdarstellung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Sagen Sie das Herrn Söder!)
Die Situation, meine Damen und Herren, ist zu ernst für weiß-blaue Inszenierungen, für eine plumpe Bildersprache, für Kutschfahrten, für Operetten und für Kabinette im Spiegelsaal. Bis heute frage ich mich, warum man sich für so etwas hergeben musste, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir haben vieles auf den Weg gebracht, was auch in diesem Haushalt abgebildet wird, und es liegt noch viel vor uns. Es ist richtig, dass die erste Priorität immer unser Gesundheitssystem sein muss. In diesem Herbst und in diesem Winter werden die Zahlen wahrscheinlich steigen, und viele der Infektionsverläufe werden wir am Anfang nicht so einfach von anderen Erkrankungen unterscheiden können. Deswegen ist es richtig, dass der Bund einen Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Unterstützung der Krankenhäuser beschließt. Deswegen ist es richtig, dass Liquiditätshilfen und der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung gewährt werden.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Es ist richtig, meine Damen und Herren, dass Überbrückungshilfen gegeben werden. Ich bin der festen Überzeugung: Hier werden wir noch weiteren Bedarf erkennen, und hier müssen wir auch nachsteuern.
Aber mit voller Zuversicht und auch voller Stolz sage ich: Es war richtig, im Koalitionsausschuss über die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes zu streiten und dafür zu kämpfen; denn seine Bedeutung ist nicht allen in dieser Koalition so klar gewesen. Manchmal bin ich in diesem Raum irritiert von der Geringschätzung dieses Instruments im Hinblick darauf, was es für den Einzelnen, für die Familien und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Sie gehen zynisch mit dieser Frage um, weil Sie sich – das kann ich Ihnen nicht nehmen – wahrscheinlich gar nicht vorstellen können, dass am Abendbrottisch manche Menschen sitzen, die nicht wissen, ob ihr Arbeitsplatz am anderen Tag noch erhalten werden kann. Genau deswegen, weil wir Zuversicht brauchen, stellen wir das Kurzarbeitergeld zur Verfügung. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kämpfen um jeden Arbeitsplatz und insbesondere um die Zukunft unserer industriellen Basis.
(Beifall bei der SPD – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Sagen Sie das Frau Schulze! Sagen Sie das Ihrer Umweltministerin!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, wir geben als Koalition dem zuständigen Minister gewaltige finanzielle Spielräume. Wir haben sie eröffnet, wir werden weitere eröffnen, und wir wollen, dass diese jetzt auch genutzt werden, und zwar schnell genutzt werden. Da wird insbesondere Kollege Altmaier noch etwas leisten müssen,
(Beifall bei der SPD)
was wir ihm ermöglicht haben, nämlich die Zukunft der industriellen Basis und der Wirtschaft voranzubringen, meine Damen und Herren. Auch das sollten wir hier nicht verschweigen: Elementar für die Bewältigung der Pandemie ist die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen. Deswegen haben wir einen Solidarpakt für die Kommunen beschlossen. Wir wollen die Ausfälle der Gewerbesteuer in diesem Jahr kompensieren. Dass der Bund die Kosten der Unterkunft zu fast 75 Prozent übernimmt, ist eine deutliche Entlastung für die Kommunen in dieser Krise.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Dauerhaft!)
Aber strukturell wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mehr: Auf die Tagesordnung hier, aber auch auf die Tagesordnung der nächsten Jahre gehört, dass die Kommunen von ihren Altschulden befreit werden; denn das verschafft ihnen die Luft zum Atmen, für notwendige Leistungen, die sie ihren Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eines gehört zur politischen Auseinandersetzung dazu – Sie haben es erwähnt, Herr Lindner –: Ja, diese Krise kostet eine Menge Geld, weil wir uns mit Kraft und Ausdauer dagegenstemmen wollen. Deswegen ist es richtig, dass wir 2026 mit der Tilgung beginnen wollen. Ich glaube auch, das wird gelingen, weil die heutigen Maßnahmen die Voraussetzungen für Arbeit und Wachstum schaffen und damit eben auch in den nächsten Jahren wieder für mehr Steuereinnahmen sorgen werden.
Aber dennoch – ich bin realistisch –: Das wird nicht ausreichen, und deswegen werden wir politisch darüber streiten, wer zukünftig mehr dazu beitragen kann. Und warum sollen wir das nicht? Für uns ist klar: Die, die künftig mehr dazu beitragen können, das sind nicht die Alleinerziehenden, das sind nicht die Geringverdiener, das sind nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Steuererhöhungen sind Gift in einer Wirtschaftskrise!)
Aber diejenigen, die mehr als genug haben, werden in dieser Krise stärker gebraucht. Das ist gerecht, und ich bin sicher, dass viele das genauso sehen.
(Beifall bei der SPD – Jan Korte [DIE LINKE]: Meine Rede! Das sage ich seit Ewigkeiten!)
Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis geblieben: Für einige in diesem Parlament soll die Pandemie dafür herhalten, andere Aufgaben nicht mehr anzugehen. Das ist kurzsichtig, und zwar insbesondere deshalb, weil es um die nächsten Jahrzehnte und damit um die Zukunft unseres Landes geht. Nicht die Pandemie alleine ist die Herausforderung, sondern die Frage des Klimas und wie wir gleichzeitig die Arbeit in einer klimaschonenden Weise letztlich so stärken können, dass auch zukünftige Generationen Arbeitsplätze und eine leistungsfähige Wirtschaft haben. Deswegen – es waren nur die Sozialdemokraten, die das auf dem Schirm hatten – müssen wir auch Strukturbrüche in diesem Land verhindern. Dieser Weg ist steinig und wird ohne einen starken Sozialstaat nicht gelingen.
(Beifall bei der SPD)
Es ist richtig, dass wir uns um die Arbeit von morgen kümmern. Natürlich gilt das zuerst für die Gewerkschaften und für die Unternehmen. Aber der Staat muss Rahmenbedingungen setzen und insbesondere auch Leistungen bereithalten. Qualifizierung und moderne Produktionstechniken sind auch eine Frage der Zukunft unseres Landes. Aber genauso gehört dazu, dass wir es geschafft haben, in diesem Jahr eben keine Almosen zu verteilen. Denn das ist nicht das Selbstverständnis von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben die Grundrente geschaffen, und es gibt einen Rechtsanspruch. Keiner muss betteln gehen, sondern das ist in einem Rechtsstaat, in einem Sozialstaat notwendig und auch angemessen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Ich will auch daran erinnern, was die Lehren aus der Pandemie sind. Es sind eben nicht nur finanzielle Leistungen und nicht nur ein Ordnungsrahmen, sondern insbesondere die Herstellung von Schutz und Rechten für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wenn Sie sich dafür interessieren, wissen Sie, dass die Betriebe, die Mitbestimmung haben und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Betrieb manchmal besser kennen als die Unternehmer, eben besser durch diese Pandemie kommen.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Absolut!)
Deswegen wollen wir auch die Mitbestimmungsrechte und den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den nächsten Jahren in den Vordergrund stellen. Deswegen war es richtig, aufgrund des Skandals in der Fleischindustrie, den wir erlebt haben, und solcher, die wir auch schon vorher erlebt haben, die Werkverträge rechtlich und politisch anzugehen. Und plötzlich klappt’s! Plötzlich wollen sich Arbeitgeber mit Tarifverträgen aus dieser Not befreien. Dies hätte in der Fleischindustrie schon viel früher erreicht werden müssen. Die Gewerkschaften haben damals die Hand ausgestreckt, und erst jetzt, als ein handlungsfähiger Staat reagiert hat, ist es plötzlich offensichtlich möglich. Das beweist doch: Ein Sozialstaat kann diese Krise am besten angehen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ja, es geht zuerst um unser Land. Es geht um Deutschland, und Deutschland wird es nur dann gut gehen, wenn es in Europa vorangeht. Deswegen, Frau Bundeskanzlerin, ist es richtig, dass ein neues Kapitel in der Europäischen Union aufgeschlagen wird. Die Europäische Union muss jetzt an ihren neuen Instrumenten wachsen. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass viele, insbesondere die Bürgerinnen und Bürger, verstehen, dass sie die Herausforderungen alleine nicht bestehen werden. Sie brauchen die Solidarität, insbesondere von den starken Staaten innerhalb der Europäischen Union. Wem das nicht reicht: Die Selbstbehauptung eines europäischen Staates wird in einer unsicheren Welt nur gelingen, wenn wir es gemeinsam machen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich will auch mit aller Bescheidenheit daran erinnern, Frau Bundeskanzlerin, dass es nicht der Merkel/MacronPlan war, der der Europäischen Union sozusagen einen neuen Schub gegeben hat, sondern es war die Aufforderung des Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und des Finanzministers Olaf Scholz, die im April die Wende in einer Diskussion gebracht hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Meine Güte! – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Ist denn schon wieder Karneval? Der 11.11. kommt doch erst noch! – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wer hat’s erfunden? Die Sozialdemokraten!)
Da können Sie gerne lachen. Sie, Herr Brinkhaus, waren der Erste, der gegen die gemeinschaftliche Kapitalbeschaffung gewettert hat. Wir haben dafür plädiert, und am Ende ist es in der Europäischen Union gelungen. Unterstützen Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament diesen Paradigmenwechsel! Europa braucht ihn, und Deutschland, meine Damen und Herren, auch.
(Beifall bei der SPD)
Von daher gibt es auch die richtige Richtung: Ja, wir unterstützen die Vorschläge der Europäischen Kommission, die noch in einer gemeinsamen Flüchtlings- und Asylpolitik ausgestaltet werden müssen. Warum sollte man das Folgende von hier vorne nicht sagen? Ich bin über Parteifreundinnen und -freunde in der Europäischen Union enttäuscht. Ich hätte mir große Unterstützung auch bezogen auf die Solidarität der letzten Tage gewünscht.
(Beifall bei der SPD)
Ich sehe, dass einige nicken, auch bei der Fraktion der Grünen. Deswegen würde ich mich auch gerne einmal an die Grünen wenden. Gibt es Ihnen nicht zu denken, was Ihre Parteifreunde in Österreich tun?
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Nicht nur, dass unser Nachbar vieles hintertreibt – das tun andere auch –: Der von Ihren Parteifreunden getragene Regierungschef mischt sich plump in die deutsche Innenpolitik ein, er zündelt.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: „Er zündelt“!)
Ich finde, das wäre einmal ein Wort wert gewesen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Zum anderen: Wenn Sie schon nicht über Ihre Parteifreunde im europäischen Ausland reden wollen, dann sollten Sie über Ihr eigenes Tun nachdenken. Da, wo Sie Verantwortung ausüben, ist die Realität ganz einfach: Anfang des Jahres lehnen Sie eine bessere Duldung gut integrierter Asylsuchender ab, Sie stimmen im Landtag von Baden-Württemberg mit Ihrem Koalitionspartner CDU und mit der AfD. Die größte Zahl von Abschiebungen findet heute aus Baden-Württemberg statt. Und in Sachsen lehnen Sie noch vor wenigen Tagen die Aufnahme weiterer 500 Flüchtlinge aus Griechenland ab. Auch das ist Realität. Ich mache Ihnen das nicht zum Vorwurf;
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nö!)
aber ich finde, Sie sollten das Dilemma, das Sie haben, auch hier im Deutschen Bundestag erkennen.
(Beifall bei der SPD, der FDP und der LINKEN)
Sie stecken genauso dadrin, und mancher moralische Zeigefinger sollte ein wenig gesenkt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, wir alle machen uns große Sorgen um den Frieden in Europa und in der Welt. Wir erleben erneut eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Armenien und Aserbaidschan. Und Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben mit Sorge auf Griechenland und die Türkei verwiesen. Wir hatten es leider schon öfter, dass diese Länder aneinandergeraten sind. Aber der Unterschied heute ist – das wissen Sie besser als ich –, dass dieser Konflikt durch europäische Länder weiter aufgeladen wird. Deswegen ist der beste Weg, zu Verhandlungen zu kommen und die Befragung internationalen Rechts auch durchzuführen. Aber deswegen sage ich auch klar: Wenn Sie eine kluge vermittelnde Rolle einnehmen, dann würde ich Sie auch bitten, den französischen Staatspräsidenten einmal zu fragen,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Kann das nicht Walter-Borjans machen?)
ob es in dieser Situation richtig ist, dass neue Kampfflugzeuge nach Griechenland geliefert werden sollen oder eben auch Fregatten modernisiert werden, die aus deutscher Produktion kommen. Beides, meine Damen und Herren, passt nicht zusammen. Mut gehört in der internationalen Politik auch dazu.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Und ja, der versuchte Mordanschlag auf Alexej Nawalny war verstörend, und er bedarf in der Tat gemeinsamer Reaktionen. Deswegen war der Weg, den die Bundesregierung mit der Koalition genommen hat, nämlich genau die internationale Institution einzubeziehen, der die entsprechenden Mechanismen zur Verfügung stehen, und zwar aufgrund des Übereinkommens über das Verbot chemischer Waffen, der richtige Weg. Ich erhoffe mir davon auch ein gemeinsames Vorgehen. Wir haben das auch um unserer selbst willen getan, weil in der internationalen Politik schon genügend nationale Alleingänge stattfinden. Deswegen müssen wir die noch vorhandenen internationalen Organisationen suchen, um insbesondere nicht – wie in den vergangenen Jahrzehnten – zum Spielball ideologischer oder wirtschaftlicher Machtkämpfe zu werden, die manchmal auch auf unserem Boden ausgetragen werden, meine Damen und Herren. Das gilt gleichzeitig für den hegemonialen Kampf zwischen den USA und der Volksrepublik China. Ich sage für die Sozialdemokratische Partei sehr klar: An militärischen Eindämmungsstrategien werden wir uns nicht beteiligen, und im Gegensatz zur Verteidigungsministerin sehe ich uns nicht im Südchinesischen Meer, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Die Volksrepublik China und die USA tragen derzeit gemeinsam zur Eskalation bei, und deswegen ist es richtig, auf beide Seiten einzuwirken. Deswegen an den Koalitionspartner: Ich glaube, die transatlantische Partnerschaft zu würdigen, wie Sie das vor einigen Wochen getan haben, ist richtig,
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Danke!)
dann aber auf gleicher Augenhöhe und mit allen Instrumenten. Sie konnten es nicht vorhersehen: Als Sie diese Frage für sich aufgerufen haben, hat am anderen Tag die US-Regierung Sanktionen gegen die Vorsitzende und weitere Mitarbeiter des Internationalen Strafgerichtshofs erlassen. Was für eine Wende in der internationalen Politik, wo das Völkerrecht zuerst zählen soll! Deswegen sage ich für meine Partei: Wir sind zuerst auf der Seite des Völkerrechts. Wenn die USA in den nächsten Monaten auf die Seite des Völkerrechts zurückkehren wollen, dann gerne! Ansonsten werden wir dafür weiterhin streiten. Das Völkerrecht muss die Zielmarke der internationalen Politik sein.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das gilt auch für Russland!)
Meine Damen und Herren, den Wandel der Arbeit und der Wirtschaft zum Nutzen der Umwelt zu gestalten – das machen wir mit diesem Haushalt klar. Gleichzeitig wollen wir einen zumindest gefährdeten Frieden weiterhin sichern. Das sind Herausforderungen, die für sozialdemokratische Antworten wie gemacht sind.
Deswegen treten wir heute dafür mit einem überzeugenden Haushalt und im kommenden Jahr mit aller Ausdauer und Überzeugung an.
Vielen Dank. Bleiben Sie gesund!