Sicherheit mit oder vor Russland?
Einleitung
Für die Einbindung Russlands in ein kooperatives gesamteuropäisches Sicherheitssystem und die Entwicklung einer strategischen Partnerschaft war die erste Dekade des neuen Jahrtausends ein verlorenes Jahrzehnt der Entfremdung voller Krisen und Konflikte: die NATO-Erweiterungen, die Krise der Rüstungskontrolle und die Energiefrage mögen hier als Stichworte genügen. Acht Jahre amerikanischer Unilateralismus unter George W. Bush trugen ebenso dazu bei, wie das von Moskau mitunter rüde präsentierte neue Selbstbewusstsein, welches bisweilen auch die Grenze zur Selbstüberschätzung überschritt. Dieses Selbstbewusstsein resultierte vor allem aus dem singulären Wirtschaftswachstum auf Grundlage explodierender Ölpreise. Allerdings haben die globale Finanz- und Wirtschaftskrise und der damit verbundene Fall der Rohstoffpreise nicht nur den Boom der letzten Jahre beendet, sondern auch die strukturelle Schwäche der russischen Wirtschaft offenbart.
Es bleibt die traurige Erkenntnis, dass 20 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konflikts Russland noch immer nicht verlässlich in das Institutionengefüge europäischer Sicherheitspolitik eingebunden ist. Dabei wiedersprechen die angespannten Beziehungen den Interessen aller Beteiligten. Russland wird als Partner dringend gebraucht. Die USA brauchen es als Partner bei der nuklearen Abrüstung, beim Management der iranischen Atomkrise und grundsätzlich bei der Zusammenarbeit im UN-Sicherheitsrat. Für die EU ist Moskau unverzichtbarer Partner, Hauptenergielieferant und Absatzmarkt. Russland wiederum braucht den Westen für seine Modernisierungspolitik. Das Land in eine strategische Partnerschaft einzubinden, liegt daher im Interesse des Westens.
Die Entwicklung eines Grand Bargain zwischen dem Westen und Russland ist also längst überfällig. Ein solcher lässt sich jedoch nur als langfristiger Prozess organisieren, getragen von der Vision der gemeinsamen und unteilbaren Sicherheit, wie sie die KSZE-Charta von Paris bereits 1990 festhielt. Diese Vision harrt immer noch der Verwirklichung. Insofern legen die russischen Initiativen für einen neuen europäischen Sicherheitsvertrag in der Tat den Finger in die Wunde. Angesichts der ungelösten Sicherheitsfragen des Kontinents besteht durchaus Diskussionsbedarf über mögliche Verbesserungen an der europäischen Sicherheitsarchitektur.
Zur Vorgeschichte des Europäischen Sicherheitsvertrages
Am 5. Juni 2008 präsentierte der russische Präsident Dimitri Mewedjew erstmals seinen Vorschlag für eine neue gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur, in dem ein völkerrechtlich bindender Vertrag aller Staaten von "Vancouver bis Wladiwostok" gefordert wird. Nachdem die internationale Resonanz auf die Idee zunächst gering war, gewann sie seit dem Georgienkrieg verstärkte Aufmerksamkeit. Zypern, Italien, Spanien, Deutschland und vor allem Frankreich haben zumindest Diskussionsbereitschaft gezeigt. Auch die NATO erklärte sich auf ihrer Außenministerkonferenz am 3. Dezember 2008 aufgeschlossen für eine Debatte. Folgende Fragen wurden dabei gestellt: Was genau beinhaltet Medwedews Vorschlag? Wo bestehen Anknüpfungspunkte für eine sinnvolle Diskussion und wo liegen Stolpersteine? Und welche Motive verfolgt Russland mit seinem Vorschlag?
Der russische Präsident begründete seinen Vorschlag mit der Feststellung, dass die bestehende europäische Sicherheitsarchitektur es nicht geschafft habe, das Ziel der Charta von Paris umzusetzen ? nämlich ein Europa zu schaffen, das geeint, frei und sicher sei. Um dies zu überwinden, schlägt er einen gesamteuropäischen Gipfel aller Staaten von "Vancouver bis Wladiwostok" vor. Dessen Ziel bestünde dann darin, einen völkerrechtlich bindenden Sicherheitsvertrag auszuarbeiten und abzuschließen.
Mit seinem Konzept eines neuen europäischen Sicherheitsmodells befindet sich Dimitri Medwedjew in guter sowjetischer und russischer Tradition, die von Michail Gorbatschows "Gemeinsamem Haus Europa" Mitte der 80er Jahre über die Vorschläge Boris Jelzin zu einer gesamteuropäischen Sicherheitsordnung im Rahmen der OSZE bis hin zu den jahrelangen Diskussionen innerhalb der OSZE über ein "Europäisches Sicherheitsmodell für das 21. Jahrhundert" bis hin zur Schaffung eines von Moskau geforderten "Europäischen Sicherheitsrates" reicht (Schneider 1997). All diese Modelle hatten und haben eine gemeinsame Zielrichtung: Die von Russland angestrebte europäische Ordnung sollte zum einen nicht antagonistisch und nicht diskriminierend sein und zum zweiten perspektivisch die NATO ersetzen respektive überflüssig machen. Dies war und ist aus Moskauer Sicht auch ein durchaus nachvollziehbares Anliegen. Denn in dem Maße, wie die NATO reaktiviert wurde, rückten Vorstellungen über eine gemeinsame gesamteuropäische Außen- und Sicherheitspolitik zunehmend in den Hintergrund. Insbesondere die mitteleuropäischen Länder, also die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes, pflegten ihre historisch gewachsenen Vorbehalte gegenüber Russland und definierten die USA und die NATO als alleinige Sicherheitsgarantie gegen Moskau.
Russland hingegen verfolgte über geraume Zeit die Strategie, über die OSZE eine völkerrechtlich verankerte Sicherheitsstruktur in Europa zu schaffen. Die Entwicklung des letzten Jahrzehnts hat jedoch gezeigt, dass dieses Ziel nicht erreichbar war. Das überragende negative Ziel Russlands im Rahmen der OSZE bestand vor allem darin, die NATO-Erweiterung wenn nicht zu verhindern, dann doch zu verzögern. Ein Blick auf die derzeit 28 NATO-Mitglieder und die Beitrittsaspiranten macht mehr als deutlich, dass Moskau damit grandios gescheitert ist. In der Folge hat die OSZE im letzten Jahrzehnt massiv an politischer Relevanz eingebüßt. Das letzte Gipfeltreffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs fand 1999 in Istanbul statt. Seitdem sieht sich die OSZE russischer Dauerkritik ausgesetzt. Russland empfindet vor allem die Feldmissionen und die OSZE-Aktivitäten im Bereich der Menschenrechte als unzulässige Einmischung in seine inneren Angelegenheiten. Interessanterweise hat Moskau jedoch trotz seiner massiven Kritik die operative Arbeit der OSZE nur unwesentlich eingeschränkt (Vgl. Richter/Zellner 2008).
In der Folge suchte Russland neue Bündnisse und neue Bündniskonstellationen aufzubauen, die noch vor wenigen Jahren undenkbar schienen. Als Beispiel sei nur auf die Shanghai Cooperation Organisation hingewiesen, die so diffizile und komplizierte Staatengruppen umfasst wie Russland, China, die zentralasiatischen Staaten, aber auch Indien, Afghanistan und den Iran gewinnen will. Noch dominieren Funktionen und intergouvernementale Absprachen die Basis dieser Zusammenarbeit. Ein gemeinsam abgestimmtes, regelgeleitetes Vorgehen sucht man bislang vergeblich.
Der russische Entwurf eines Europäischen Sicherheitsvertrages
Unmittelbar vor dem OSZE-Außenministertreffen in Athen stellte Russland am 29. November 2009 auf der Homepage des Kreml den Entwurf eines "Europäischen Sicherheitsvertrags" auf englisch und russisch ein. Das auf Anregung von Präsident Dimitri Medwedew konzipierte Papier hat einen gemeinsamen euroasiatischen Sicherheitsraum vom Atlantik bis zum Pazifik zum Ziel. Der Vertrag steht allen Staaten Europas unabhängig von ihrer Mitgliedschaft in anderen Bündnissen zum Beitritt offen. Seine Leitsätze sind die gegenseitige Achtung der Souveränität, territorialen Integrität und politischen Unabhängigkeit sowie der Verzicht auf Gewalt.
Damit liegt nun zum ersten Mal ein konkreter Text vor, der es verdient, ernsthaft diskutiert zu werden. Der fertig formulierte Vertrag ging nicht nur an die Staats- und Regierungschefs mehrerer westlicher Regierungen, sondern auch an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und an die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Nach dem Entwurf sollen nicht nur alle euroatlantischen und eurasischen Staaten "von Vancouver bis Wladiwostok" Mitglied werden können, sondern auch die Europäische Union (EU), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die Organisation des Kollektiven Sicherheitsvertrages (OVKS), die NATO und die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Wie aber die Arbeitsteilung und Kompetenzabgrenzung aussehen soll, bleibt weitgehend unklar. Am 10. Dezember 2008 schlossen sich die Sicherheitssekretäre der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), dem Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Russland, Tadschikistan, Wei߬russland und Usbekistan angehören, der Initiative Medwedews an.
Die Präambel des Vertragsentwurfes betont die allgemeine Bedeutung des Völkerrechts, insbesondere die Charta der Vereinten Nationen. Der Vertragstext selbst gliedert sich im Wesentlichen in sechs Teile:
1. dem Prinzip der "ungeteilten, gleichen und unverminderten Sicherheit" aller Teilnehmer,
2. einer Aufzählung von Konfliktlösungsmechanismen,
3. dem Recht auf Beistand,
4. der Betonung der übergeordneten Rechte des UN-Sicherheitsrates,
5. einer Aufzählung der möglichen Vertragspartner sowie
6. der Auflistung einiger Klauseln zum Inkrafttreten und zur Kündigung.
Der Vertrag verpflichtet die Unterzeichner, sich im Angriffsfall gegenseitig militärisch zu unterstützen und kann folglich auch als direkte Konkurrenz zum Beistandsversprechen (Artikel 5) des NATO-Vertrages interpretiert werden. Im Vertragstext wird auch betont, dass die Unterzeichner sich verpflichten, ihre Sicherheit nicht auf Kosten anderer Staaten zu stärken. Auch dies ein deutlicher Seitenhieb auf die NATO, durch dessen diverse Erweiterungsrunden bis vor seine Grenzen Russland sich in seiner Sicherheit bedroht fühlt. Nach wie vor will Moskau unter allen Umständen einen Beitritt der Ex-Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine zur westlichen Allianz verhindern. Die USA und Großbritannien formulierten erwartungsgemäß als erste ihre Bedenken, neben der NATO eine weitere Struktur für die militärisch-politische Sicherheit zu schaffen.
Auf ihrem Außenministertreffen am 1. Dezember 2009 in Athen beriet die OSZE über den russischen Entwurf eines "Europäischen Sicherheitsvertrags" . Allerdings wurde bereits am ersten Tag der OSZE-Außenministerkonferenz klar, dass die Vorschläge aus Moskau auch dort auf erhebliche Skepsis stoßen. Sowohl die Bundesregierung wie auch andere EU-Staaten begrüßten zwar die russischen Vorschläge, machten aber zwei entscheidende Einschränkungen: Zum einen dürfe die russische Initiative nicht die bestehenden Bündnisse wie die NATO oder die OSZE in Frage stellen; zum anderen müsse Moskau noch konkretere Vorschläge machen, wie es sich einen gemeinsamen Sicherheitsrahmen vorstellt. Allgemein überwog die Skepsis, ob ein neuer umfassender Vertrag überhaupt in den kommenden Jahren verabschiedet und dann in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden könne.
So blieb die Debatte in Athen zunächst wenig konkret. Erwartungsgemäß zeigten sich vor allem die osteuropäischen Staaten skeptisch gegenüber den russischen Vorschlägen. Sie verwiesen auf den Georgien-Krieg und warnten vor dem Versuch, die Solidarität im westlichen Verteidigungsbündnis zu schwächen. Immerhin bestand Konsens darüber, den russischen Vorschlag einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Einigkeit bestand auch darüber, dass diese innerhalb und nicht außerhalb der OSZE stattfinden müsse. Im Rahmen des Korfu-Prozess, den die Mitgliedstaaten der OSZE im Juni 2009 ins Leben gerufen hatten, sollte der russische Vertragsentwurf als Teil einer offenen Debatte über die Zukunft der Sicherheit in Europa verstanden werden.
Optionen für eine europäische Sicherheitsordnung
Folgende konkrete Optionen bzw. Szenarien hinsichtlich einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur sind wünschenswert und notwendig: Eine Revitalisierung der OSZE, eine erneuerte Partnerschaft zwischen der NATO und Russland und ein grundlegender Neustart bei der atomaren und konventionellen Abrüstung und Rüstungskontrolle.
1. Revitalisierung der OSZE
Die Wiederbelebung der über ein Jahrzehnt weitgehend paralysierten OSZE hat bereits begonnen: Mit dem Korfu-Prozess wurde Ende Juni 2008 ein neuartiges Dialogforum innerhalb der OSZE geschaffen. Auf der griechischen Insel beschlossen die Außenminister der 56 Teilnehmerstaaten als Antwort auf den Medwedjew-Vorschlag für ein neues europäisches Sicherheitssystem, den politischen Dialog über Sicherheitsfragen neu zu beleben. Dieses Forum soll eine Neubewertung der europäischen Sicherheitsstrukturen vornehmen und eventuelle Veränderungen und Reformen anregen und erarbeiten. Kasachstan, das trotz heftigen Gegenwindes für 2010 die OSZE-Präsidentschaft übernommen hat, erklärte, es werde im in diesem Jahr ein ähnliches informelles Treffen organisieren und sprach sich zugleich für eine Konferenz auf höchster Ebene 2010 aus. Dies wäre der erste OSZE-Gipfel seit Istanbul 1999. Ohne eine konkrete Agenda bleibt ein solcher jedoch nach wie vor unwahrscheinlich.
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich in seiner Rede beim OSZE-Ministerrat in Helsinki am 4. Dezember 2008 zu den russischen Vorschlägen und schlug direkt den Bogen zur "Charta von Paris": "Barack Obama hat in Berlin gefordert, das Denken in den Kategorien des Kalten Krieges zu überwinden. Sein Vorschlag: eine Partnerschaft, die den gesamten Kontinent umfasst - auch Russland. Sein Gegenüber in Moskau plädiert für einen neuen gesamteuropäischen Sicherheitsvertrag. Präsident Sarkozy will dazu einen OSZE-Gipfel. In jedem dieser Vorschläge stecken Chancen! Wir sollten sie offen diskutieren. Am Ende könnte die Verständigung auf eine neue Sicherheitspartnerschaft stehen. Ein verbindlicher Text, der den Rahmen liefert für gemeinsame Sicherheit und gemeinsames Handeln. Eine neue "Charta", die jene von Paris fortführt und für das 21. Jahrhundert erneuert." Als "unverzichtbar" bezeichnete Steinmeier "eine tragfähige Sicherheitsarchitektur" und "Fortschritte bei der Rüstungskontrolle und Abrüstung" im konventionellen wie im nuklearen Bereich. Doch dürfe die NATO nicht infrage gestellt werden: "Um jedem Zweifel vorzubeugen: EU, NATO und OSZE bleiben Eckpfeiler der europäischen Sicherheit. Ohne ein starkes transatlantisches Fundament wird es auch in Zukunft keine Sicherheit in Europa geben. Was wir in Jahrzehnten aufgebaut haben, steht nicht zur Disposition.? Zugleich forderte Steinmeier für die NATO "so etwas wie einen neuen "Harmel-Bericht" "eine grundsätzliche Verständigung über den zukünftigen Weg" (Steinmeier 2008).
Die Bush-Administration hingegen trat gleich am nächsten Tag deutlich auf die Bremse. US-Vizeaußenminister Daniel Fried hielt in einer Pressekonferenz in Helsinki die Einberufung eines OSZE-Gipfels zur Erörterung der russischen Initiative über einen neuen europäischen Sicherheitsvertrag für verfrüht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow drohte daraufhin mit einem "Verlöschen" der OSZE, falls sie sich nicht grundlegend ändere. Die OSZE sei in ihrer derzeitigen Form nicht in der Lage, "die Sicherung von gleicher und unteilbarer Sicherheit für alle" zu gewährleisten. Es genüge nicht mehr, so der russische Außenminister, die Grundsatze und Verpflichtungen der OSZE nur zu bekräftigen; sie müssten auch praktisch umgesetzt werden. Die Russische Föderation habe dazu mit ihrem Vorschlags eines rechtsverbindlichen europäischen Sicherheitsvertrags ihren Beitrag geleistet. Lawrow plädierte zudem dafür, die OSZE in eine "normale" und vollwertige internationale Organisation mit einem rechtsverbindlichen Gründungsdokument - einer Charta oder einer Satzung - umzuwandeln (FAZ, 5.12.2008).
Auch wenn eine einheitliche Bewertung des russischen Vorschlages unter den 56 OSZE-Mitgliedstaaten nicht erwartet werden konnte, so steht doch fest, dass mit dem Korfu-Prozess und mit der neuen US-Administration unter Präsident Obama 2009 neuer Schwung in die Organisation gekommen ist. So wird mittlerweile wieder ernsthaft über die Zukunft des zwischen Armenien und Aserbaidschan strittigen Gebiets Berg-Karabach gesprochen. Auch die Ratifizierung des überarbeiteten Vertrages über konventionelle Streitkräfte und Rüstungen in Europa (KSE) wird innerhalb der NATO nunmehr in Erwägung gezogen.
Auf dem OSZE-Ministerrat in Athen am 1. Dezember 2009 wurde der russische Vertragsentwurf ausgiebig diskutiert. Für Deutschland begrüßte Staatsminister Werner Hoyer den russischen Vorschlag: "Das Vorhaben verdient eingehende Prüfung. Der Korfu-Prozess der OSZE ist der geeignete Rahmen, um einen umfassenden Dialog über gesamteuropäische Sicherheit zu führen. Hier sollten wir die Diskussion über den russischen Vorschlag weiterführen! Wir sollten uns von dem Ziel leiten lassen, europäische Sicherheit umfassend zu stärken. Wir wollen dabei auf die bewährten Institutionen und Instrumente im euroatlantischen Raum aufbauen und sie, wo immer nötig, stärken. Wichtig bleibt auch, dass wir uns darauf konzentrieren, wie europäische Sicherheit praktisch verbessert werden kann." (Hoyer 2009).
Allerdings wurde auch hier bereits am ersten Tag der OSZE-Außenministerkonferenz deutlich, dass die Vorschläge aus Moskau nach wie vor auf erhebliche Skepsis stoßen. Vor allem die osteuropäischen Staaten zeigten sich skeptisch gegenüber den russischen Vorschlägen. Sie verwiesen auf den Georgien-Krieg im Jahr 2008 und warnten vor dem russischen Versuch, die Solidarität im westlichen Verteidigungsbündnis zu schwächen.
Trotz aller Vorbehalte bietet die OSZE in jedem Fall den geeigneten Rahmen, um die die russischen Vorschläge zu diskutieren und mit Leben zu füllen. Zumal für eine Wiederbelebung des gesamteuropäischen Sicherheitsdialogs innerhalb der OSZE eine ganze Palette von Instrumentarien und informellen Konsultationen bereit stehen: Vom Gipfel- und Außenministertreffen, dem Ständigen Rat auf Botschafterebene bis hin zu den Rüstungskontrollforen (OSZE-Forum für Sicherheitskooperation, Beratungsgruppe des KSE-Vertrages) und dem OSZE-Sekretariat. Mit anderen Worten: Dass Instrumentarium ist vorhanden. Es muss lediglich genutzt werden. Die Krise der OSZE und der kooperativen Sicherheit in Europa resultierte im Kern aus den wachsenden amerikanisch-russischen Spannungen der letzten Jahre. Mit Obama und Medwedjew bieten sich hier neue Möglichkeiten. Die OSZE-Mitgliedsstaaten sollten jedenfalls die sich bietende Chance nutzen und der OSZE als dem einzigen gesamteuropäischem Forum kooperativer Sicherheit neues Leben einhauchen. Parallel dazu muss jedoch auch die NATO ihr Verhältnis zu Russland auf eine neue Grundlage stellen.
2. Eine neue Ära der NATO-Russland-Beziehungen
Dauerbrenner jedes NATO-Treffens war, ist und bleibt naturgemäß das Verhältnis zu Russland. Ist Russland der neue Freund oder der alte Feind? Die NATO-Politik kann sich bis heute nicht entscheiden und verharrt in Doppeldeutigkeit. Nach dem Regierungswechsel in Washington hat sich die Lage zwar deutlich entspannt, es bleibt aber das Grundsatzproblem, dass die NATO einst als Bollwerk gegen die Sowjetunion gegründet wurde und die neuen NATO-Mitglieder kein Geheimnis daraus machen, dass sie das Bündnis sehr wohl nach wie vor in erster Linie als Schutzwall gegenüber dem übermächtigen Nachbarn betrachten.
Dabei war die Zusammenarbeit zwischen Russland und der NATO bis zum Georgien-Krieg 2 ungeachtet der öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen - weitaus besser und enger als in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Zu den zahlreichen Kooperationsfeldern gehören gemeinsame Übungen, gemeinsame Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und zur Streitkräfteplanung.
Die Nato hat während der Georgienkrise keine gute Rolle gespielt. Dort wurde deutlich, dass ein tiefer Riss durch das Bündnis geht - zwischen den neuen Mitgliedern, die ihre Sicherheit gegen Russland definieren, und den alten Mitgliedern, die auf Ausgleich und Partnerschaft mit Russland setzen. Der Fünftagekrieg in Georgien spiegelte zudem eine manifeste Krise des Systems kooperativer Sicherheit in Europa wider. Die NATO hat sich zudem mit der Aussetzung des NATO-Russland-Rates ohne Not desjenigen Gremiums beraubt, das für die Behandlung der Georgienkrise geradezu prädestiniert gewesen wäre. Erst sieben Monate nach dem Georgien-Krieg nahm der NATO-Russland-Rat, zum Ärger vieler Osteuropäer, am 4. März 2009 seine Arbeit formell wieder auf ? ein längst überfälliger Schritt. Der NATO-Russland-Rat darf kein "Schönwettergremium" sein. Gerade in schwierigen Perioden und Krisen - wie während des Krieges im Kaukasus - hätte man ihn, statt auf Eis zu legen, als operatives Instrument der Krisenbewältigung nutzen müsse.
Auch die erste Reaktion des neuen NATO-Generalsekretärs Rasmussen auf den russischen Vorschlag während seines ersten Moskau-Besuches am 16. Dezember 2009 war unnötig brüsk: "Ich sehe keinen Bedarf für ein rechtlich bindendes Dokument, weil wir bereits ein Rahmenwerk haben." Der Nato-Chef lehnte es ab, Medwedews Sicherheitspakt zu einem Thema der Allianz zu machen. Der Westen werde Medwedews Vorschläge analysieren, aber "das richtige Forum dafür ist die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa". Zugleich beschwor Rasmussen eine neue Ära der Partnerschaft und kündigte an, bis 2020 mit Russland gemeinsam eine Raketenabwehr aufzubauen. "Das würde uns nicht nur vor Atomwaffen schützen, sondern auch politisch verbinden", sagte Anders Fogh Rasmussen. ("NATO will Raketenschild mit Russland errichten", in: Der Tagesspiegel, 17.12.2009).
Das Ende der Eiszeit zwischen Russland und der NATO hängt dabei nicht nur mit der neuen US-Administration zusammen, sondern hat durchaus pragmatische Gründe. So wächst bei beiden Seiten die Erkenntnis, dass man sich braucht. Die USA sorgen sich um ihre Nachschubrouten nach Afghanistan, sind zur Abrüstung ihrer Atomraketen bereit (deren Unterhalt 50 Milliarden Dollar pro Jahr kostet), brauchen Moskau zudem bei der Zusammenarbeit gegen die Nuklearambitionen des Iran und wollen den gemeinsamen Kampf gegen den Terror verstärken. Putin wiederum hat erkannt, dass eine Strategie, die auf hohe Öl- und Gaspreise setzt, angesichts der dramatischen Weltwirtschaftskrise verfehlt ist - auch Russland braucht Hilfe. Dies macht Hoffnung, dass die NATO tatsächlich eine neue Ära der Partnerschaft mit Russland einläuten wird. Russland müssen dabei konkrete Angebote gemacht werden - auch eine NATO-Mitgliedschaft der Russischen Föderation wird mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen. Bereits einmal, Anfang der 1990er Jahre kamen in Moskau Vorstellungen auf, das Land in die NATO zu führen, die dann 1994 mit der ersten Welle der NATO Osterweiterung abgeblockt wurden. Heute wird darüber wieder offen diskutiert. So befand der ehemalige Außenminister Joschka Fischer: "Der Katzentisch des Nato-Russland-Rates war eindeutig zu wenig und hat nicht funktioniert. Warum aber nicht darüber nachdenken, die Nato zu einem effektiven europäischen Sicherheitssystem umzubauen, inklusive Russlands?" (Fischer 2009).
Das für den NATO-Gipfel in Lissabon Ende 2010 angekündigte neue strategische Konzept wird folglich auch die Frage der Ausgestaltung der Partnerschaft mit Russland thematisieren. Mittlerweile liegt innerhalb der Allianz eine lange Liste an Kooperationsangeboten vor - von gemeinsamen Seminaren zur Verteidigungsplanung bis zur Hilfe der NATO bei der russischen Armeereform. Eine neue strategische Partnerschaft zwischen Russland und der NATO könnte als Prozess mittel- bis langfristig über eine stufenweise Erhöhung der Konsultations- und Entscheidungsmechanismen des NATO-Russland-Rates erreicht werden. Diese Konstruktion entspricht zwar nicht den russischen Vorstellungen eines formellen Vertragsabschlusses zwischen NATO und Russland, sie kann jedoch Vertrauen schaffen und weitere Perspektiven erarbeiten.
In der Debatte um das neue strategische Konzept der NATO betont vor allem Deutschland zusammen mit den skandinavischen Ländern die Notwendigkeit, Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung neben den militärischen Instrumenten gleichberechtigt darzustellen. Zumal die Allianz damit an eine gute und erfolgreiche Tradition anknüpft. Auch in der Vergangenheit hat die NATO neben der militärischen Abschreckung immer auch die Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit angeboten, sei es im Harmel-Bericht von 1967, in der Londoner Erklärung von 1990 oder im strategischen Konzept von 1999. Der NATO-Russland-Rat, der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat, die NATO-Ukraine-Charta, die Partnerschaften für den Frieden und der NATO-Mittelmeerdialog dokumentieren eindrücklich die Bemühungen des Bündnisses um Zusammenarbeit und Kooperation. Bei der Wiederbelebung der nuklearen Abrüstung sind vor allem die Atomwaffenstaaten gefragt. Die Logik der nuklearen Abschreckung ist nach wie vor Teil einer NATO-Strategie, ebenso wie der Ersteinsatz gegen Nichtatomwaffenstaaten. Ohne eine couragierte strategische Neuausrichtung wird die NATO vermutlich zu einem sicherheitspolitischen Debattierclub mutieren. Gebraucht wird deshalb ein neues strategisches Konzept, das auf Zusammenarbeit und Rüstungskontrolle setzt ? nicht nur mit Russland, sondern auch mit den großen globalen Partnern in der neuen multipolaren Weltordnung. Dabei geht es auch um eine realistische Einschätzung dessen, was die NATO leisten soll und vor allem kann.
Neue Initiativen der Abrüstung und Rüstungskontrolle
Sowohl die Revitalisierung der OSZE als auch die Neubegründung des NATO-Russland-Verhältnisses sind längerfristige Projekte. Auf dem dritten Feld, der Abrüstung und Rüstungskontrolle sind schnelle Fortschritte nicht nur möglich sondern dringend notwendig. Aufgrund der neuen Haltung Washingtons und einer größeren Flexibilität Moskaus hinsichtlich der atomaren Abrüstung hat sich zwischen den wichtigsten Atommächten, den Vereinigten Staaten und Russland, ein Fenster der Gelegenheit aufgetan. 2010 wird ein entscheidendes Jahr für substanzielle Fortschritte bei der Abrüstung sein. Die ersten praktischen Schritte müssen nun folgen: Ein START-I-Nachfolgeabkommen zur Reduzierung der strategischen Arsenale, die Ratifizierung des Atomteststoppvertrages durch die USA, ein Erfolg bei der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages 2010, ein weltweites Verbot von Mittelstreckenraketen, die Rettung des KSE-Regimes und eine Nulllösung bei den taktischen Nuklearwaffen stehen konkret auf der Tagesordnung. Bis zu einer atomwaffenfreien Welt ist es noch ein weiter Weg. Dass der Präsident der Welt- und Atommacht USA ihn gehen möchte, gibt Anlass zur Hoffnung. Die Voraussetzung für nukleare Abrüstung und eine Wiederbelebung der Rüstungskontrolle sind jedenfalls so gut, wie schon lange nicht mehr.
Russland und die USA haben Verhandlungen zu einem neuen START-Vertrag aufgenommen, der den im Dezember 2009 ausgelaufenen START-I-Vertrag ersetzen sollen. Offenbar stehen beide Seiten unmittelbar vor einer Einigung. Ein solches Abkommen wäre ein wichtiges Zeichen für die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages, die vom 3. bis 28. Mai 2010 in New York stattfinden wird.
Die NVV-Überprüfungskonferenz wird zum ersten Testfall für die neue Abrüstungspolitik. Das seit 1970 weitgehend erfolgreiche Nichtverbreitungsregime befindet sich an einer Wegscheide. Mit der zunehmenden Ausbreitung der zivilen Atomenergie wächst die Gefahr, dass sich auch militärische Anwendungen verbreiten. Viele Nicht-Nuklearwaffenstaaten kritisieren die Ungleichbehandlung im Rahmen des Atomwaffensperrvertrages. Sie erwarten seit langem von den Atomwaffenstaaten konkrete Fortschritte beim Bemühen um nukleare Abrüstung und verbindliche Sicherheitsgarantien im Gegenzug für den Verzicht auf Atomwaffen.
Von großer Bedeutung für die Chancen nuklearer Abrüstung werden zudem die im Februar erwartete ?Nuclear Posture Review? der Vereinigten Staaten und die Ergebnisse der Beratungen über das neue Strategische Konzept der NATO sein.
Folgende konkrete Schritte bieten sich an: zuerst den START-I-Nachfolgevertrag zur Reduzierung der Atomwaffenarsenale der Vereinigten Staaten und Russlands, dann die Inkraftsetzung des Atomteststoppvertrags (CTBT), beginnend mit der Ratifizierung durch die Vereinigten Staaten. Als dritter Schritt wäre ein Verbot der Produktion von spaltbarem Material für Kernwaffen und andere Kernsprengkörper (Fissile Material Cut-off Treaty, FMCT) ein klares Zeichen, dass das Atomwaffenzeitalter vorüber ist. Außerdem ist eine ordnungsgemäße Überwachung des zivilen Brennstoffkreislaufs unabdingbar.
Neben den Regionalkonflikten gehört die Krise der Rüstungskontrolle und Abrüstung nach wie vor zu den zentralen, ungelösten Sicherheitsfragen des Kontinents. Aus Protest gegen die ausstehende Ratifizierung des angepassten KSE-Vertrags durch die NATO-Staaten hatte Russland im Dezember 2007 seine Teilnahme daran suspendiert. Seitdem berichtet es weder über Übungen noch über Truppenbewegungen und lässt keine Inspektoren mehr ins Land. Ein gesamteuropäischer Gipfel müsste deshalb auch dringend neue Impulse für die konventionelle Rüstungskontrolle und Abrüstung setzen. Dies wird nicht einfach sein - unabhängig davon, ob auch weiterhin noch die Ratifizierung des Angepassten KSE-Vertrags angestrebt oder ein neues Vertragswerk - eine Art KSE-III-Vertrag - ausgehandelt wird. Wichtig wäre bis dahin, die vom geltenden Vertragswerk geforderte Transparenz wieder in Gang zu setzen.
Die Zeichen stehen jedenfalls auf Wandel. Abrüstung und Rüstungskontrolle scheinen vor einem Revival zu stehen, zumal sich die Wirtschaftskrise bleiern auf Amerika und Russland gelegt hat. Dies sind schlechte Zeiten für teure und strategisch fragwürdige Rüstungsprojekte. Mit dem Wechsel in Washington bietet sich jetzt die Gelegenheit, die Scherben der Bush-Zeit wegzufegen und unbefangen das Verhältnis zu verbessern oder gar auf eine neue kooperative Grundlage zu stellen - bilateral, Im Rahmen von EU und NATO sowie innerhalb der OSZE.
Fazit: Zur Kooperation verdammt
Festzuhalten bleibt, dass sich die drei o.g. Optionen keinesfalls ausschließen, sondern sich im Gegenteil ergänzen und deshalb alle gleichrangig verfolgt werden sollten. Am schnellsten umsetzbar sind dabei - wie schon erwähnt - konkrete Fortschritte im Bereich der Abrüstung und Rüstungskontrolle.
Grundsätzlich ist der russischen Diagnose - nämlich, dass die Ziele der Charta von Paris nicht umgesetzt wurden und in Europa Sicherheitsdefizite bestehen - zustimmen. Fest steht aber auch, dass eine sicherheitspolitische Neugründung keine Chance auf Verwirklichung oder gar Erfolg hätte. Deswegen sollte man auf die bereits existierende europäische Sicherheitsarchitektur im Geflecht ineinandergreifender Institutionen (NATO, EU, OSZE) zurückgreifen. Dabei existiert in Gestalt der OSZE bereits ein institutioneller Rahmen, der geeignet ist, das legitime Interesse Russlands an einer gleichberechtigten Mitwirkung bei der Organisation der europäischen Sicherheit aufzunehmen. Als gesamteuropäische sicherheitspolitische Organisation wäre sie allerdings erst einmal wiederzubeleben.
Auch eine erneuerte OSZE kann und wird weder die EU noch die NATO ersetzen. Sie könnte aber Regeln und Verfahren fixieren, entlang derer sich auch diese beiden Organisationen bewegen, wenn sie über ihren Geltungsbereich hinausgreifen. In diesem Sinne wäre sie einerseits als europäische kollektive Sicherheitsorganisation zu konzipieren, andererseits aber auch als Organisation, die als Plattform für globales Handeln fungiert. Für beides gibt es eine ganze Reihe von durchaus harten Themen. Das betrifft nicht allein den Terrorismus. Eine stärkere Verantwortung der Regionalorganisationen kann auch dazu beitragen, die Vereinten Nationen zu entasten. Ersetzt werden können sie nicht! Es bleibt dabei, dass die letztendliche Verantwortung über Krieg und Frieden beim UN-Sicherheitsrat bleibt. Nur er kann internationale Kampf- und Friedenseinsätze völkerrechtlich legitimieren.
Der Georgienkrieg hat darüber hinaus deutlich gemacht, dass das Sezessionskonfliktmanagement und die Lösung der Spannung zwischen nationaler Selbstbestimmung und territorialer Integrität weder in Europa noch darüber hinaus ausgestanden sind. Es besteht also in der Tat Diskussionsbedarf über Mängel im europäischen Sicherheitssystem. Auch die Idee, hierfür eine gesamteuropäische Gipfelkonferenz abzuhalten, erscheint prinzipiell sinnvoll. Neben einer sicherheitspolitischen Revitalisierung der OSZE wäre auch eine verstärkte institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Russland und der Europäischen Union ein großer Gewinn für Europas Sicherheit.
Der Westen sollte jedenfalls die russischen Wünsche nach neuen Verhandlungen nicht per se zurückweisen, sondern als Chance begreifen, endlich die Schlüsselfrage nach der Rolle Russlands in Europa zu beantworten. Dafür müssen freilich zwei Voraussetzungen erfüllt sein, die es derzeit nicht gibt. 1: transatlantische Gemeinsamkeit im Umgang mit Russland und 2: eine wesentlich geschlossener auftretende und damit stärkere EU.
Als Fazit bleibt, dass ohne die Einbeziehung bestehender Bausteine jeder Reformansatz scheitern und genau das Gegenteil dessen erreichen würde, was beabsichtigt ist: Nämlich auf der Basis von Vertrauen und Sicherheitsgarantien die Errichtung einer gesamteuropäische Friedensordnung, welche die Spaltung Europas überwinden hilft. Im Idealfall könnte die von Medwedjew angeregte gesamteuropäische Sicherheitskonferenz in einen zweiten Gründungsakt (Helsinki II) und in eine sicherheitspolitisch operativ angereicherte neue Charta münden.
Literatur
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Hoyer, Werner (2009): Rede des Staatsministers im Auswärtigen Amt Dr. Werner Hoyer beim OSZE Ministerrat in Athen am 01.12.2009, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Presse/Reden/2009/09... (zuletzt aufgerufen am 26.1.2010).
Klein, Margarete (2010): "Neustart in den Beziehungen zwischen Russland und der Nato. Anlauf zur strategischen Partnerschaft?", SWP-Aktuell 1, Berlin: Januar 2010.
Klein, Margarete (2008): "Der russische Vorschlag für eine neue gesamteuropäische Sicherheitsordnung: ernst zu nehmender Vorschlag oder Spaltungsversuch?", in: Russlandanalysen Nr. 175, 12.12.2008, S. 9-13.
Medwedews Berliner Rede vom 5. Juni 2008 (englische Version) http://www.kremlin.ru/eng/speeches/2008/06/05/2203_type82912type82914typ...
Richter, Solveig; Zellner, Wolfgang (2008): "Ein neues Helsinki für die OSZE? Chancen für eine Wiederbelebung des europäischen Sicherheitsdialogs", SWP-Aktuell 81, Berlin: November 2008.
Schneider, Heinrich (2007): "Das "Europäische Sicherheitsmodell für das 21. Jahrhundert" - Eine unendliche Geschichte?", in: IFSH: OSZE-Jahrbuch 1997. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft; S. 241-264.
Spanger, Hans-Joachim (2009): "Moskauer Botschaften: Ambition und Reaktion eines unbequemen Partners", in: J. Hippler et al: Friedensgutachten 2009. Münster: LIT Verlag; S. 214-225.
Steinmeier, Frank-Walter (2008): "Partnerschaft wagen - für eine Erneuerung der Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.12.2008.