Die Rückkehr der „Geopolitik“

Europa und die Welt sind im Umbruch. Der alte chinesische Fluch „Mögest du in interessanten Zeiten leben“ ist wahr geworden. Wir erleben derzeit, wie eine neue globale Machtstruktur entsteht, in der die alten Gewissheiten über den Haufen geworfen werden. Wir befinden uns in einer Art „Interregnum" im Sinne des italienischen Kommunisten und Philosophen Antonio Gramsci, der damit eine Zeit beschrieb, in der die alten Regeln nicht mehr gelten, neue aber noch nicht gefunden sind. Die liberal-multilaterale Weltordnung, welche die letzten siebzig Jahre währte, zeigt deutliche Risse – ja sogar deren Ende rückt in den Bereich des Denkbaren. Statt eine neue globale Ordnung zu schaffen, in der Staaten gemeinsam die großen Probleme zu lösen versuchen, marschieren viele wichtigen Mächte zurück in die Welt des 19. Jahrhunderts. In dieser Welt der Nationalstaaten betreiben alte und neue Mächte offener denn je pure Interessenpolitik, getrieben von der Suche nach dem kurzfristigen ökonomischen oder machtpolitischen Vorteil. Nicht selten geht es ganz schlicht darum, sich und seine korrupte Clique an der Macht zu halten. Internationale Werte und die uneingeschränkte Gültigkeit von internationalen Abkommen werden zunehmend in Frage gestellt. Statt wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Verflechtung drohen Handelskriege und neue Aufrüstungsrunden.

Die internationale Ordnung ist derzeit weniger von Machtkonzentration als von Machtdiffusion geprägt. Während Russlands Macht nur noch dazu ausreicht, die internationale Ordnung mit offener Gewalt zu stören und Chinas Macht und Wille (noch!) nicht ausreichen, sie umfassend mitzugestalten, hat sich die einzige Macht, die dazu in der Lage wäre – die USA – unter Präsident Trump eine vierjährige Auszeit genommen. Inwieweit sie unter Präsident Biden dazu bereit sind, als Garantie- und Ordnungsmacht aufzutreten und öffentliche Güter bereitzustellen, bleibt abzuwarten. Ob die Europäische Union (EU) – angesichts der tiefen Krise, in der sie sich befindet – zusammen mit anderen liberalen Demokratien (Australien, Japan, Kanada, Mexiko) in einer „Allianz der Multilateralisten“ dieses Machtvakuum wird auffüllen können, bleibt abzuwarten.

Die Zeichen eines internationalen „Machtbebens“ sind unübersehbar: die Pandemie, die Klimakrise, die rivalisierenden Supermächte USA und China sowie der gegenwärtige völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine, der die europäische und internationale Sicherheitsordnung grundlegend verändert hat. Im Südchinesischen Meer und andernorts formuliert Peking seine Machtansprüche, während die USA und ihre Verbündeten in Afghanistan zuletzt schmerzlich ihre Machtlosigkeit vor Augen geführt bekamen. Die weltpolitischen Machtpole richten sich neu aus. Das Konzert der Großmächte diffundiert zwischen Konfrontation und Kooperation. Alte Bündnisse brechen auseinander, neue formieren sich.

Die Rückkehr der Geopolitik ist evident – auch wenn man das bedauern mag. Interessen-, Einflusssphären- und (auch militärische) Machtpolitik sind wieder auf dem Vormarsch – auch wenn sie natürlich nie gänzlich verschwunden waren. Die Grundlagen des transatlantischen Bündnisses wurden vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump offen in Frage gestellt und in der Ukraine-Krise, die zum offenen Krieg eskaliert ist, begräbt der russische Präsident Putin endgültig die Prinzipien der europäischen Friedenordnung und das nach dem 2. Weltkrieg geschaffene Völkerrecht, die er schon zuvor mehrfach verletzt hatte.

Macht – eine Frage der Definition

Vor einer Analyse der Machtverschiebungen in der Weltpolitik lohnt es sich, den vieldeutigen Begriff „Macht“ genauer unter die Lupe zu nehmen. „Macht“ ist ein zentraler und gleichzeitig schillernder und vielschichtiger Begriff, der nur schwer zu fassen ist und fälschlicherweise oft mit „Herrschaft“ gleichgesetzt wird. Es gibt Gestaltungsmacht und Verhinderungsmacht, weltliche Macht und klerikale Macht, hard power und soft power, reale Macht und moralische Macht, die Macht der Worte und die Macht der Straße. In der internationalen Politik wäre eine Welt ohne Macht und Mächte eine Illusion. Macht wird dort zumeist mit ökonomischer und militärischer Macht gleichgesetzt. Die entscheidenden Machtinsignien sind dabei gewöhnlich die Größe der Bevölkerung und des Territoriums, der Besitz von Rohstoffen, wirtschaftliche und militärische Stärke (und hier vor allem der Besitz von Nuklearwaffen) und nicht zuletzt ein stabiles politisches System. Einige davon sind unabdingbar, wie eine gewisse Größe des Territoriums und der Bevölkerung. So haben Luxemburg und die Schweiz, da es ihnen an beidem mangelt, trotz eines beeindruckenden BSP pro Kopf keine Chance, eine europäische „Großmacht“ zu werden. Ein gewisses Potenzial an „klassischen“ Machtinstrumenten muss also vorhanden sein, wenn ein Staat in seinem Umfeld – oder gar global – Macht ausüben will. Eine Welt ohne Macht – und Mächte – bleibt eine Illusion. Gleichwohl haben sich die Mittel und die Insignien der Mächte verändert. Macht kommt im 21. Jahrhundert nicht mehr (nur) aus Kanonenrohren. Die Antwort auf die Frage „wie viele Divisionen hat der Papst?“ lautet nach wie vor: keine. Gleichwohl verfügt er über (eine zwar stetig sinkende) Macht, auch wenn er militärisch nur seine Schweizergarde auf die Waage legen kann.

Dies führt zu einigen zentralen Fragen: Was ist Macht und wer verfügt über diese im 21. Jahrhundert? Welche Machtverschiebungen im internationalen Staatensystem sind zu beobachten? Welches sind die künftigen Welt- oder Regionalmächte? Welche befinden sich im (relativen) Auf- und welche im Abstieg? Die oft zitierte Definition Max Webers im § 16 der „Soziologischen Grundbegriffe“ lautet: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“[1]. Damit definiert er Machtausübung als individuelles Handeln, das zwar innerhalb einer sozialen Beziehung, jedoch nicht notwendigerweise innerhalb gesellschaftlicher Ordnungen stattfindet. Im Unterschied dazu setzt die Herrschaft, als „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“[2], das Bestehen einer legitimen, also als gültig anerkannten Ordnung voraus. Mit anderen Worten: Herrschaft ist ein durch das Bestehen einer solchen Ordnung gekennzeichneter Sonderfall von Macht.

Realismus und Idealismus: Hard Power vs. Soft Power

Ein Blick auf die zwei Großtheorien der internationalen Beziehungen „Idealismus“ und „Realismus“ verdeutlicht die unterschiedlichen Definitionen und Funktionszuschreibungen von Macht. Für die realistische Schule der Internationalen Beziehungen sind Staaten die zentralen Akteure und Macht das zentrale Ziel und Motiv jedweder Politik. Hans J. Morgenthau hat dies in seinem Klassiker „Macht und Frieden. Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik“ prägnant zusammengefasst: „Internationale Politik ist, wie alle Politik, ein Kampf um Macht. Wo immer die letzten Ziele der internationalen Politik liegen mögen, das unmittelbare Ziel ist stets die Macht.“[3] Und: „Macht kann alles umfassen, was die Beherrschung von Menschen durch Menschen bewirkt und erhält. Unter dem Begriff der Macht gehören alle gesellschaftlichen Beziehungen, die diesem Ziel dienen, von der physischen Gewaltanwendung bis zu den feinsten psychologischen Bindungen, durch die ein geistiger Wille einen anderen beherrschen kann.“[4]

Auch für die idealistische Schule ist der Staat als einheitlicher rationaler Akteur der Hauptträger internationaler Politik. Nicht nur darin, sondern auch in ihrer Prämisse der internationalen Anarchie knüpft diese damit an die klassischen realistischen Grundannahmen an. Das konstituierende Element der idealistisch-institutionalistischen Denkrichtung besteht jedoch darin, dass sie internationalen Institutionen einen von den staatlichen Akteuren relativ unabhängigen und damit relativ eigenständigen Stellenwert zuweist. Institutionen und internationale Regime sind somit ein mögliches und wichtiges Instrument, um die Anarchie im internationalen System zu lindern. Demgegenüber messen Realisten und Neorealisten internationalen Organisationen eine eher untergeordnete Bedeutung bei. Sie dienen entweder als Instrument hegemonialer Mächte zur Koordinierung eines von diesen dominierten Ordnungssystems oder zur Regelung eng begrenzter Kooperationsprobleme, jedenfalls fehlt ihnen die Akteursqualität. Philip Zelikow hat den neorealistischen Blick auf die Funktion von internationalen Institutionen am Beispiel der NATO in einem prägnanten Bild zusammengefasst, mit dem er zugleich die „Institutionengläubigkeit“ der Idealisten ironisiert: „No one who walked past a neighbour’s house and saw a visiting car parked in the drive would say‚ look dear, a Chevrolet is visiting the Bensons tonight’. NATO may be the vehicle (…), but NATO is not the driver.”[5]

Idealisten unterschätzen zumeist die Tatsache, dass Institutionen nicht nur als „Arenen“ der Kooperation, sondern auch der Konfrontation nutzbar sind. Allgemein bleibt auffällig, dass in idealistischen Analysen in erster Linie „positive“ Wandlungs- und Lernprozesse abgehandelt werden. „Negative“ Prozesse, das heißt etwa die Fälle, in denen Institutionen wie die NATO beispielsweise von den USA zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen ohne Konsultation der Verbündeten instrumentalisiert wurden, werden von dieser Denkrichtung zumeist nicht berücksichtigt. Überspitzt könnte man formulieren, dass Realisten in der internationalen Politik in erster Linie Kampf und Konfrontation sehen, während Idealisten primär Harmonie und Kooperation wahrnehmen (wollen).[6]

Einer der einflussreichsten Vertreter der idealistisch-institutionalistischen Schule ist sicherlich Joseph Nye. Er definiert Macht als die Fähigkeit, die Ergebnisse zu erreichen, die man beabsichtigt oder, wenn notwendig, das Verhalten anderer zu ändern, um diese zu erreichen. Nye nennt diese Fähigkeit „soft power“. Auch für ihn zählen das Militär und die Wirtschaft, die auch die Basis für einen starken Militärapparat ist, zu den Elementen der hard power. Aber er war gleichzeitig derjenige, der wie kein anderer darauf hinwies, wie sehr Elemente von soft power für den Erhalt und den Ausbau von Machtpositionen notwendig sind. Soft power entspringt aus den Werten eines Landes, aus seiner attraktiven Kultur, seinen Institutionen, seiner Offenheit und seiner Innovationskraft. Vor allem aber ermöglicht soft power die indirekte Machtausübung mit langfristiger Wirkung. Sie erreicht ihre Ziele, weil andere Länder ihr folgen wollen, weil sie die gleichen Werte, die gleiche kulturelle Anziehungskraft und die gleiche Prosperität erreichen wollen. Weil sie sich bevorzugt mit einem Staat verbünden, von dem sie nicht erwarten müssen, dass er Gefolgschaft notfalls militärisch erzwingt. Andere dazu zu bewegen, das tun zu wollen, was man selbst will – das ist in der Definition von Joseph Nye soft power.[7] Die Folge kann, wie im Fall der USA im atlantischen Raum, ein „Empire by Invitation[8] sein. Zwang oder militärische Gewalt erübrigt sich, Führung wird akzeptiert: Das war der große Unterschied zwischen der Pax Americana und der gewaltsamen Beherrschung des sowjetischen Machtbereichs. In der weichen Macht der Vereinigten Staaten liegt auch begründet, dass bis heute der amerikanische Einfluss ungebrochen ist, auch wenn er in den zwei Amtszeiten von Präsident George W. Bush und insbesondere unter Donald Trump erheblich gelitten hat.

Zu den wichtigsten Machtressourcen eines Landes in der internationalen Politik gehört ohne Zweifel wirtschaftliche Prosperität. Ohne eine entsprechende wirtschaftliche Basis steht auch der Militärapparat auf tönernen Füßen. In diktatorischen Systemen können Gesellschaften lange Zeit ökonomisch für den Militärapparat ausgebeutet werden, wie die Beispiele Sowjetunion und Nordkorea zeigen. Aber auch hier sind Grenzen gesetzt. Die sowjetische Macht beruhte ausschließlich auf der Basis eines starken Militärs und militärischer Rüstung. Sie beherrschte den Raum des eigenen Imperiums durch Stationierung ihrer Truppen oder durch Interventionen (Ungarn 1956, Prag 1968) und Interventionsdrohungen (Breschnew-Doktrin der eingeschränkten Souveränität im sowjetischen Herrschaftsbereich). Leider hat Russland die Chancen, die es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte, nicht genutzt. Es ist nach wie vor in erster Linie eine militärische und eine Rohstoffmacht. Und letztere wird perspektivisch mit dem Ende des fossilen Zeitalters immer stärker schrumpfen. China hingegen ist zur Digital-Autokratie geworden.

Vom unipolaren Moment zur Rückkehr der (ökonomischen) Geopolitik – Machtverschiebungen im 21. Jahrhundert

In den internationalen Beziehungen war man Jahrhunderte lang daran gewöhnt, Macht und Machtausübung auf Staaten zu beziehen. Technologische Entwicklungen und die Verflechtungen der globalisierten Welt geben jedoch zunehmend auch nichtstaatlichen Gruppen, Netzwerken oder gar einzelnen Personen die Möglichkeit, transnational Macht auszuüben. Die Verflechtungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben zur Folge, dass sich die neuen Herausforderungen nicht mehr auf einzelne Staaten oder Regionen begrenzen lassen. Transnational organisierte und international agierende Terrorgruppen wie Al Qaida oder der IS zeigen dies eindrucksvoll. Das internationale System des 21. Jahrhunderts unterscheidet sich in einer Vielzahl von Aspekten radikal von dem des 20. Jahrhunderts. Neben Staaten haben eine Reihe machtvoller nicht staatlicher Akteure die Bühne betreten und die Machtarithmetik einschneidend verändert.

Als Weltmacht bezeichnet man eine etablierte Macht, die die bestehende Ordnung aufrechterhält, wie es Großbritannien in der Ära des Britischen Imperiums und die USA und die Sowjetunion während der Zeit des Ost-West-Konflikts taten. Diese Ära der Doppelhegemonie ging zu Ende, als die Sowjetunion 1991 zusammenbrach. Man kann diese Implosion als Folge „imperialer Überdehnung“ interpretieren, ein Schicksal, das der Historiker Paul Kennedy allen Großreichen vorhersagte: Große Mächte würden sich ausdehnen, bis die Kosten der Aufrechterhaltung des Reiches irgendwann die ökonomischen Möglichkeiten übersteigen. In der Spätphase der Sowjetunion war dieser Prozess unübersehbar.[9]

Auf die duale Ordnung der Nachkriegszeit folgte nun eine Phase westlicher Dominanz. In den 1990er-Jahren erlebten die USA ihren „unipolaren Moment“[10] als einzig verbliebene Weltordnungsmacht, doch dieser Zustand endete spätestens 2001 mit den Terroranschlägen auf die Zwillingstürme des World Trade Center und das Pentagon. Die kosten- und verlustreichen Kriege im Irak und in Afghanistan sowie der „Krieg gegen den Terror“ trugen maßgeblich zum Macht- und Ansehensverlust der Vereinigten Staaten bei, der während der Präsidentschaft von Donald Trump seinen traurigen Höhepunkt erreichte. Die Finanz-, die Euro- und die Flüchtlingskrise zeigten schonungslos die Schwächen des westlichen Modells auf.

Aus dem unipolaren Moment wurde das Zeitalter der Multipolarität mit den Machtpolen USA – China – EU und Russland.[11] Im Vergleich zur statischen, auf Räume fixierten Geopolitik der Vergangenheit ist die Geopolitik unserer Zeit zugleich auch eine viel dynamischere Geoökonomie. In der Welt von heute werden Konflikte weniger militärisch als durch den Einsatz wirtschaftlicher, technologisch-digitaler und finanzieller Machtinstrumente ausgetragen.

Eines steht jedenfalls fest: Der Versuch der Schaffung einer globalen regelbasierten und „werteorientierten“ internationalen Ordnung nach dem Vorbild der liberalen Demokratien ist vorläufig gescheitert. Statt dem „Ende der Geschichte“[12] erleben wir die Rückkehr der Großmachtpolitik und der Interessensphären. Der Anspruch des Westens wurde und wird von vielen als Hybris wahrgenommen. Dazu trugen nicht nur die im Großen und Ganzen gescheiterten „humanitären Interventionen“ in den 1990er-Jahren bei, sondern auch die Tatsache, dass der Westen seinen eigenen hehren Zielen nicht gerecht wurde. Guantanamo, der Irakkrieg und Abu Ghraib sind dafür Chiffren. Der Ansehensverlust der USA gipfelte in dem Sturm auf das Kapitol vom Januar 2021.

Chinas ökonomischer Aufstieg ist die bedeutendste geopolitische Entwicklung des 21. Jahrhunderts. Im chinesischen Bewusstsein ist das Wiedererstarken der größten und ältesten Kultur der Welt geradezu zwangsläufig. Das Land beendet damit endgültig eine 150-jährige Phase der Schwäche und der Demütigungen und nimmt den ihm vorbestimmten Platz in der Geschichte wieder ein. Peking möchte in der Lage sein, die Welt des 21. Jahrhunderts so zu gestalten, wie es der Westen im 20. Jahrhundert getan hat. Im Systemkonflikt zwischen der „alten“ Weltmacht USA und der aufstrebenden Weltmacht China geht es auch darum, welches Gesellschaftsmodell die Oberhand behalten wird – die liberalen Demokratien mit ihren offenen Gesellschaften und Marktwirtschaften oder das autoritäre China und die autokratischen Gesellschaften. Der für unvermeidlich gehaltene Siegeszug der Demokratien ist jedenfalls vorerst gestoppt. Demokratien geraten immer stärker unter Druck, wie der neue „Demokratie-Index“ der Denkfabrik Economist Intelligence Unit[13] bestätigt. Demnach lebt nur noch weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung in demokratischen Ländern. Mehr als ein Drittel wird dagegen autoritär regiert. Der Ausgang dieses Systemkonfliktes zwischen Demokratie und Autokratie, der teilweise auch innerhalb der EU stattfindet (Ungarn, Polen) wird über die Zukunft der neuen Weltordnung entscheiden. Wird sich die regelbasierte liberale Ordnung mit garantierten Grundrechten und unabhängigen Gerichten und offenen Gesellschaften durchsetzen oder werden die staatszentrierten autoritären Systeme und Überwachungsstaaten die Oberhand gewinnen?

Macht und Gegenmacht: Der sino-amerikanische Systemkonflikt

Mit dem Aufstieg Chinas zur globalen Weltmacht des 21. Jahrhunderts wird sich die Welt grundsätzlich ändern. Die neue Weltordnung wird eine multipolare und maßgeblich vom US-amerikanisch-chinesischen Dualismus und den unterschiedlich erfolgreichen Versuchen von Russland, Indien, der Türkei, Iran und Saudi-Arabien, sich in ihrem Umfeld als regionale Vormächte zu etablieren, geprägt sein. Allerlei Mächte fühlen sich nun stark genug, ihren eigenen Vorteil zu suchen und ihre Einflusszonen zu vergrößern.

Es steht außer Frage, dass China eine zunehmend selbstbewusste und aggressive Außenpolitik betreibt und militärisch stark aufrüstet. Etwas weniger Alarmismus in Bezug auf Peking wäre allerdings angebracht. Die USA geben immer noch drei Mal so viel für ihre Streitkräfte aus als China und die NATO ist für fast 60 Prozent der weltweiten Militärausgaben verantwortlich.[14] Festzuhalten bleibt zudem, dass der wirtschaftliche Aufstieg Chinas bei weitem nicht so unaufhaltsam ist, wie er scheint, insbesondere die Entwicklung der Produktivität bleibt dauerhaft schwach. Zudem scheint Präsident Xi seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie endgültig den Weg zu verfolgen, China von der Weltwirtschaft abzukoppeln.[15] Die USA sind China in nahezu allen Belangen überlegen – wirtschaftlich, technologisch, kulturell und militärisch sowieso. Seit der Ein-Kind-Politik verzeichnet China zudem einem massiven Rückgang seiner Geburtenrate – 2020 um 18 Prozent. Der australische ehemalige Premier Kevin Rudd fasste diese Entwicklung in dem treffenden Satz zusammen: “Ihre größte Angst besteht darin, dass China alt wird, bevor es reich und mächtig geworden ist.“ Das Land sieht sich also nicht nur mit einer großen Zukunft, sondern auch mit großen Problemen konfrontiert.

Der Aufstieg Chinas führt in seiner Nachbarschaft zu zwei sehr unterschiedliche Reaktionen, die man in der Theorie der internationalen Politik mit den Begriffen „bandwagoning“ (Geleitzug-Effekt) und „balancing“ (Gegenmachtbildung) bezeichnet.[16] Beim bandwagoning schließen sich kleinere Staaten der aufstrebenden Führungsmacht an, um von ihrem Schutz zu profitieren und gleichzeitig in ihrem Fahrwasser mit voranzukommen. So hat sich Pakistan, das einen starken Verbündeten gegen den feindlichen Nachbarn Indien braucht, in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Klientelstaat Chinas entwickelt, und auch Länder wie Sri Lanka oder die Philippinen suchen wirtschaftlich oder strategisch die Nähe Pekings.

Die andere Reaktion auf den Aufstieg einer hegemonialen Macht ist das Prinzip der Gegenmachtbildung (balancing). Das selbstbewusste und zunehmend aggressivere Auftreten Pekings führt in seiner unmittelbaren Nachbarschaft dazu, dass sich besorgte und sich bedroht fühlende Anrainerstaaten zusammenschließen und Unterstützung bei geografisch entfernten, aber an der Region interessierten und involvierten Großmächten suchen. Im süd-asiatischen und indo-pazifischen Raum sind dies die USA. Das amerikanische Indopazifik-Kommando mit seinem Hauptquartier in Hawaii verfügt über rund 200 Kriegsschiffe, darunter fünf Flugzeugträger, in Japan und Südkorea sind zehntausende US-Soldaten stationiert, und mit der Insel Guam besitzen die Vereinigten Staaten eine Operationsbasis im Westpazifik. Doch auch europäische Mächte sind, lange nach dem Ende der Kolonialzeit, in Asien immer noch mit Überseebesitzungen präsent wie die Briten auf dem Atoll Diego Garcia im Indischen Ozean und die Franzosen im Pazifik in Neukaledonien und Französisch-Polynesien.[17]

Der „Indopazifik“ ist eine Schlüsselregion, in der mehr als die Hälfte der Menschheit lebt, die wirtschaftlich hochdynamisch ist und über deren Seewege ein Großteil des globalen Handels verschifft wird. Dort prallen nicht nur die Interessen der beiden Supermächte USA und China aufeinander, zugleich kollidieren Gebietsansprüche bedeutender Regionalmächte und es „köcheln“ mehrere ungelöste Konflikte. Kein einzelner Staat und kein Militärbündnis hat diese Region je vollständig kontrolliert. Am nächsten kam diesem Ziel das japanische Kaiserreich im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die USA nicht nur in Europa, sondern auch in Südostasien als Ordnungsmacht etabliert. Unter der „Pax Americana“ wurden auch hier frühere Kriegsgegner zu Verbündeten, Diktaturen zu Demokratien und Armenhäuser zu wohlhabenden Staaten, von Japan und Südkorea über Taiwan, Malaysia bis Singapur, ja selbst Vietnam. Ziel Washingtons ist es, diese Nachkriegsordnung zu bewahren und sich als „pazifische Macht“ zu behaupten – zurzeit vor allem militärisch, durch Marinepatrouillen und eine Aufstockung der Truppenpräsenz in der Region, künftig aber auch wieder stärker mittels politischer Bündnisse, Wirtschaftspartnerschaften und technologischer Zusammenarbeit.

Nach Barack Obama, der einst die Hinwendung zum Pazifik (Pivot to Asia) ausrief, und Donald Trump, der China zum Hauptgegner erklärte, ist Joe Biden der dritte US-Präsident, der eine Strategie für den Pazifik veröffentlicht.[18] Die USA wollen darin „Aggression“ und „Zwang“ durch China entgegentreten – und zwar vor allem, indem sie ihre Allianzen in der Region stärken, militärisch wie wirtschaftlich. Man wolle die „strategische Umgebung“ verändern, in der China operiere, sowie „die Einflussnahme ausgleichen“. Dazu gehört der Plan, Indien ökonomisch und politisch zu einem Rivalen Chinas aufzubauen, sowie eine Allianz zwischen Japan und Südkorea zu schmieden, aber auch das Militärbündnis AUKUS.

Bidens China-Politik unterscheidet sich nicht allzu sehr von der Trumps. So hat er das Verbot der Zusammenarbeit mit dem Internetausrüster Huawei und anderen Technologiefirmen aufrechterhalten und verstärkt, er hat Sanktionen gegen weitere chinesische Funktionäre verhängt und im Hinblick auf die Uiguren auch den Genozid-Vorwurf aufrechterhalten. Auch Präsident Biden ist fest entschlossen, Xi Jinpings Weltführungsambitionen Grenzen zu setzen. Ein Unterschied fällt allerdings ins Auge: Die China-Politik der Vereinigten Staaten wird nicht mehr mit dem irrlichternden Bombast seines sprunghaften Vorgängers verfochten, sondern sie hat sich zur stringenten Doktrin verdichtet. Nirgendwo sind das Ausmaß und die weitreichenden Folgen eines militärischen Zusammenstoßes größer als in Taiwan. Joe Biden hat wiederholt bekräftigt, die USA würden den Inselstaat im Falle eines chinesischen Angriffs „verteidigen“. Aus Chinas Sicht ist dies eine empörende Einmischung in seine inneren Angelegenheiten.

Der trilaterale Sicherheitspakt AUKUS, den US-Präsident Biden, der britische Premierminister Boris Johnson und der australische Premierminister Scott Morrison am 16. September 2021 bekannt gaben, stellt das jüngste Beispiel von Gegenmachtbildung gegen den chinesischen Einfluss dar. Konkreter Kern der Vereinbarung ist die amerikanisch-britische Zusage, Australien die Beschaffung von atomgetriebenen U-Booten zu ermöglichen. Dies wiederum erboste Frankreich so sehr, dass es einen schon länger bestehenden Liefervertrag für U-Boote mit Dieselmotor aufkündigte. Australien ist traditionell ohnehin ein nicht nur militärisch enger Verbündeter der USA. In den vergangenen Jahren hat es jedoch zugleich als Rohstoffexporteur ökonomisch enorm vom chinesischen Industriewachstum profitiert, was auch politische Abhängigkeiten mit sich brachte. AUKUS, das von einigen schon als Kern einer „pazifischen NATO“ bezeichnet wurde, verdeutlicht, dass die Regierung in Canberra China in erster Linie als Sicherheitsrisiko sieht – und sich daher der Eindämmungspolitik anschließt, die offenbar zum Markenzeichen der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden werden soll.

In Peking hegt man schon seit langem den Verdacht, dass die USA und ihre Verbündeten China einkreisen wollen. Der Blick auf die asiatische Mächte- und Beziehungsgeografie und die oben beschriebene Eindämmungspolitik Washingtons zeigen, dass man auf diesen Gedanken durchaus kommen kann. Allerdings stellt sich umgekehrt die Frage, warum es China – ebenso wie Russland in Europa – offenkundig so schwerfällt, eigene Allianzen und Kooperationen aufzubauen. Es ist weit davon entfernt, ein Bündnissystem zu schaffen, wie es die Vereinigten Staaten nach 1945 errichtet haben. China mag zwar immer mächtiger werden, aber es bleibt eine Macht ohne Freunde. Ein Schicksal, das es mit Putins Russland teilt.

Die russische Herausforderung – Jalta oder Helsinki?

Die atomare Super- und Rohstoffgroßmacht Russland hat seit 1989 kontinuierlich an Einfluss in Europa verloren und ist zunehmend auf die Rolle eines Energielieferanten reduziert worden. An dieser Entwicklung trägt Moskau allerdings die Hauptschuld, weil es versäumt hat, seine Wirtschaft zu diversifizieren und das Land den Oligarchen ausgeliefert hat. Nach dem Chaos der Jelzin-Jahre schmiedete Putin ein Bündnis zwischen den alten und neuen wirtschaftlichen Eliten des Landes. Die einen nahmen sich den Staat zur Beute, die anderen durften sich – solange sie wie Chodorkowski nicht zu mächtig wurden – die Rohstoffe des Landes unter den Nagel reißen. Das Ergebnis ist eine Ökonomie, die vollständig von den aktuellen Rohstoffpreisen abhängig ist und die ihre politische Legitimation daraus schöpft, dass sie durch kriegerische Interventionen in der unmittelbaren Nachbarschaft oder in Syrien und Bedrohungs- und Einkreisungsszenarien den russischen Nationalismus schürt.

Da Russland weder wirtschaftlich noch politisch attraktiv ist, bleiben Putin nur das Militär und seine Rohstoffe. Mit diesen beiden „Waffen“ versucht er, das Land wieder als eine europäische Großmacht zu etablieren. In der Russland-Ukraine-Krise kommen beide „Waffen“ zum Einsatz. Trotz aller internationalen Vermittlungsbemühungen und Gesprächsangebote hat Präsident Putin am 22. Februar 2022 erneut das Völkerrecht gebrochen und die Integrität und Souveränität der Ukraine missachtet. Mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ostukraine und der Anerkennung der Unabhängigkeit der prorussischen, „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk ist das Minsker Abkommen endgültig gescheitert. Die Chancen für eine diplomatische Lösung müssen weiter genutzt werden, es steht jedoch zu befürchten, dass uns in Osteuropa Wochen und Monate einer langanhaltenden geopolitischen Krise bevorstehen.  

Der russische Präsident stellt die europäische Sicherheitsarchitektur insgesamt in Frage. Russland ist endgültig zur revisionistischen Macht geworden (Kissinger). Putin schwebt offenbar eine Art „Sowjetunion light“ vor. Belarus hat er de facto bereits einverleibt. Kasachstan steht kurz davor. Wenn er sich nun das ukrainische „Brudervolk“ einverleibt, hat er die drei flächenmäßig größten ehemaligen Sowjetrepubliken wieder in den russischen Herrschaftsbereich integriert. Das Europa, das Putin vorschwebt, wäre ein Europa, in dem die Großmächte Interessens- und Einflusssphären auf Kosten der kleineren Staaten in Mittel- und Osteuropa abstecken – ein Jalta II.

Dies ist inakzeptabel. Ziel muss es sein, durch einen Konferenzprozess, eine Art Helsinki 2.0., eine neue europäischen Sicherheitsarchitektur mit klaren Regeln, Sicherheitsgarantien und gegenseitigen vertrauensbildenden Maßnahmen im Rahmen der OSZE zu schaffen. Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die durch die USA, die NATO und auch durch die Europäische Union angeboten werden können: weitere Abrüstungsmaßnahmen in Europa, ein Truppenrückzug auf beiden Seiten, der Verzicht auf die Stationierung von Trägersystemen für nicht nukleare und nukleare Waffen, gegenseitige Informationspflichten und Besuchsrechte für militärische Einrichtungen, Truppenbewegungen und Manöver und anderes mehr. Vieles davon ist bereits in der NATO-Russland-Grundakte von 1997 angelegt. Die Instrumente sind vorhanden, sie müssen nur genutzt und wieder in Kraft gesetzt werden.

Die Prinzipien des Dekalogs der Schlussakte von Helsinki (1975), der Charta von Paris (1990) und des Budapester Memorandums (1994) sind dabei nicht verhandelbar – vorneweg die Unverletzbarkeit der Grenzen und die freie Bündniswahl. Auch Russland hat sich einst in diesen Verträgen zu diesen Prinzipien bekannt. Wladimir Putin stellt all diese Prinzipien infrage. Er versucht, den Westen zu spalten, er verrückt die Grenzen der Ukraine, und er beharrt auf einer Einflusssphäre in Ostmitteleuropa. Dabei erreicht er das Gegenteil von alldem. Der Westen ist geeint wie nie; die „hirntote“ NATO lebendiger und geschlossener denn je; Finnland und Schweden überdenken ihre Neutralität; die Ukraine wird endgültig in die Arme des Westens getrieben und Europa wird sich in Zukunft unabhängiger von russischen Energielieferungen machen. Mit anderen Worten: Der Kreml führt durch sein Verhalten genau das Szenario herbei, das er stets verhindern wollte: Eine geeinte EU und eine geeinte NATO, ein breites Bündnis zur Einhegung russischer Macht

China und Russland – zwei Mächte ohne Freunde

Im Zuge der Verschärfung der Russland-Ukraine-Krise haben Xi und Putin anlässlich ihres Treffens zur Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Peking am 4. Februar 2022 eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, „die die gemeinsamen Ansichten Russlands und Chinas in wichtigen globalen Problemen, einschließlich Sicherheitsfragen, reflektiert“ und in der eine weitere Ausweitung der NATO nach Osten abgelehnt wird[19]. Es gibt derzeit viele Signale der Annäherung und Einigkeit zwischen Russland und China, aber tatsächlich ist das Verhältnis nicht ganz so harmonisch, wie man der Welt glauben machen will. China und Russland haben zwar ähnliche Vorstellungen zu Fragen der internationalen Politik, sind aber auch Konkurrenten, insbesondere in Zentralasien, wo China seinen Einfluss kontinuierlich ausdehnt. Peking hat den Ländern dort wirtschaftlich wesentlich mehr zu bieten als Moskau, das sich in einer Partnerschaft über kurz oder lang bald als „Juniorpartner“ wiederfinden könnte – eine Rolle, die es auch im Verhältnis zum Westen nie akzeptiert hat. China und Russland befinden sich beide derzeit auf dem Weg in die Selbstisolation und streben gleichzeitig nach Macht und Dominanz. 

Beide kämpfen um Einflusszonen, China im Indopazifik, Russland in Osteuropa. Die Konflikte im Indischen Ozean und im südchinesischen Meer, ebenso wie die Annexion der Krim 2014, der russisch-georgische Krieg 2007, die frozen conflicts in den sowjetischen Nachfolgestaaten über Transnistrien und Nagorny-Karabach bis hin zur jüngsten Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt, der auch ein Kampf um die Reichweite von Einflusszonen und deren legitimatorische Begründung ist, zeigen eindrücklich, dass wir uns längst wieder in einer Weltordnung mit massiven Einflusszonen-Konflikten befinden.[20] Das mag man von deutscher und europäischer Seite aus bedauern, man muss sich gleichwohl dazu verhalten.

Die EU im Konzert der Mächte – eigenständiger Machtpol oder Spielball geopolitischer Großmachtrivalität?

Die EU kann im Konzert der Mächte in Zukunft nur bestehen, wenn sie mit einer Stimme spricht und der Rückkehr der Geopolitik, der Einflusssphären und der protektionistischen Wirtschaftsblöcke ihr eigenes Modell gegenüberstellt. China ist für die EU nicht nur ein Kooperationspartner, sondern zugleich ein wirtschaftlicher Konkurrent und ein ideologischer Systemrivale.[21] Es stehen zwei verschiedene Modelle im Wettbewerb: das westliche Modell eines demokratischen Rechtsstaats mit freier und sozialer Marktwirtschaft und das chinesische Modell eines autoritären Staatskapitalismus. Wertekonflikte bestehen vor allem in den Bereichen Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Bereits in der Globalen Strategie von 2016 formulierte die EU das Ziel, mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit zu übernehmen und die EU zu einem glaubwürdigen Akteur in der internationalen Sicherheitspolitik zu machen.[22] Donald Trump und der Brexit fungierten ungewollt als Katalysator für dieses Ziel. Der Satz von Angela Merkel, „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, sind ein Stück vorbei“ zeigt, dass auch Deutschland erkannt hat, dass an mehr europäischer Unabhängigkeit und Eigenständigkeit kein Weg vorbeiführt. Zunächst wurde das Konzept der strategischen Autonomie vor allem für das Feld der Außen- und Verteidigungspolitik verwendet. Mit der Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO/Permanent Structured Co-operation) sollten auf Grundlage des Lissabonner Vertrages willige Staaten in der Verteidigungspolitik enger zusammenarbeiten.[23] Der „Strategische Kompass“, der im März 2022 während der französischen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen und angenommen werden soll, soll eine gemeinsame „strategische Vision“ mit den vier Körben Krisenmanagement, Resilienz, Fähigkeiten und Partnerschaften formulieren. Der strategische Kompass soll die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union (GSVP) stärken, die EU handlungsfähiger machen und definieren, was die EU leisten kann und soll – und was nicht.

Europa muss sich in Zukunft nicht nur ganz aktuell gegen Russland und gegen China, sondern auch gegenüber den USA behaupten. Gleichzeitig sollte es sich, trotz des gemeinsamen Wertefundaments mit den USA, nicht in den US-amerikanisch-chinesischen Hegemonialkonflikt hineinziehen lassen, sondern vielmehr, zusammen mit den USA und China, alles dafür tun, um den freien Welthandel zu retten und das Denken in Nullsummenspielen zu überwinden. Es kann weder im deutschen noch im europäischen Interesse liegen, dass die Welt künftig in drei konkurrierende Wirtschaftsblöcke (USA, China, Europa) und ihre jeweiligen Peripherien zerfällt. Zudem ist völlig offen, ob die transatlantische Rückkehr der USA von Dauer ist. Was nach Präsident Biden kommt, kann keiner sagen.

Im Verhältnis zu den USA und China sollte sich die EU weder von Äquidistanz[24] noch von blinder Gefolgschaft leiten lassen. Darüber hinaus aber muss sich „der Westen“ insgesamt Klarheit über seine Haltung zu China verschaffen. Wie kann man den Wirtschafts- und Handelspartner zu fairen Praktiken auf der Grundlage der Gleichberechtigung bringen – insbesondere beim Patentschutz, bei Auslandsinvestitionen und bei Exportbeschränkungen. Wie soll die EU auf das chinesische Vordringen in den Balkan und die Einmischung in die EU-Politik reagieren? Hat die NATO wirklich im Indopazifik eine Rolle zu spielen? Und ist die Biden-Doktrin, die auf Entkoppelung und Konfrontation hinausläuft, tatsächlich eine realistische Option, wo doch überall sicherheitspolitische und wirtschaftspolitische Interessen durcheinandergehen? Europa muss vermeiden, in eine Position einseitiger Abhängigkeit zu geraten. Dieser Hegemonialkonflikt zeigt sich am Entstehen voneinander getrennter US-amerikanischer und chinesischer Wirtschafts- und Technologiesphären. Sollte sich eine solche Entwicklung dennoch nicht vermeiden lassen, ist es umso wichtiger, die eigenen wirtschaftlichen, technologischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten zu stärken und damit die strategische Autonomie Europas zu vergrößern. Die transatlantische Werte- und Sicherheitsgemeinschaft bleibt auch in Zukunft ein zentraler Anker, Europa muss aber lernen, seine eigenen Interessen gegenüber China, aber auch gegenüber den USA und Russland effektiver zu vertreten.[25]

Darüber hinaus muss die WTO dringend reformiert und modernisiert werden. Gerade vor dem Hintergrund sich verändernder globaler Kräfteverhältnisse und eines aufkommenden Protektionismus brauchen wir ein berechenbares und faires multilaterales Welthandelssystem. Die Pandemie hat die Verletzlichkeit unserer Wirtschaft durch die Abhängigkeit von globalen Lieferketten gezeigt und die eigene Versorgungssicherheit wieder in den Fokus gerückt. Die intensive wirtschaftliche Verflechtung mit China sollte deshalb auf den Prüfstand gestellt und die Abhängigkeiten von Peking verringert werden.[26]

Ein starkes und souveränes Europa muss im Wettbewerb mit China und anderen Großmächten bestehen, und zugleich die Partnerschaft auf Augenhöhe mit Peking gestalten. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die EU mit einer Stimme spricht und sich in einem schwieriger werdenden geopolitischen Umfeld nicht auseinanderdividieren lässt. Ziel muss die Stärkung der Souveränität Europas unter dem Grundprinzip „Wo möglich öffnen, wo nötig schützen“ sein. Ob die Entsendung europäischer Marineeinheiten in den Indopazifik sinnvoll ist oder gar China beeindruckt, darf bezweifelt werden. Es wäre vernünftiger, wenn sich die EU für die Einrichtung von Rüstungskontrollforen einsetzen würde. Wir benötigen nach wie vor die Unterstützung Pekings bei den globalen Menschheitsfragen wie der Bekämpfung des Klimawandels aber auch ganz konkret bei der Einhegung regionaler Kriege. Nichtsdestotrotz sollte die EU Solidarität mit befreundeten und verbündeten Ländern zeigen, die Chinas aggressive Außenpolitik zu spüren bekommen, wie Australien bei der Pandemie oder Norwegen bei der Verteidigung der Menschenrechte.  

Angesichts der tiefgreifenden geostrategischen Verschiebungen und geopolitischen Verwerfungen wird sich der „Westen“ nur behaupten können, wenn er geschlossen auftritt und sich nicht über Gaslieferungen oder potenzielle Absatzmärkte gegeneinander ausspielen lässt. Es geht nicht mehr nur ums Geschäft, sondern inzwischen auch um Selbstbehauptung nach innen wie nach außen. Es reicht nicht aus, die Prinzipien einer regelbasierten kooperativen Weltordnung wie eine Monstranz vor sich herzutragen. Die liberalen Demokratien müssen im Zweifel auch bereit sein, diese zu schützen und gegebenenfalls auch militärische Fähigkeiten zu bündeln. Für eine friedliche Gestaltung der internationalen Beziehungen wird es entscheidend sein, dass sich die letzte Supermacht USA, die neue Weltmacht China und die moderne Weltmacht EU auf eine kooperative Gestaltung einer Weltordnung werden verständigen können. Es geht um nicht weniger als um die Zukunft des auf Regeln basierenden internationalen Systems, das über 75 Jahre Freiheit, Frieden und Wohlstand für Europa und weite Teile der Welt gebracht hat.

 

Literatur:

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[1] Max Weber. Soziologische Grundbegriffe, S. 1–30 in: ders., Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen: Mohr Verlag, 1980, S. 28.

[2] Weber, Soziologische Grundbegriffe, 28.

[3] Morgenthau, Hans J. Macht und Frieden. Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik. Gütersloh: Bertelsmann, 1963.

[4] Morgenthau, Macht und Frieden, 55.

[5] Philip Zelikow, „The Masque of Institutions”, Survival 38, no. 1 (1996): 8.

[6] Vgl. auch Ulrich Menzel, Zwischen Idealismus und Realismus. Die Lehre von den Internationalen Beziehungen (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2001).

[7] Joseph Nye hat den Begriff Soft Power in seiner 1990 erschienenen Monografie Bound to Lead: The Changing Nature of American Power (New York: Basic Books, 1990) eingeführt und in seinem 2004 erschienenen Buch Soft Power: The Means to Success in World Politics (New York: Public Affairs, 2004) weiterentwickelt.

[8] Geir Lundestad, „‚Empire by Invitation’ in the American Century”, Diplomatic History 23, no. 2 (April 1999): 189–217.

[9] Vgl. hierzu Ulrich Menzel, Die Ordnung der Welt (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2015) sowie Paul Kennedy, Aufstieg und Fall der großen Mächte. Ökonomischer Wandel und militärischer Konflikt von 1500 bis 2000 (Frankfurt a. M.: S. Fischer, 1989). Im ökonomischen und militärischen Wandel der Jahrhunderte sieht Kennedy ein gleichbleibendes Muster: Aufstieg, Überdehnung, Erschöpfung, Abstieg – von den Spaniern und Portugiesen, den Habsburgern über Frankreich und dem britischen Empire bis zur UdSSR und den Vereinigten Staaten an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.

[10] Charles Krauthammer, „The Unipolar Moment”, Foreign Affairs 70, no. 1 (1990/1991): 23–33.

[11] Richard N. Haass stellte in seinem Essay für Foreign Policy gar die These auf, dass wir in einem Jahrhundert der Nichtpolarität leben. Dies bedeute, dass die Nationalstaaten ihr Machtmonopol verloren hätten und zunehmend Konkurrenz von oben (regionale und globale zwischenstaatliche Organisationen), von unten (z.B. Milizen) und von der Seite (NGOs und multinationale Unternehmen) bekämen. Von klassischer Multipolarität könne daher keine Rede mehr sein, da es fortan diverse Machtzentren, zahlreiche Akteure und eine eher breite statt konzentrierte Machtverteilung gebe; Vgl. Richard N. Haass, „The Age of Nonpolarity. What Will Follow U.S. Dominance”, Foreign Affairs 87, no. 3 (May/June 2008): 44–56.

[12] Francis Fukuyama, The End of History and the Last Man (New York: Free Press, 1992).

[13] Vgl. Economist Intelligence Unit, „Democracy Index 2021: the China Challenge”,

https://www.eiu.com/n/campaigns/democracy-index-2021/?utm_source=economi... (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

[14] Vgl. o. A., SIPRI Yearbook 2020. Armaments, Disarmament and International Security (Oxford: Oxford University Press, 2021).

[15] Vgl. Heribert Dieter, „Die ungewisse Zukunft der deutsch-chinesischen Beziehungen. Pekings Autarkiestreben und seine aggressive Außenpolitik machen eine Kurskorrektur in Berlin erforderlich“, SWP-Studie 23 (Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 2021).

[16] Vgl. hierzu den Klassiker von Kenneth N. Waltz, Theory of International Politics (Illinois: Waveland, 1979).

[17] Vgl. hierzu Matthias Naß, Drachentanz. Chinas Aufstieg zur Weltmacht und was er für uns bedeutet (München: C. H. Beck, 2021).

[18] Vgl. Ellen Knickmeyer, „US Strategy for Indo-Pacific Stresses Alliances on China”, AP News, 11.02.2022, https://apnews.com/article/joe-biden-antony-blinken-china-asia-united-st... (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

[19] ARD, Tagesschau. China unterstützt Russland gegen NATO, 04.02.2022, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/russland-china-nato-101.html (zuletzt abgerufen am 02.03.2022)

[20] Vgl. Herfried Münkler, „Ost-West-Konflikt. Die Wiederkehr der Einflusszonen“, Zeit, 11.02.2022,

 https://www.zeit.de/2022/07/ost-west-konflikt-geschichte-usa-russland?ut... (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

[21] Im März 2019 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Dokument, das China ausdrücklich als „systemischen Rivalen“ bezeichnete; Vgl. Europäische Kommission, „Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat. EU-China – Strategische Perspektiven“, 12.03.2019, https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/communication-eu-china-a-s... (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

[22] Vgl. European External Action Service, „Shared Vision, Common Action: A Stronger Europe. A Global Strategy for the European Union’s Foreign Policy and Security Policy”, 28.06.2016, https://eeas.europa.eu/sites/default/files/eugs_review_web_0.pdf (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

[23] PESCO startete am 11. Dezember 2017 mit 25 EU-Staaten. Vgl. hierzu Daniela Schwarzer, Final Call. Wie Europa sich zwischen China und den USA behaupten kann (Frankfurt a. M.: Campus, 2021).

[24] Denn bei allen Fehlern des Westens und aller Unvollkommenheit der liberalen Gesellschaften: Chinesisches Social Scoring ist etwas fundamental anderes als die Datenhalden des amerikanischen National Security State, der chinesische Staatsterror gegen die Uiguren und andere Minderheiten etwas anderes als der Rassismus in den USA, China Daily etwas anderes als Fox News.

[25] Vgl. hierzu auch: SPD-Fraktion im Bundestag, „Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion. Souverän, regelbasiert und transparent Eine sozialdemokratische China-Politik“, 30.06.2021, https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier_china.pdf (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

[26] Vgl. Herbert Wulf, „Zweischneidiges Schwert. Verteidigung der Werte und der Märkte: Das chinesische System ist kaum attraktiv, doch der Westen muss auf Augenhöhe konkurrieren und kooperieren“, IPG-Journal, 15.11.2021, https://www.ipg-journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artike... (zuletzt abgerufen am 26. Februar 2022).

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Thema: 
Zur Neuvermessung der Macht im internationalen Staatensystem
Veröffentlicht: 
In: Hendrik W. Ohnesorge (Hg.), Macht und Machtverschiebung. Schlüsselphänomene internationaler Politik – Festschrift für Xuewu Gu zum 65. Geburtstag. De Gruyter Oldenbourg 2022, S. 405-422.