Atomwaffen-Staaten müssen jetzt abrüsten
Die Vereinbarung von Wien über die Einschränkung, die Kontrolle und den Abbau nuklearer Aktivitäten im Iran sind zweifellos ein Durchbruch. Sie eröffnet ein neues Kapitel in den amerikanisch-iranischen Beziehungen. Ob dem 14. Juli 2015 einmal das Attribut "historisch" zugesprochen werden kann, bleibt abzuwarten. Die Vereinbarung ist kein Selbstläufer und doch eine Chance, weitere Konflikte im Nahen und Mittleren Osten durch Vertrauensbildung, Respekt und Empathie zu bearbeiten.
Vor allem die politische Führung im Iran wird beweisen müssen, ob aus Misstrauen und Gewalt demnächst Vertrauen und friedliche Konfliktbeilegung wachsen können. Aber dies ist keine Einbahnstraße. Auch die anderen Wiener Vertragsparteien und die Mitglieder des Atomwaffensperrvertrages haben eine Bringschuld. Diese betrifft weniger die Aufhebung der Sanktionen. Hier wird schon das ökonomische Eigeninteresse auf allen Seiten dafür sorgen, dass diese zügig aufgehoben werden können. Es geht vielmehr darum, dass auch die Kernwaffenstaaten ihren Verpflichtungen gerecht werden. Iran kehrt durch das Abkommen wieder in das atomare Nichtverbreitungsregime zurück.
Der Atomwaffensperrvertrag formuliert aber auch eine klare Erwartungshaltung an die Atomwaffenstaaten. Der Nahe und Mittlere Osten wird nur dann glaubhaft unterhalb der nuklearen Schwelle bleiben, wenn auch die USA und Russland ihr Arsenal deutlich und überprüfbar weiter reduzieren ohne den Umweg über die Modernisierung der Atomwaffen zu gehen. Zudem müssen sich auch die VR China, Frankreich und Großbritannien endlich zur atomaren Abrüstung verpflichten. Nur dann bekommt der unter starkem Druck von vielen Seiten stehende Atomwaffensperrvertrag wieder neues Gewicht.
Darüber hinaus muss über die Raketenabwehr gesprochen werden. Wenn es stimmt, dass der Abwehrschild in Europa sich in erster Linie gegen die iranische Bombe richtete, dann ist es jetzt an der Zeit, das Projekt neu zu justieren. Ansonsten hätte Russland das Argument auf seiner Seite, dass Iran nur als Deckmäntelchen fungierte, in Wahrheit aber von Anfang an die russischen Trägerraketen der eigentliche Grund für den Abwehrschirm waren. Die europäische Politik sollte deshalb schon allein aus dem Interesse heraus, Russland wieder an internationale Regeln und Vertrauensbildung zurückzuführen, hier initiativ werden.