ALLGEMEINES EINVERNEHMEN

Mit der Vorlage dieser erstmalig gemeinsamen und überparteilichen deutsch-amerikanischen Initiative zur iranischen Nuklearproblematik wollen wir in erster Linie zeigen, dass eine Zusammenführung der amerikanischen und europäischen Positionen grundsätzlich möglich ist. Wir hoffen mit diesem Papier in Deutschland und den USA auf der jeweiligen parlamentarischen Ebene Diskussionen anstoßen zu können, die schließlich auch bei der Erarbeitung eines gemeinsamen Vorgehens auf der Ebene der Administrationen hilfreich sein wird. (...)

Dieser gemeinsame deutsch-amerikanische Standpunkt kennzeichnet sich dadurch, dass

  • es sich erstmalig um eine abgestimmte transatlantische Position handelt, die auf gemeinsames, multilaterales Handeln setzt;
  • sich die amerikanische Seite zu einem "engagement" mit den dazu gehörigen "benefits" bzw. Gegenleistungen bei Erfüllung bestimmter Forderungen durch den Iran verpflichtet;
  • die deutsche Seite die Befassung des Sicherheitsrats mit dem iranischen Nuklear-programm sowie Sanktionen gegen den Iran befürwortet, falls Teheran den genannten Forderungen nicht nachkommt;
  • die legitimen iranischen Interessen anerkannt werden.

Seit November des vergangenen Jahres haben wir mit amerikanischen Kollegen (Senat und Repräsentantenhaus) sowie Vertretern aus Think-Tanks und der Administration Gespräche geführt, deren Ergebnis das nun vorliegende Papier ist. Besonders dankbar sind wir Dr. John Hulsman und der "Heritage Foundation", die sich in den USA mit besonderem Engagement für eine solche gemeinsame Initiative von Deutschen und Amerikanern stark gemacht haben und sich als Organisation dem Inhalt angeschlossen haben.

Die "Heritage Foundation" hat unser gemeinsames Papier in dieser Woche in einer Anhörung des US-Repräsentantenhauses (Auswärtiger Ausschuss) vorgestellt. Darüber hinaus bemüht sich die "Heritage Foundation" sowie die Unterzeichner auf amerikanischer Seite führende Abgeordnete im Kongress sowie Mitglieder der Administration für eine aktive Unterstützung der niedergelegten Grundgedanken zu gewinnen.

Wir wollen auch mithelfen, den europäischen Ansatz und die Rolle der EU-3 in der Iran-Frage als durchaus im transatlantischen Interesse liegend in den US-Kongress zu vermitteln. Wir sehen hier die Chance in Deutschland und den USA die parlamentarische Ebene mit einem gemeinsamen Ansatz zu erreichen.

Wir begrüßen und unterstützen ausdrücklich die Bemühungen der EU-3 mit dem Iran auf dem Verhandlungswege zu einer Einigung in der Frage des Umfangs und der Kontrolle der Nutzung von Nukleartechnologien seitens des Irans zu gelangen. 

Wir sind allerdings ebenso davon überzeugt, dass eine dauerhafte Verhandlungslösung nur möglich ist, wenn die EU und die USA in dieser Frage eng aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten. Deshalb halten wir eine Zusammenführung der Diskussionen und Lösungsansätze, die es auf beiden Seiten des Atlantiks gibt, zu einem einvernehmlichen Vorgehen für unerlässlich.

Wir wollen dieses Papier durchaus als ein Signal verstanden wissen, welches unterstreicht, dass es auf beiden Seiten des Atlantiks in der Politik zahlreiche Menschen gibt, die bereit und in der Lage sind, gemeinsame Positionen und Handlungsoptionen in wichtigen globalen und regionalen Problemen zu erarbeiten.

Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass das vorliegende Papier auf deutscher wie amerikanischer Seite überfraktionell bzw. überparteilich erarbeitet wurde.

Als Parlamentarier haben wir uns die Freiheit genommen, etwas zu demonstrieren, was in dieser Form Regierungen nicht möglich ist.

ALLGEMEINES EINVERNEHMEN

1.     Es ist entscheidend, dass sich sowohl die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) als auch Europa der Situation in der Islamischen Republik Iran (Iran) unverzüglich annehmen.

2.     Bei einem jeweils alleinigen Vorgehen Europas oder der USA ist die Wahrscheinlichkeit geringer, das Streben Irans nach einem geschlossenen nuklearen Brennstoffkreislauf eindämmen zu können.

  • Der Iran hat gegen das Sicherungsabkommen des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) verstoßen.
  • Andere Staaten, vornehmlich Russland und China, müssen zu einem späteren Zeitpunkt des diplomatischen Prozesses miteinbezogen werden.

3.     Es ist entscheidend, dass die iranische Regierung unverzüglich das Zusatzprotokoll des NVV ratifiziert und strikt einhält.

  • Eine solche vertrauensbildende Maßnahme und ein dementsprechendes Zeichen des guten Willens sind unerlässlich.
  • Zusätzlich müsste sich der Iran für die Lösung aller weiteren Fragen zu vollständiger Zusammenarbeit mit und Transparenz gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) verpflichten.

4.    Jedwede abschließende Vereinbarung sollte mit einer angemessenen Fristsetzung verbunden werden.

  • Für eine Unterstützung der europäischen Verbündeten durch die USA muss gewährleistet werden, dass die Verhandlungen nicht unendlich dauern dürfen.
  • Zudem müssen die USA entsprechenden Verhandlungen ausreichend Zeit gewähren.

5.    Die USA und Europa sollten sich weiter intensiv für den Friedensprozess im Nahen Osten einsetzen.

  • Die USA sollten ihre europäischen Partner weiter an jedwedem künftigen Friedensplan für den Nahen Osten beteiligen.

BESONDERE BESTANDTEILE EINER VEREINBARUNG ZWISCHEN DEN USA UND EUROPA ZUM IRANISCHEN NUKLEARPROGRAMM

1.    Es besteht Einvernehmen, dass - während dem Iran ein Recht auf die friedliche Entwicklung nuklearer Technologie einzuräumen ist - jede Übereinkunft zwischen den USA und Europa auf der Grundlage der jüngsten Vereinbarung zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien (den EU-3) und dem Iran geschlossen werden soll. Im Einklang mit den ausgewiesenen Standpunkten der EU-3 sollte ein langfristiges Abkommen folgende Konditionen enthalten:

  • Der Iran stimmt zu, seine Bemühungen zur Erlangung eines geschlossenen Brennstoffkreislaufes dauerhaft einzustellen.
  • Der Iran stimmt zu, jedwede Programme zur Anreicherung von Uran sowie zur Produktion von Uraniumhexafluorid und dessen Zwischenprodukten dauerhaft einzustellen.
  • Der Iran stimmt zu, jedwede Programme zur Gewinnung von Plutonium dauerhaft einzustellen.
  • Der Iran stimmt zu, jedwede Bemühungen zur Erlangung eines nuklearen Schwerwasserreaktors dauerhaft einzustellen.
  • Iran stimmt einem umfassenden Inspektionsregime (inklusive Überwachung in Echtzeit) am Bushehr-Reaktor und am dazugehörigen Speicher für verbrauchte Brennelemente zu.

2.    Irans vollständige Erfüllung der unter 1. genannten Bestimmungen soll folgende Gegenleistungen hervorrufen:

  • Den Beginn bilateraler Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran, deren Ziel die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen ist.
  • Den Beginn bilateraler Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran, deren Ziel die Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen ist.
  • Vorausgesetzt, der Iran erfüllt die üblichen Bedingungen für eine Mitgliedschaft, unterstützen die USA sowie die EU-3 den Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation (WTO).
  • Die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen den EU-3 und dem Iran über ein Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Iran.
  • Die USA sowie die EU-3 unterstützen den Iran bei dem Erwerb eines einzelnen nuklearen Leichtwasserreaktors (Bushehr).
  • Die USA sowie die EU-3 unterstützen den Zugang Irans zum internationalen Brennstoffmarkt zu Marktpreisen in Übereinstimmung mit vergleichbaren Zusicherungen der  wichtigsten nuklearen Lieferländer (G8 / Nuclear Suppliers Group, NSG). Verbrauchte Brennelemente werden zurückgegeben und außerhalb des Irans wiederaufbereitet.

3.    Falls der Iran formal und nachweisbar auf jegliche nukleare (offensive und defensive) Bewaffnung verzichtet, besteht Einvernehmen, einen Nichtangriffspakt zwischen dem Iran und allen Parteien dieser Vereinbarung zu schließen.

4.    Zudem sollen parallel Gespräche mit dem Iran über bedeutende ungelöste Fragen geführt werden. Deutschland, Frankreich oder Großbritannien könnten hierfür als Gastgeber fungieren. Zu diskutieren wären u.a.:

  • Die Anerkennung des Existenzrechts Israels als jüdischer Staat in der Region durch den Iran.
  • Ein internationaler Konsens, wie Terrorismus entgegenzutreten ist (insbesondere im Hinblick auf  die Finanzierung der Hizbollah durch den Iran).
  • Die Schaffung eines stabilen, repräsentativen und demokratischen Irak.
  • Die legitimen Sicherheitsinteressen des Iran.
  • Die ökonomischen Interessen des Iran, insbesondere hinsichtlich einer Wiederaufnahme des amerikanischen Foreign Direct Investment (FDI).
  • Menschenrechte.

5.    Versäumt der Iran den unter 1. genannten Bestimmungen nachzukommen,

  • sollten die USA sowie die EU-3 die Überweisung des iranischen Nuklearproblems an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen befürworten.
  • wurde davon Kenntnis genommen, dass die USA es sich vorbehalten, der Situation entsprechend zu handeln.
  • wird die EU unverzüglich umfassende Sanktionsmaßnahmen gegen den Iran ergreifen.

Karl-Theodor Guttenberg MdB                Dr. Mike Haltzel
Dr. Rolf Mützenich MdB                          Dr. John Hulsman
Klaus Naumann                                        Jim Dobbins
Dietmar Nietan MdB                                Dr. Stephen F. Larrabee
Ruprecht Polenz MdB                              David Albright

The Heritage Foundation

Autor: 
Von Karl-Theodor zu Guttenberg, Rolf Mützenich, Dietmar Nietan, Ruprecht Polenz et al.
Thema: 
Abgeordnete des Bundestages und Kongressmitglieder einigen sich auf Strategiepapier zum Iran
Veröffentlicht: 
Berlin, 18. Februar 2005