Uno-Soldaten als Puffer in Gaza?
Angesichts des immer größeren Blutvergießens im Gazastreifen ringt die internationale Gemeinschaft um eine rasche Lösung der Krise. Dabei dringen deutsche und europäische Politiker immer stärker auf eine Uno-Mission in der Küstenregion.
"Es ist klar, dass es eine internationale Präsenz im Gazastreifen geben muss", sagte etwa der außenpolitische Sprecher der Union, Eckart von Klaeden, dem Handelsblatt. "Aber das Mandat muss über ein reines Monitoring hinausgehen und robust sein", betonte er. Denn ein Waffenstillstand sei nur zu erreichen, wenn Israel Sicherheit vor weiteren Angriffen der Hamas erhalte. Klaeden, der sich zurzeit in Israel aufhält, wird heute mit Israels Ministerpräsident Ehud Olmert zusammentreffen.
Dieser hat sich inzwischen offen dafür gezeigt, zur Versorgung der Bevölkerung im Gaza-Streifen mit Lebensmitteln und Medikamenten einen Hilfs-Korridor zu erlauben. Einen entsprechenden Vorschlag der Vereinten Nationen habe Olmert angenommen, teilte sein Büro in Jerusalem mit. Es gehe um die zeitlich begrenzte Öffnung bestimmter Sektoren. Einzelheiten würden vom Verteidigungsministerium ausgearbeitet.
Einen internationalen Einsatz forderten auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), und der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich. "Denkbar sind etwa Pufferzonen im Norden und Süden des Gazastreifens, die von der Uno überwacht werden könnten", präzisierte der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Walter Kolbow, die Vorschläge im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Laut der Nachrichtenagentur dpa bestätigte ein hochrangiger israelischer Regierungsvertreter Gespräche über einen Uno-Einsatz. Es werde an einer konkreten Lösung gearbeitet. Im Zentrum stehe dabei weiter die Überlegung, internationale Kräfte an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zu stationieren. Damit soll der Waffenschmuggel unterbunden werden. Auch in Telefonaten von Kanzlerin Angela Merkel mit US-Präsident George W. Bush und dem türkischen Premier Tayyip Erdogan ging es um die Frage, wie eine Uno-Mission zustande kommen könnte. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der sich in Syrien aufhielt, forderte "Sicherheitsgarantien" für Israel.
In New York kam der Uno-Sicherheitsrat in der Nacht zu Mittwoch zu einer Sondersitzung zur Lage im Gazastreifen zusammen. Auch dabei wurde über einen internationalen Einsatz beraten. Dazu war Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas mit Vertretern der Arabischen Liga angereist.
Abbas richtete einen dramatischen Appell an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Der Völkermord in seinem Land müsse sofort beendet werden, verlangte Abbas in New York. Nach Angaben der Vereinten Nationen waren gestern bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen mehr als 30 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Die Granaten schlugen vor einem Schulgebäude der Uno im Flüchtlingslager Dschebalia ein.
Ausdrücklich appellierten sowohl Kolbow als auch von Klaeden an die islamischen Staaten, sich stärker zu engagieren. "Ohne eine arabische Mitwirkung wird es nicht gehen", betonte der SPD-Politiker. "Ziel muss sein, möglichst viele islamische Länder für eine Beteiligung an einer Uno-Mission zu gewinnen", forderte auch der CDU-Außenpolitiker. Eine deutsche Beteiligung schloss er ebenso wenig aus wie sein Parteifreund Polenz: "Aber sie jetzt zu diskutieren, hieße, den dritten Schritt vor dem ersten zu machen."
Sarkozy forderte auf seiner Vermittlungsreise durch die Nahost-Region, Syrien müsse die Hamas dazu bringen, ihre Raketenangriffe auf Israel einzustellen. Die Israelis müssten ihrerseits ihre Angriffe auf den Gazastreifen einstellen und die Grenzübergänge öffnen, sagte Sarkozy nach einem Treffen mit Staatschef Baschar al Assad in Damaskus. Heute will er nach Ägypten weiterreisen. Bisher war der Vorschlag einer internationalen Überwachung für eine Waffenruhe an israelischem Widerstand gescheitert. Dies betonte am Dienstag auch ein Sprecher der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft. Allerdings richtet sich die israelische Kritik nicht gegen einen Uno-Einsatz an sich, sondern gegen dessen Beschränkung auf ein reines Monitoring. Man brauche keine Beobachter, die tatenlos zusehen, wie die Hamas neue Terrorakte vorbereite, hieß die Begründung in Jerusalem. Stattdessen besteht Israels Regierung auf einem effektiven Schutz gegen eine Wiederbewaffnung der Hamas.
Am Montag hatte Israel deshalb den Vorschlag der sogenannten EU-Troika unter Leitung des tschechischen Außenministers Karel Schwarzenberg abgelehnt. Die EU hatte vorgeschlagen, erneut den Grenzübergang Rafah nach Ägypten zu überwachen oder Beobachter in den Gazastreifen zu schicken. Die EU will nun versuchen, die israelischen Bedenken und Forderungen aufzugreifen. Auch dem internationalen Einsatz zur Beendigung des Libanon-Krieges ging eine ähnliche Debatte über ein von Israel gewünschtes und am Ende beschlossenes "robustes" Uno-Mandat voraus.