Guttenberg und Westerwelle demonstrieren Einigkeit
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Außenminister Guido Westerwelle haben nach wochenlangen Streitereien in demonstrativer Geschlossenheit für das neue Afghanistan-Mandat der Bundeswehr geworben.
"Ich teile ganz ausdrücklich die geäußerte Zuversicht, dass wir in diesem Jahr bereits auch mit einem ersten Abzug beginnen können", sagte Guttenberg am Freitag im Bundestag zum Auftakt der Beratungen über das Mandat für den Einsatz am Hindukusch. Westerwelle versprach im Gegenzug einen verantwortungsvollen Abzug. Selbstverständlich stehe jegliche Truppenreduzierung unter dem Vorbehalt, dass es die Sicherheitslage zulasse, betonte er. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel kündigte an, Deutschland werde die Zahl der Aufbauhelfer in Afghanistan um 800 auf 2500 aufstocken.
"Das Jahr 2011 steht für den Gedanken, dass niemand dauerhaft in Afghanistan bleiben will", sagte Guttenberg, der sich in seiner Rede mehrfach ausdrücklich auf Westerwelle bezog. Deutschland tue alles dafür, dass die Sicherheitslage einen beginn des Abzugs erlaube. Es wäre jedoch verantwortungslos, übereilt vom Hindukusch abzuziehen - dies würde die jungen afghanischen Sicherheitskräfte überfordern, warnte Guttenberg. "Guido Westerwelle hat auch klar noch einmal gesagt - und das ist ein völlig logischer Ansatz: Wenn es die Lage erlaubt".
Die Öffentlichkeit könne sich darauf verlassen, dass die Regierung die Afghanistan-Politik auch mit Blick auf den angestrebten Abzug einvernehmlich gestalte, sagte Guttenberg. "Es werden gemeinsam getragene Entscheidungen sein und kluge Entscheidungen sein, die wir angehen", versicherte er.
Westerwelle: Kein Vakuum in Afghanistan hinterlassen
Westerwelle sicherte einen verantwortungsvollen Abzug vom Hindukusch zu. "Es darf kein zweites Mal ein Vakuum in Afghanistan hinterlassen werden", sagte der FDP-Chef. Er bekräftigte das Ziel der Bundesregierung, bereits Ende 2011 die ersten deutschen Soldaten vom Hindukusch zurückzuholen. Auch im Streit über eine deutsche Beteiligung am Awacs-Einsatz in Afghanistan glättete er die Wogen. Deutschland beteilige sich zwar vorerst nicht daran. "Ansonsten ist es selbstverständlich, dass wir in regelmäßigen Abständen mit unseren Bündnispartnern alles besprechen, alles überprüfen."
Der SPD-Politiker Rolf Mützenich kritisierte in der Debatte das zerstrittene Erscheinungsbild der Regierung in den vergangenen Wochen. "Frau Bundeskanzlerin, welche ordnende Hand haben Sie eigentlich in diesem Kabinett?", fragte er. Es könne nicht sein, dass sich der Verteidigungsminister hinstelle und erkläre, ein Kabinettsbeschluss sei ihm egal, spielte Mützenich auf den Streit über den Abzugstermin an.
Niebel hob in seiner Regierungserklärung die Erfolge der Aufbauarbeit hervor: "Der Faktencheck für Afghanistan straft diejenigen Lügen, die mit schwarzmalerischer Rhetorik versuchen, den kompletten Einsatz Deutschlands zu diskreditieren." Jede vierte Frau erhalte bei der Geburt medizinische Hilfe, die Kindersterblichkeit sei von 250 auf 161 pro tausend Lebendgeburten gesunken. Der Getreideertrag habe sich seit 2000 mehr als verdoppelt. Das Bruttosozialprodukt habe sich seit 2002 fast vervierfacht. 40 Prozent der Grundschüler seien Mädchen, die unter den Taliban gar nicht zur Schule gehen durften." Die Kinder lassen wieder Drachen steigen", bilanzierte Niebel mit Verweis auf den alten Nationalsport der Afghanen.
Der Bundestag entscheidet am kommenden Freitag über das neue Mandat für den Bundeswehreinsatz am Hindukusch. Darin ist erstmals ein Datum für den angestrebten Abzugsbeginn festgeschrieben. Während besonders Westerwelle in der Vergangenheit auf den Termin für den Abzugsbeginn gedrungen hatte, warnte Guttenberg vor voreiligen Festlegungen. Die Mandatsobergrenze von 5000 Soldaten plus einer Reserve von 350 Soldaten bleibt dagegen unverändert. Die Nato will den Kampfeinsatz am Hindukusch bis Ende 2014 beenden.