Gülen-Schule im Visier der Türkei

Am multinationalen "Dialog"-Schulzentrum in Köln-Buchheim, das der Bewegung des türkischen Predigers Fetullah Gülen nahe steht, nehmen die Abmelde-Zahlen aufgrund des innertürkischen Konflikts um die Gülen-Bewegung dramatische Ausmaße an. Fast zehn Prozent der 565 Kinder und Jugendlichen seien von der Schule genommen worden, sagte Geschäftsführer Osman Esen dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Eltern hätten Angst, weil der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Gülen als Drahtzieher des Putschversuchs in der Türkei beschuldigt und Gülens Anhänger verfolgen lässt.

Esen zufolge setzt das türkische Generalkonsulat Eltern gezielt unter Druck. Einem Unternehmer sei "geraten" worden, sein Kind von der Dialog-Schule abzumelden. Andernfalls seien Geschäfte mit der Türkei gefährdet. Das Konsulat stellte eine Stellungnahme für Donnerstag in Aussicht. Rolf Mützenich, Vize der SPD-Bundestagsfraktion, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", es wäre "untragbar", sollte die diplomatische Vertretung Ankaras Gewerbetreibenden in Deutschland gedroht haben. Überdies seien die "unverhältnismäßigen und unterschiedslosen Verfolgungen" von Gülen-Anhängern durch das türkische Regime mit rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbar.

Kommende Woche will Esen mit der Kölner Bezirksregierung über die Situation des privaten Zentrums mit einem Gymnasium und einer Realschule sprechen. Der Einbruch der Schülerzahl sei zwar nicht existenzgefährdend, wohl aber drohten Stundenkürzungen für die Lehrer und schlimmstenfalls Kündigungen. "Es geht jetzt um Schadensbegrenzung." Der Unterrichtsbetrieb und der Alltag am Schulzentrum seien inzwischen zwar "in normalem Fahrwasser", so Esen. "Aber in den Familien brodelt es weiter."

Belastet sind auch die öffentlichen Schulen der Umgebung, die wechselwillige Schüler aufnehmen müssen. Eine Sprecherin der Bezirksregierung sagte, da die Eltern zumeist direkt mit den Schulleitern sprächen, habe die Aufsichtsbehörde derzeit keinen Überblick über Engpässe.

Autor: 
Von Joachim Frank
Veröffentlicht: 
Kölner Stadtanzeiger, 01.09.2016
Thema: 
Zehn Prozent Abmeldungen - Konsulat soll Eltern gedroht haben