Abrüstungskonferenz der deutschen Sozialdemokraten

Am 26. Juni veranstaltete die deutsche SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin eine Abrüstungskonferenz unter dem Motto: "Frieden durchAbrüstung: Völkerrecht und nukleare Nichtverbreitung". Im Zentrum der Veranstaltung standen Vorträge des Parteivorsitzenden Kurt Beck, des Aussenministers und SPD-Mitglieds Frank-Walter Steinmeier sowie des Generaldirektors der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Mohamedel Baradei.
Daneben findet sich auf der Website der SPD (www.spd.de) ein Grundsatzpapier zur Aussen- und Sicherheitspolitik der SPD, das der Bundestagsabgeordnete Rolf Mützenich verfasst hat.

Die Redner von der SPD beriefen sich auf die Tradition der SPD als Friedenspartei, kritisierten, dass statt weiterer Abrüstung im Bereich der Atomwaffen und der konventionellen Waffen eine weltweite Rüstungsspirale in Gang gekommen sei, sahen das System der Nichtverbreitung von Atomwaffen in Gefahr und forderten neben erneuten Abrüstungsanstrengungen im Bereich der konventionellen Waffen vor allem ein besseres System der Nichtverbreitung atomarer Waffen, aber auch die atomare Abrüstung der Atommächte mit dem Ziel einer Welt ohne Atomwaffen.

Der Parteivorsitzende Beck stellte an den Anfang seiner Rede ein Zitat des ehemaligen Vorsitzenden, Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt: "Ohne den Frieden ist alles andere nichts", und betonte, "dass man jeden Tag für eine aktive Friedenspolitik eintreten muss". Beck bedauerte, Hans Blix zitierend,dass "Regierungen [...] zunehmend weniger Interesse an Abrüstung und Nichtverbreitung haben", und sagte, "dass dies mit dem globalen Kampf gegen den Terror zusammenhängen könnte".

In der SPD aber sollen Abrüstungs- und Nichtverbreitungspolitik wieder einen zentralen Stellenwert erlangen. Mit der Forderung nach Nichtverbreitung verband Beck die Aussage, dass auch die offiziellen Atommächte aufgerufen sind, ihre atomaren Arsenale abzubauen: "Hierauf pochen wir. Um das ganz klar zu sagen: Wir halten am langfristigen Ziel einer vollständigen Abschaffung von Massenvernichtungswaffen fest."

Beck stellte sich hinter den internationalen Atomwaffensperrvertrag und kritisierte, ohne das Land beim Namen zu nennen, die USA: "Wir haben kein Verständnis dafür, dass einzelne Staaten laut darüber nachdenken, Atomwaffen taktisch und vermeintlich "begrenzt" einzusetzen. [...] Die internationale Staatengemeinschaft war da schon einmal weiter, klüger.Wir müssen global zu einer verbindlichen Ächtung des Einsatzes von Atomwaffen kommen, wie dies bereits vor 10 Jahren der Internationale Gerichtshof in einem Rechtsgutachten getan hat."

Der deutschen Aussenminister erläuterte die deutsche Politik gegenüber dem Iran, betonte im Anschluss hieran aber auch die "Notwendigkeit, am Ziel einer Welt ohne Atom- und andere Massenvernichtungswaffen festzuhalten". Steinmeier sprach von "tiefen Sorgen" darüber, "dass die multilateralen Vertragswerke ernsten Erosionsgefahren ausgesetzt sind". Das Scheitern der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag im vergangenen Jahr bezeichnete er als "ernste Warnung". Er hob hervor: "Der Atomwaffensperrvertrag beruht im Kern auf einem Gegengeschäft: Verzicht der Nichtkernwaffenstaaten auf Atomwaffen einerseits gegen Abrüstung der Kernwaffenstaaten andererseits." Insbesondere Russland und die USA stünden in der Pflicht, ihre Atomwaffenarsenale abzurüsten. Indien, Pakistan und Israel forderte Steinmeier auf, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen.

Rolf Mützenich leitet sein Grundsatzpapier mit den Worten ein: "Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung sind Kernpunkte sozialdemokratischer Aussen- und Sicherheitspolitik." Die SPD müsse "das Konzept der Kriegsverhütung auch in einer neuen Weltordnung verteidigen". Dann folgen deutlich kritische Worte zur Politik der USA: "Es führt leider kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass zunehmend mehr Länder - allen voran die USA - derzeit ihr Heil weniger in Abrüstung und Rüstungskontrolle als vielmehr in der Schaffung von gesteigerten und verbesserten militärischen Fähigkeiten suchen."

Besorgniserregend, so Mützenich, "ist vor allem, dass Kernwaffen zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr als letztes Mittel der Abschreckung gesehen werden, sondern zunehmend wieder als Kriegsführungswaffen".

Innerhalb der westlichen Staatenwelt sind es nicht nur die USA, die auf Atomwaffen als Kriegsführungswaffen setzen. Neuerliche Zeitungsartikel wie die von Michael Rühle in der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 20. Juni ("Das Nichtverbreitungsregime in der Krise - Entsteht eine neue nukleare Ordnung?") oder von Erich Reiter in der gleichen Zeitung am 17. Juni ("Will die EU eine globale Macht werden?") zeigen, dass auch in europäischen Planungsstäben über "Kriterien für den möglichen Einsatz von Atomwaffen" (Reiter) nachgedacht wird.

Wenn dem gegenüber die deutsche SPD auf ihre Tradition als Friedenspartei setzt und der Abrüstung und Rüstungskontrolle neuen Antrieb verschaffen will, so kommt sie damit dem tiefsten und humansten Wunsch und Willen einer überwältigenden Mehrheit aller Menschen nach.
 

Autor: 
Von N.N.
Veröffentlicht: 
Zeit-Fragen, 06.07.2006
Thema: 
SPD-Abrüstungskonferenz mit El-Baradei