USA planen scheinbar Verzicht auf Raketenschild in Polen und Tschechien

AG Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung



Zum heutigen Bericht der polnischen
Tageszeitung Gazeta Wyborcza, demzufolge die US-Regierung ihre Pläne
für einen Raketenschild in Mitteleuropa aufgeben habe, erklärt der
Sprecher für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung der
SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich:



US-Präsident Obama macht anscheinend Ernst mit seiner Ankündigung, die
Pläne für den Aufbau einer Raketenabwehr in Polen und Tschechien auf
den Prüfstand zu stellen. Laut dem bislang noch nicht bestätigten
Bericht der polnischen Tageszeitung plant die US-Regierung statt dessen
die Stationierung der Abfangraketen in Israel, der Türkei und dem
Balkan. Dies ist umso glaubhafter, da schon jetzt entsprechende Systeme
in Israel aufgebaut sind. Damit trägt die US-Administration den
russischen Bedenken Rechnung, die die Stationierungspläne in
Mitteleuropa als gegen Russland gerichtet interpretierten.



Falls sich diese Meldung bewahrheiten sollte, wäre dies ein wichtiger
Schritt. Damit wäre das größte Hindernis für den
START-I-Nachfolgevertrag aus dem Weg geräumt. Das Ziel, den Vertrag zur
Reduzierung der strategischen Atomwaffen (START) bis Ende des Jahres zu
ersetzen, ist damit in greifbare Nähe gerückt. Damit kommen die
Präsidenten der beiden Länder, die im Besitz von mehr als 95 Prozent
der weltweit existierenden Atomwaffen sind, ihren Verpflichtungen aus
Artikel VI des Nichtverbreitungsvertrages nach. Dies ist ein
hoffnungsvolles Signal für die Überprüfungskonferenz des
Atomwaffensperrvertrages 2010.



Außenminister Frank-Walter-Steinmeier bemüht sich seit langem
unermüdlich darum, die Abrüstungspolitik voranzubringen, zuletzt durch
die Ausrichtung eines  hochrangigen Treffens zur Zukunft der
konventionellen Rüstungskontrolle in Europa in Berlin. Die Bemühungen
zur Rettung des KSE-Regimes könnten durch einen Verzicht auf die
Raketenabwehrsysteme in Mitteleuropa ebenfalls neuen Schwung bekommen.
Auf der Agenda stehen ferner das möglichst baldige Inkrafttreten des
Atomteststopp-Vertrags und eine Nulllösung bei den taktischen
Nuklearwaffen.

 

Die SPD-Bundestagsfraktion hat schon früh dafür plädiert, Barack Obama
beim Wort zu nehmen, der mehrfach öffentlich betont hat, dass er einen
grundlegenden Richtungswechsel in der Atomwaffenpolitik will. Die
Vision einer atomwaffenfreien Welt muss gestärkt und schnell durch
konkrete nukleare Abrüstungsschritte der USA und Russlands
vorangetrieben werden. Dies ist wiederum die Voraussetzung, um der
Weiterverbreitung nuklearer Waffen einen weiteren Riegel vorzuschieben.

Veröffentlicht: 
Berlin, 27.08.2009
Thema: 
Raketanbwehrpläne vor dem Aus?