Neue Impulse für konventionelle Abrüstung und Rüstungskontrolle in Europa durch die Dritte KSE-Überprüfungskonferenz
Heute beginnt in Wien die Dritte
Überprüfungskonferenz des angepassten Vertrags über Konventionelle
Streitkräfte in Europa (AKSE). Hierzu erklärt Dr. Rolf Mützenich, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Sprecher der SPD-Fraktion für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung:
Europa wäre heute weniger stabil und friedlich, wenn es keine Abrüstung
und Rüstungskontrolle gegeben hätte. Dieses Instrument hat ganz
wesentlich zu Vertrauen und Kooperation zwischen ehemaligen Gegnern
beigetragen. Vor allem der Vertrag über die konventionelle Abrüstung
und Rüstungskontrolle war ein Meilenstein für die Entspannungspolitik.
Der Vertrag legt das Kräfteverhältnis für Kampfpanzer, gepanzerte
Kampffahrzeuge, Artilleriewaffen, Kampfflugzeuge und
Angriffshubschrauber fest. Das am 19. November 1990 beschlossene
Vertragswerk wurde während des OSZE-Gipfels in Istanbul am 19.11.1999
angepasst. Damit wurde der KSE-Prozess nach dreijährigen Verhandlungen
erfolgreich abgeschlossen und das Vertragswerk für neue Mitgliedstaaten
geöffnet. Der Vertrag steht nach seinem Inkrafttreten somit auch den 25
OSZE-Teilnehmerstaaten offen, die nicht Mitglieder des KSE-Regimes sind.
Die NATO-Staaten haben auf ihrem Außenministertreffen in Florenz im
Jahr 2000 die Ratifikation des AKSE-Vertrags von der Erfüllung der
Istanbuler Verpflichtungen seitens Russlands in Bezug auf Georgien und
Moldau abhängig gemacht und den Ratifikationsprozess ausgesetzt. Diese
nunmehr sechs Jahre andauernde Verzögerung droht mittlerweile das
gesamte Vertragswerk in Frage zu stellen. Die Gefahr einer
schleichenden Erosion des KSE-Regimes wächst. Dies gilt umso mehr, als
der alte KSE-Vertrag zunehmend weniger mit den sich besonders im Zuge
der NATO-Erweiterung verändernden sicherheitspolitischen Gegebenheiten
vereinbar ist. Bis heute haben erst zwei Staaten den angepassten
KSE-Vertrag ratifiziert ? Belarus und die Ukraine. Russland hat den
Ratifizierungsprozess eingeleitet ? wegen der Haltung der westlichen
Staaten jedoch ausgesetzt. Hier stellt sich die Frage ob die von den
NATO-Staaten verfolgte Aufrechterhaltung des Junktims zwischen dem
russischen Truppenabzug aus Georgien und Moldau und der Ratifizierung
des Vertragswerkes noch sinnvoll ist, oder ob dem Inkrafttreten des
AKSE-Vertrags nicht Vorrang vor der Lösung der beiden Regionalkonflikte
gegeben werden sollte.
Die Bundesregierung muss auch auf der KSE-Überprüfungskonferenz in Wien
ihrer Rolle als wichtiger Förderer der Implementierung und
Ausgestaltung des KSE-Vertrages gerecht werden und sich weiterhin aktiv
für die Beseitigung von Ratifikationshindernissen einsetzen, um dort ?
über eine bloße Absicherung des Erreichten hinaus ? weitere politische
Ziele bei der konventionellen Abrüstung in Europa anzustreben.