60 Jahre atomare Bedrohung

Vor 60 Jahren, am 16. Juli 1945,
begann das Atomwaffenzeitalter. An diesem Tag zündeten die USA die
erste Plutoniumbombe. Hierzu erklärt Dr. Rolf Mützenich, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Sprecher der SPD-Fraktion für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung:



Am 16. Juli jährt sich zum 60sten Mal der erste Atomwaffenversuch.
Seitdem läuft die Menschheit Gefahr, sich durch einen Atomkrieg selbst
zu vernichten. Obwohl die atomare Konfrontation zwischen den USA und
der Sowjetunion beendet ist, gibt es keinen Grund zur nuklearen
Entwarnung: 30.000 Atomwaffen sind nach wie vor weltweit stationiert,
knapp 7.000 werden in ständiger Alarmbereitschaft gehalten.



Gleichzeitig streben offensichtlich immer mehr Länder nach Atomwaffen.
Mit Indien, Pakistan und Israel besitzen drei Länder in instabilen
Regionen Massenvernichtungswaffen. Auch die atomaren Ambitionen des
Iran sind eine große Herausforderung. Nordkorea hat sich offen zum
Atomwaffenbesitz bekannt. Weitere Staaten scheinen nach der erfolglosen
Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai ihre
Anstrengungen zu verstärken, um gleichfalls in den Besitz von
Atomwaffen zu gelangen.



Das bittere Fazit: Obwohl der Nichtverbreitungsvertrag von 1968 die
Atommächte verpflichtet, das atomare Wettrüsten zu beenden und nuklear
abzurüsten, werden heute neue Atomwaffen entwickelt und zwar in mehr
Ländern als je zuvor. Mit den Einsatzplänen der USA für die neu
entwickelten "Mini-Nukes" ist der (Erst-)Einsatz atomarer Waffen wieder
wahrscheinlicher geworden. Einerseits perfektioniert die US-Regierung
ihr nukleares Arsenal; andererseits verlangt die Bush-Administration
von anderen Staaten keine Atomwaffen zu besitzen und droht ihnen, wie
aktuell dem Iran, mit Krieg. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.
Russland schließt ebenfalls einen vorzeitigen Einsatz von Atomwaffen
nicht aus. Auch die Modernisierung der atomaren Potenziale
Großbritanniens und Frankreichs sowie die Ausweitung der strategischen
Waffenpotenziale in China bietet Anlass zur Sorge.



Vor diesem Hintergrund wird sich die SPD-Fraktion auch weiterhin für
Abrüstung und Rüstungskontrolle im Rahmen der EU, der Vereinten
Nationen und der Internationalen Atomenergieagentur (IAEO) einsetzen.
Die Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Vereinten Nationen
muss im September dieses Jahres die nukleare Abrüstung vorrangig
behandeln. Die Bundesregierung kann und wird dabei einen wichtigen
Beitrag leisten.



Wir brauchen dringend eine Stärkung des atomaren
Nichtverbreitungsregimes, verbesserte Überprüfungs- und
Sanktionsmechanismen und als langfristige Perspektive die verbindliche
Vereinbarung eines Zeitplans für die Abschaffung aller Atomwaffen. Denn
die SPD-Fraktion hält unverändert an dem Fernziel einer
atomwaffenfreien Welt fest.

 

Veröffentlicht: 
Berlin, 15.07.2005
Thema: 
Vor 60 Jahren, am 16. Juli 1945, begann das Atomwaffenzeitalter.