UN und Syrien: Mützenich glaubt an Fortschritte

Interview mit Alexander Schmidt-Hirschfelder
Veröffentlicht: 
rbb Inforadio, 28.09.2015
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Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagt im Gespräch mit Alexander Schmidt-Hirschfelder, die UN-Vollversammlung biete eine große Chance für die Menschen in Syrien.

Die UN-Generalversammlung in New York sucht heute nach Lösungen für den Syrien-Konflikt. Am Rande der Versammlung treffen sich US-Präsident Obama und sein russischer Amtskollege Putin. Dabei soll geklärt werden, ob beide Seiten gemeinsam gegen die IS-Terrormiliz vorgehen. Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagt im Gespräch mit Alexander Schmidt-Hirschfelder, die UN-Vollversammlung biete eine große Chance für die Menschen in Syrien.

Alexander Schmidt-Hirschfelder: Wie optimistisch sind Sie, dass sich in New York in Sachen Syrien was bewegt?

Rolf Mützenich: Es ist sicherlich gut, dass in New York gesprochen wird... Und wenn das ein Zeichen sein sollte, dass gerade die Vereinten Nationen eine Bühne für Diplomatie wieder bilden, bin ich durchaus zuversichtlich.
Auf der anderen Seite dürfen wir auch nicht vergessen, es geht nicht nur alleine, welche Interessen Russland mit einzubringen hat, sondern insbesondere Saudi-Arabien und der Iran sind handelnde Akteure. Und deswegen ist es gut, dass auch der Bundesaußenminister relativ vorsichtig in den letzten Tagen formuliert hat.

Schmidt-Hirschfelder:  Wenn Putin sagt, Assad ist gesetzt, dann kommen wir im Westen nicht umhin, diese Kröte zu schlucken?

Mützenich: Das ist ja keine neue Position. Ich glaube, das Neue, was wir zurzeit sehen, ist insbesondere wieder das Vorhandensein einer militärischen Logik, nachdem gerade das Regime Assad in Syrien große Teile der Gebiete verloren hat. Und deswegen muss man natürlich auch die Frage stellen: Über was verhandeln wir zurzeit überhaupt noch mit Assad, weil eben ein anderer Teil von Oppositionsgruppen, aber auch von Dschihadisten und vielen anderen ... besetzt ist? Und von daher stellt sich insbesondere die Frage, ob die Länder, die diese Gruppen unterstützen, auch mit an den Tisch kommen. Die Vereinten Nationen haben durch unterschiedliche Vermittler ... immer wieder versucht, einen Dialog zu entwickeln. Und wenn das eines der Folgen sein könnte innerhalb der nächsten Tage, dann ... ist ein guter Weg beschritten. Aber insbesondere die humanitäre Hilfe muss im Vordergrund stehen. Deswegen war es gut, dass wir in der letzten Woche vonseiten der Europäischen Union noch mal eine Milliarde Euro für die Nachbarländer Syriens draufgelegt haben.

Schmidt-Hirschfelder: Als die EU das entschieden hat, sagte ja auch die Kanzlerin hinterher, man müsse jetzt auch irgendwie mit Assad wieder sprechen... Ist es für uns für alle Zeit undenkbar, dass wir mit Assad reden?

Mützenich: Wir haben ja immer wieder gerade auch den Ansatz der Vermittler der Vereinten Nationen unterstützt. Und da war die Regierung von Syrien mit dabei gewesen. Ich glaube, am Anfang hat ein Problem darin bestanden, dass die USA den Iran nicht mit an den Tisch lassen wollten. Aber nachdem wir eine Übereinkunft über das Atomprogramm gewonnen haben, ist es gerade gut, dieses Fenster auch der Möglichkeiten zu eröffnen, weil der Iran der wichtigste Akteur, glaube ich, auf der Seite von Assad ist. Der hat die Hisbollah mit auf den Weg gebracht. Er unterstützt Assad finanziell und offensichtlich auch sehr stark militärisch.

Schmidt-Hirschfelder: Das heißt also, mit Assad, dem Menschen, der Fassbomben auf sein eigenes Volk werfen lässt, müssen wir ... reden?

Mützenich: Das ist das Drama. Und wir haben ja auch immer wieder darauf hingewiesen. Assad hat hier eben auch Menschenrechtsverletzungen gezeigt. Und das darf natürlich auch nicht ausgeschlossen sein, dass, selbst wenn wir eine diplomatische Vereinbarung haben, dass die internationale Strafgerichtsbarkeit nicht gegen diejenigen vorgehen darf, die sich eben Menschenrechtsverletzungen geleistet haben. Und dazu gehört Assad definitiv auch.

Schmidt-Hirschfelder: Die gesamte Region Mittlerer Osten ist ein Pulverfass. Trauen Sie sich zu, innerhalb von 30 Sekunden zu sagen, wie man dieses Riesenproblem angehen sollte?

Mützenich: Nein, das kann ich nicht. Sondern ich glaube, es kommt insbesondere darauf an, dass man weiterhin im Rahmen auch der Vereinten Nationen die unterschiedlichen Konflikte bearbeitet. Und das könnte jetzt durchaus eine Chance geben.