"Syrien geht es um die Golanhöhen"

Interview mit Jürgen Loreck
Veröffentlicht: 
Kölner Stadt-Anzeiger, 17.08.2006
Thema: 
Syrien und der Libanonkrieg

Der Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Rolf Mützenich ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Mit ihm sprach Jochen Loreck.

Jürgen Loreck: Herr Mützenich, Sie sind vor wenigen Stunden von einer Syrien-Reise nach Deutschland zurückgekehrt - mit welchen Eindrücken?

Mützenich: Die politische Kluft zwischen Syrien und dem Westen ist erheblich. Eine Annäherung wird viel Zeit brauchen. Aber der Versuch muss gemacht werden. Syrien ist ein Teil der Probleme im Nahen Osten, es sollte auch Teil der Lösung sein.

Loreck: Aber Außenminister Steinmeier hat sich eben erst geweigert, nach Syrien zu reisen und den Staatspräsidenten Assad zu treffen...

Mützenich: Für diese Reiseabsage habe ich Verständnis, weil Assad unmittelbar vorher eine hasserfüllte, gegen Israel gerichtete Rede gehalten hat. Man sollte aber zugleich auch die Motive Syriens mitbedenken.

Loreck: Wie meinen Sie das?

Mützenich: Die arabisch-moslemische Welt feiert derzeit den - so sieht man das - Sieg der Hisbollah. Israel hat seine Ziele mit militärischen Mitteln jedenfalls nicht erreicht. Die zwei verschleppten israelischen Soldaten konnten nicht gefunden und befreit werden. Die Hisbollah hat der hoch- gerüsteten israelischen Armee im Südlibanon erfolgreich widerstanden. Hisbollah verfügt vermutlich weiterhin über ein großes Raketen-Arsenal. Die Entwaffnung der Hisbollah ist in weite Ferne gerückt. In dieser Situation will Syrien am militärischen Erfolg teilhaben und politischen Druck aufbauen.

Loreck: Um welche politischen Ziele geht es Syrien?

Mützenich: Kernforderung ist, dass Israel die 1967 eroberten Golanhöhen an Syrien zurückgibt. Darüber haben Israel und Syrien früher ja schon einmal verhandelt. Wenn es an dieser Stelle Bewegung gäbe, würde sich in der syrischen Außenpolitik insgesamt wohl eine Menge ändern.

Loreck:  Israels Interesse wird es aber doch sein, zunächst die Hisbollah entwaffnet zu sehen...

Mützenich: Nachdem die Hisbollah militärisch so erfolgreich war, wird sie gerade jetzt nicht geneigt sein, sich entwaffnen zu lassen. Das wird ein langer, schwieriger innerlibanesischer Prozess. Am Ende könnte sich die Hisbollah zu einer primär politischen Bewegung wandeln.

Loreck: Klingt nicht gerade optimistisch...

Mützenich: Um die Lage jetzt zu stabilisieren, braucht man eine Stärkung der Zentralregierung im Libanon - und nicht zu vergessen: Wir brauchen eine Entschärfung des Kernkonflikts: Zwischen Israel und Palästina muss eine faire Zweistaatenlösung her.