Mützenich: Trump scheint unberechenbar

Interview mit Birgit Langhammer
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NDR Info, 20.01.2017
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Der stellv. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat sich vor Amtsantritt von Donald Trump besorgt gezeigt. Eine Umfrage zeigt geteilte Meinungen zum neuen US-Präsidenten.

Birgit Langhammer: Donald Trump wird heute vorrausichtlich kurz vor 18 Uhr unserer Zeit in Washington vor dem Kapitol seinen Amtseid ablegen und seine Antrittsrede halten. Und diese wird mit besonderer Spannung erwartet, weil natürlich weltweit sehr viel davon abhängt, was der wichtigste Mann der USA so plant, auch für die internationalen Beziehungen, die Wirtschaft. Die Anleger sind momentan auch noch in Lauerstellung. Gabi Klussmann hat sich in der Fußgängerzone einmal umgehört.

O-Töne: „Was halten Sie eigentlich von Donald Trump?“

„Ich bin schockiert, dass Amerikaner, und vor allen Dingen Amerikanerinnen, den gewählt haben“

„Politisch ist das wahrscheinlich eben relativ ohne Basis und er hat ja selbst in seiner eigenen Partei kaum Rückhalt, zumindest nicht so viel. Und sein Stil lässt zu wünschen übrig.“

„Ich finde, man sollte ihm eine Chance geben. Warten wir es doch erstmal ab, was passiert. Da ist schon so viel im Vorherein gesagt worden und getan worden und man muss jedem eine Chance geben, man sagt sogar die ersten 100 Tage. Und danach rechne ich ab und danach mache ich mir auch Gedanken.“

„Wir müssten normalerweise erst einmal wissen, was er im nächsten halben Jahr macht. Aber seine Sprüche bisher waren nicht ganz so toll.“

„Das Schlimme ist ja, was man so mitbekommt, dass er seine Pläne auch gerne wieder umwirft. Dass darauf nicht Verlass ist, auf gar nichts, was er sagt. Und es erstaunt mich immer wieder, wie viele Menschen ihn dennoch gewählt haben, wohlwissend, dass gelogen und betrogen wird.“

Langhammer: Was wird sich ändern unter Donald Trump? Dazu jetzt auch der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich, guten Morgen!

Rolf Mützenich: Guten Morgen, Frau Langhammer!

Langhammer: Gerade in der Umfrage gehört: Jeder hat eine Chance verdient. Herr Mützenich, sind wir zu ungeduldig mit Donald Trump?

Mützenich: Ich glaube, wir sind nicht zu ungeduldig, wir sind gespannt und natürlich verunsichert. Das hat ja auch eine Bürgerin gesagt. Sie hat darauf hingewiesen, dass Donald Trump sowohl im Wahlkampf, aber offensichtlich auch jetzt sehr unberechenbar scheint, weil er nämlich eine Menge an Positionswechseln vollzogen hat. Und in der Tat, wir müssen jetzt abwarten, was seine ersten Entscheidungen sind. Und die werden wahrscheinlich innenpolitischer Art sein.

Langhammer: 96% der Top-Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung in Deutschland betrachten den Beginn der Amtszeit mit Sorge. Das hat eine Umfrage des Instituts Allensbach ergeben. Nur zwei Prozent glauben an eine Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen unter dem neuen Präsidenten. Gehören Sie zu den zwei Prozent?

Mützenich: Eher nicht. Insbesondere auch, weil ich ja auch die Interviews kenne, die wahrscheinlich viele von uns gelesen haben und da hat er ja auch gegenüber Deutschland eine sehr ambivalente Rolle an den Tag gelegt. Und auf der anderen Seite hat er da ja auch sehr stark diejenigen in Deutschland unterstützt, die nationale Themen, aber insbesondere auch autokratisches Gebaren an den Tag legen und das ist durchaus auch eine Gefahr für Deutschland innerhalb der Europäischen Union, aber auch im Hinblick auf unsere Souveränität.

Langhammer: Bis hierhin war ja auch das Motto von Kanzlerin Merkel eher Ruhe zu bewahren und nicht über jedes Stöckchen springen. Was sind die Strategien der deutschen Politik? Weiterhin reagieren, oder wird man irgendwann auch wieder an den Punkt der Aktion kommen?

Mützenich: Nein, wie müssen natürlich genau beobachten, was er tut. Ich glaube, - das ist zumindest bei mir so – die größten Sorgen mache ich mir darüber, wie er mit unvorhergesehenen Krisen und Ereignissen umgehen wird und ob er eben dann auch versucht, Partner einzubinden. Das war ja genau auch die wichtige Betonung von Präsident Obama und seiner Administration, gemeinsam vorzugehen und internationale Organisationen zu stärken. Und wenn Donald Trump letztlich nur allein entscheidet, dann finde ich, müssen auch von Deutschland aus nicht nur deutliche Worte gefunden werden, sondern wir müssen uns auch mit anderen zusammen tun, um auf die wichtige Bedeutung von internationalen Organisationen zurück zu kommen.

Langhammer: Es hieß ja jetzt auch schon öfter, das Land wird nicht nur vom Präsidenten gelenkt, die Entscheidungen nicht nur von Trump gefällt, sondern da sind viele Experten und andere Politiker dabei. Muss man sich vielleicht auch wieder ein bisschen entspannen, ein bisschen lockerer werden, auch im Umgang mit seinen Ach-so-geliebten Twitter-News?

Mützenich: Ich denke, wir sind locker. Ich glaube, wir beobachten eben genau die harten Entscheidungen. Aber wenn Sie ansprechen, dass wir es mit einem pluralistischen System zu tun haben, dann ist das richtig. Aber Kongress scheint mir zumindest mit der republikanischen Mehrheit so aufgestellt zu sein, dass er Donald Trump nicht stoppen wird, insbesondere bei internationalen Entscheidungen. Auf der anderen Seite glaube ich, wir tun gut daran, zu erkennen, dass er sich offensichtlich eben nicht beraten lassen will, sondern er hat ja gesagt, wenn er sich beraten lässt, dass tut er das mit sich selbst.

Langhammer: Soweit der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich zum heutigen Amtseid von Donald Trump.