Mützenich: In Syrien weiter an einer politischen Lösung arbeiten
Sabine Dahl: Aleppo ist zurückerobert... War 2016 möglicherweise der Wendepunkt im Syrien-Krieg?
Rolf Mützenich: Es war mit Sicherheit ein militärischer Einschnitt gewesen, wo nochmal deutlich wurde, dass eben nicht das syrische Regime und seine Streitkräfte in der Lage sind, eroberte Gebiete zurückzuerobern, sondern im Grunde genommen Russland und Iran... Aber es ist letztlich leider eben nur eine schreckliche Zwischenetappe in einem ohnehin sich weiter ausbreitenden Krieg.
Dahl: Der Westen ... ist jetzt außen vor?
Mützenich: Ich würde es nicht sagen als außen vor, sondern Zurückhaltung hat ja darin bestanden, dass wir versucht haben, eine diplomatische Lösung unter dem Dach der Vereinten Nationen mit zu vermitteln - und ich glaube, das war auch der richtige Weg gewesen - und insbesondere die humanitäre Hilfe in den Vordergrund zu bringen. Von Deutschland sind hier die Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, auch erfüllt worden.
Und ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass wir 2017 alles daran setzen müssen, eine politische Lösung für die Region zumindest mit zu bearbeiten. Aber in der Tat, die entscheidenden Player sind zurzeit Russland, der Iran, aber mit Sicherheit auch die Türkei...
Dahl:... Was sollte die deutsche Bundesregierung jetzt machen, also sollen Deutschland und die EU trotzdem dem Putin-Trump-Kurs folgen, also Kurswechsel?
Mützenich: Ich glaube, dass Deutschland gut beraten wäre, innerhalb der Europäischen Union für ein gemeinsames Vorgehen zu plädieren und weiterhin auch die Vereinten Nationen als die Institution zu finden, die für Frieden eintreten muss, auch für Friedenslösung, aber auf der anderen Seite auch die, die humanitäre Hilfe mit Hilfsorganisationen zusammen bereitstellen kann. Das ist der Weg, den die Bundesregierung nach meinem Dafürhalten gehen muss.
Und dafür haben wir auch durchaus ... wichtige Initiativen mit im Rucksack, auch gerade für den Nahen Osten, gehabt. Wir haben ja gezeigt, dass wir eine veritable Krise wie die um das iranische Atomprogramm am Ende doch nur mit diplomatischen Schritten haben lösen können. Weil, wenn das hier eskaliert wäre, hätten wir es mit einer noch viel dramatischeren Situation - sie ist ja dramatisch in Syrien -, aber mit einer noch viel dramatischeren Situation für den Nahen Osten zu tun. Und das ist ein Beleg, glaube ich, für den diplomatischen Weg.
Dahl: Entwicklungsminister Müller ... hat angekündigt, 15 Millionen Euro bereitzustellen für ein Entwicklungsprogramm für Aleppo. Ist das nicht ein bisschen früh?
Mützenich: Es ist zumindest eben ein Zeichen dafür, dass wir weiterhin auf humanitäre Hilfe setzen. Und es ist ja im Grunde genommen der Punkt, den die Menschen zurzeit dort brauchen. Es ist ja nicht nur die Nahrungsmittelhilfe, sondern es ist die Infrastruktur, es ist die medizinische Versorgung, und hier geht die Bundesregierung, glaube ich, einen guten Weg, und wir sind auch Vorbild.