Mützenich: Hoffen, dass es in den USA eine Rückkehr zu einer vernünftigen Politik gibt
Judith Schulte-Loh: ... Ist es tatsächlich vorstellbar, dass es zu einer Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten kommt?
Rolf Mützenich: Hoffen wir, dass dies verhindert wird. Dazu bedarf es natürlich der Kompromisse und letztlich auch der klugen Politik ... Wir können nur hoffen, dass es in den USA auch wieder zu einer Rückkehr zu einer vernünftigen Politik kommt. Aber seit Jahren hat sich hier angedeutet, dass Kompromisse, die eigentlich im System angelegt werden, überhaupt nicht mehr erfüllt werden. Dennoch müssen wir hoffen.
Schulte-Loh: ... Inwiefern spielt (in Washington) der Iran und die Öffnung des iranischen Präsidenten gegenüber dem Westen eine Rolle?
Mützenich: Auf jeden Fall ist das ein Thema im Kongress, aber auch in den Medien ... Es ist durchaus auch eine innenpolitische Diskussion darüber entbrannt, ob man den Versuchen der neuen iranischen Regierung nachkommen soll, auch hier Kompromissbereitschaft anzudeuten, also auch der Diplomatie einen Weg zu geben. Man hat hier durchaus den Eindruck, wenn man mit unterschiedlichen Akteuren zusammenkommt, dass durchaus auch der Diplomatie eine Chance gegeben werden soll, genauso wie im Fall Syrien. Vieles hängt miteinander zusammen. Und man möchte auch gern hier von Europa mehr erfahren, welche Eindrücke wir gewonnen haben im Umgang sowohl mit der neuen iranischen Regierung, aber auch mit der Situation im Nahen und Mittleren Osten und auch den Umbrüchen in der arabischen Region.
Schulte-Loh: Spielt tatsächlich die deutsche Position da eine Rolle?
Mützenich: Sie wird in dem Sinne wahrgenommen, dass wir Erfahrungen mitteilen können und auch aus unseren Kontakten zu unterschiedlichen Akteuren in der Region natürlich auch letztlich Interessen abgeleitet werden können. Ich denke schon, dass Deutschland nicht der alleinige Akteur ist, sondern insbesondere auch die Europäische Union gefragt ist. Aber Deutschland ist immerhin Teil der Sechs-Parteien-Gespräche, wo eben die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, aber auch Deutschland seit einigen Jahren mit dem Iran versuchen, dieses Thema zu behandeln. Mit der alten Regierung in Teheran ist es nicht gelungen. Wir hoffen natürlich jetzt gerade, das neue Momentum zu nutzen.
Schulte-Loh: ... Ist tatsächlich eine Verbindung zwischen Europa und den USA nach wie vor so wichtig ...?
Mützenich: Asien bleibt natürlich auch das Zentrum und letztlich insbesondere auch das Zentrum der Weltwirtschaft. Und die USA werden hier weiterhin, und sie werden wahrscheinlich auch noch verstärkt, unabhängig von den zukünftigen Präsidenten, sich verstärkt engagieren. Aber auf der anderen Seite wissen sie, dass sie in Europa natürlich auch auf langjährige Partner auch verlässlich zurückgreifen können. Und wir haben es natürlich gerade im asiatischen Raum mit sehr unterschiedlichen Akteuren zu tun, die auf der einen Seite zwar auch Partner der USA in der Vergangenheit gewesen sind.
Aber es ist sozusagen eben auch im Rahmen - damals leider - des Kalten Krieges eine Partnerschaft entwickelt worden, die sich über Jahrzehnt auch bewährt hat. Und darauf versuchen natürlich auch die USA immer wieder einen Rückgriff zu nehmen. Und sie sehen auch mehr und mehr, dass sowohl die Umbrüche in der arabischen Welt, aber auch das Verhältnis zu Russland letztlich Europa braucht.