Irak und die Proliferation von Massenvernichtungswaffen
Sibylle Quenett: Herr Mützenich, US-Präsident Bush will nun doch die Geheimdienstberichte über Massenvernichtungswaffen im Irak prüfen lassen. Gibt er damit nicht der Bundesregierung Recht?
Rolf Mützenich: Rechthaberei hilft in der internationalen Politik selten weiter. Aber das Eingeständnis, dass der Irak keine einsatzbereiten Massenvernichtungswaffen besessen hat, ist bedeutsam und zeigt, dass dieser Krieg offensichtlich nur auf Verdacht geführt wurde. Das wiegt für mich genauso schwer wie das fehlende UN-Mandat.
Quenett: Sehen Sie eine Abkehr von der neuen US-Doktrin, zur eigenen Sicherheit auch Präventiv-Kriege zu führen?
Mützenich: Die Strategie der USA, Massenvernichtungswaffen durch Abrüstungskriege zu zerstören, ist gescheitert. Das ist aber kein Anlass zur Häme. Im Gegenteil, den Europäern bietet sich nun die Chance, gemeinsam mit den USA über wirksamere und gemeinsame Schritte zur Eindämmung zu sprechen.
Quenett: Welche Rolle kann in den Zeiten des globalen Terrorismus eigentlich noch Rüstungskontrolle spielen?
Mützenich: Europa hat von der Rüstungskontrolle profitiert. Ein Problem ist bislang, dass offensichtlich die Überprüfung nicht ausreicht. Ich bin davon überzeugt, dass auch Terror-Organisationen noch Staaten als indirekte Helfer und Rückzugsraum brauchen, um an Massenvernichtungswaffen zu kommen. Dies zeigt auch Pakistan. Deshalb sollte es möglich sein, über eine effektive Rüstungskontrolle zu sprechen, die auch wirksame Sanktionen vorsieht, um die Verbreitung dieser Waffen einzudämmen.
Quenett: Was kann Deutschland tun, um einen stabilen Irak zu fördern?
Mützenich: Der Bundeskanzler hat immer das deutsche Interesse an einem stabilen und friedlichen Irak, und damit auch der ganzen Region, deutlich gemacht. Voraussetzung für Hilfe ist natürlich, dass es dort eine legitime Regierung, ein UN-Mandat und darüber hinaus eine Anfrage an die Nato gibt. Gerhard Schröder sollte aber auch mit Bush offen über neue gemeinsame Wege zur Eindämmung der Massenvernichtungswaffen sprechen. Deutschland muss hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.