Ex-Bundeskanzler Schröder feiert mit Putin: Zu gute Freunde?

Interview mit Kerstin Hermes
Veröffentlicht: 
WDR 2, 29.04.2014
Thema: 
Zu Schröders Geburtstagsfeier in St. Petersburg

Altkanzler Schröder hat mit Kremlchef Putin seinen 70. Geburtstag in St. Petersburg nachgefeiert - und dafür Kritik geerntet. Muss Schröder unbedingt mit Freund Putin inmitten der Ukraine-Krise feiern? Auch Rolf Mützenich, außenpolitischer Sprecher der SPD, zeigt sich auf WDR 2 überrascht und irritiert von dem Treffen.

Putins Wagenkolonne fuhr am Montagabend (28.04.2014) am Jussupow-Palais in der einstigen Zarenhauptstadt vor, wo Schröder ihn bereits erwartete. Beide umarmten sich vor dem Palais herzlich. Schröder und Putin gelten als enge Freunde. Das Treffen hatte auch für Aufsehen gesorgt, weil offizielle deutsch-russische Treffen in der Mehrzahl wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine abgesagt worden waren.

Rolf Mützenich: Ich kann die Aufregung verstehen

Gerhard Schröder gilt als erfahrener Medienpolitiker, der um die Macht der Bilder weiß. Rolf Mützenich, außenpolitischer Sprecher der SPD, zeigt sich auf WDR 2 überrascht von dem Treffen und dem daraus resultierenden Foto. Er könne gut die Aufregung darüber verstehen, weil dieses Bild Irritationen hervorrufe. Mützenich geht aber davon aus, dass Schröder seine Kontakte zu Entscheidungsträgern in Moskau auch dazu nutze, die humanitäre Situation der OSZE-Beobachter - die in der Ostukraine festgehalten werden - nicht nur zu erleichtern, sondern letztlich auch die Soldaten zu befreien. "Die Situation, die wir zur Zeit in Europa haben, bedarf der Deeskalation und ich hoffe, dass er das im privaten Gespräch auch angesprochen hat," So Mützenich.

Nach Angaben der Bundesregierung hat der Ex-Kanzler keinen offiziellen Auftrag, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu reden. Als Reaktion auf ein Treffen des SPD-Politikers mit Putin hieß es in der Bundesregierung am Dienstag in Berlin: "Er ist nicht mit einem Auftrag der Bundesregierung unterwegs." Man könne erkennen, "dass Herr Schröder schon aus der aktiven Politik ausgeschieden ist". Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel häufig selbst mit Putin telefoniere und zudem Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem russischen Kollegen in regelmäßigem Kontakt sei.

Scharfe Kritik der Grünen

Bei der Feier handelte es um einen Empfang der Nord Stream AG. Schröder ist Vorsitzender des Aktionärsausschusses des Unternehmens, das die gleichnamige Ostsee-Pipeline betreibt und vom russischen Staatskonzern Gazprom dominiert wird.

 "Wenn Bundeswehrsoldaten in der Ostukraine von pro-russischen Milizen gefangen gehalten werden, dann ist das nicht der Zeitpunkt für sorglose Geburtstagsfeiern mit dem Duzfreund Wladimir", erklärte die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Es sei gute Tradition, dass sich ehemalige Regierungschefs in Krisen als Vermittler betätigten. "Vermitteln bedeutet allerdings nicht, Party mit Putin zu feiern und die ernsthaften und schwierigen Bemühungen des sozialdemokratischen Außenministers zur Eindämmung der Krise auf gefährliche Art und Weise zu torpedieren."

Interview im Wortlaut:

Kerstin Hermes: Sie umarmen sich, sie lachen, zwei gute alte Freunde begrüßen sich zu einer Geburtstagsparty. Normalerweise kein Problem, wenn es nicht Altkanzler Gerhard Schröder und Russlands Ministerpräsident Valdimir Putin wären, mitten in der schweren Ukraine-Krise. Die Grünen sagen, Schröder untergrabe damit die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung. Die hat inzwischen klargemacht, Schröder habe keinen offiziellen Auftrag. Darüber müssen wir reden mit Einem, der Gerhard Schröder gut kennt, der stellvertretende SPD-Vorsitzende im Bundestag für die Bereiche Außenpolitik, Verteidigung und Menschenrechte, Rolf Mützenich. Schönen guten Tag!

Rolf Mützenich: Guten Tag, Frau Hermes!

Hermes: Was haben Sie gedacht, als Sie das Foto gesehen haben?

Mützenich: Wie viele andere auch, war ich heute Morgen überrascht über das Foto und über die Meldung. Ich war darüber nicht informiert.

Hermes: Würden Sie so was machen?

Mützenich: Ich bin froh, dass ich nicht in eine solche Lage komme oder mich auch begebe.

Hermes: Können Sie die Aufregung denn verstehen?

Mützenich: Ich kann die Aufregung natürlich durchaus verstehen, weil dieses Bild natürlich auch Irritationen hervorrufen kann, gerade in einer Situation, wo wir uns mit anderen europäischen Regierungen auch überlegen, wie können wir letztlich auf der einen Seite auf die Ängste reagieren, die ja auch real sind und wie können wir auf der anderen Seite an Initiativen anknüpfen, die insbesondere die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister in den letzten Wochen immer wieder versucht haben.

Hermes: Nun kennen Sie ja Gerhard Schröder sehr gut. Er ist ein erfahrener Medienpolitiker, er weiß um die Macht solcher Bilder. Warum umarmt er Putin öffentlich, auch wenn er sicher sein kann, dass dieses Bild Aufregung provoziert?

Mützenich: Das ist eine wichtige Frage. Aber ich denke, auf der anderen Seite kommt es insbesondere darauf an, ob Gerhard Schröder die unmittelbaren Kontakte, die er zu den Entscheidungsträgern in Moskau hat, und letztlich auch pflegt, auch dazu nutzt, um die humanitäre Situation der OSZE-Beobachter, die eben dort inhaftiert sind, nicht nur zu erleichtern, sondern auch zu befreien. Und auf der anderen Seite letztlich auch deutlich zu machen: Die Situation, die wir zurzeit in Europa haben, bedarf der Deeskalation und ich hoffe, dass er das in einem privaten Gespräch auch angesprochen hat.

Hermes: Also, Sie hoffen es, Sie wissen es nicht, ob er versucht hat, Einfluss zu nehmen auf Putin?

Mützenich: Nein. Genauso, wie ich irritiert war über dieses Ereignis, weiß ich nicht, was letztlich Inhalt war, aber ich gehe schon davon aus, dass Gerhard Schröder um die Sorgen der Menschen in Europa weiß und mit dazu beiträgt, dass die Situation nicht weiter eskaliert. Sie ist ohnehin brandgefährlich.

Hermes: Jetzt ist trotzdem dieses Foto in der Welt, was ja zum jetzigen Zeitpunkt doch recht unglücklich ist, kann man sagen. Hat er die Diplomatie und die deutsche Außenpolitik damit ein Stück weit lächerlich gemacht?

Mützenich: Lächerlich nicht, aber ich gehe davon aus, dass es wichtig ist und er auch er es in solchen Gesprächen nochmal betont hat: Die Europäische Union handelt als Partner innerhalb dieser Institution. Wir haben uns ja darauf verständigt und wir müssen akzeptieren, dass es unterschiedliche Interessen gibt, zu einer weiteren Stufe der Sanktionen, die die einzelnen Personen betrifft, zu kommen und damit auch ein Signal zu geben. Auf der anderen Seite hören wir heute Morgen, dass angeblich die Manöver an der ukrainischen Grenze beendet worden sind und die Truppen auch in die Kasernen zurückgegangen sind. Wenn das jetzt bestätigt wird, könnte das jetzt ein Anlass dafür sein, dass wir jetzt an die Genfer Initiative anknüpfen können und damit zur Deeskalation beizutragen.

Hermes: Könnte es sein, dass Gerhard Schröder mit dafür verantwortlich ist, dass das heute Morgen stattgefunden hat, die Truppenbewegungen?

Mützenich: Das glaube ich nicht.

Hermes: Sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Rolf Mützenich. Der Konflikt in der Ukraine droht zu eskalieren und Gerhard Schröder feiert seinen 70. Geburtstag inklusive herzlicher Umarmung mit Vladimir Putin. Vielen Dank, Herr Mützenich!

Mützenich: Vielen Dank, Frau Hermes, alles Gute!