Chinas Einfluss ist nicht so sehr groß

Interview von Sibylle Quenett
Veröffentlicht: 
Kölner Stadt-Anzeiger, 07.07.2006
Thema: 
Nordkorea und die Raketenkrise

Der SPD-Abrüstungsexperte Rolf Mützenich hatte sich mehr Einfluss Chinas auf Nordkorea erhofft und wirft Japan in der Raketenkrise Versäumnisse vor. Mit Mützenich sprach Sibylle Quenett.

Sibylle Quenett: Herr Mützenich, wie bedrohlich ist die Situation, nachdem Nordkorea Raketen getestet hat?

Mützenich: Die Lage gibt durchaus Anlass zur Sorge. Es handelt sich um eine nordkoreanische Provokation, die vor allem in der Region Unruhe schafft. Überraschender Weise zeigt sich, dass China scheinbar nur bis zu einem bestimmten Grad Einfluss auf Nordkorea hat. (...)

Quenett:Was haben Sie sich bislang von China erhofft?

Mützenich: Es kann nicht im Interesse Chinas sein, dass das Moratorium, keine Raketen zu testen, jetzt von Nordkorea aufgekündigt wurde. China muss daran gelegen sein, in den 6-Parteien-Gesprächen zwischen Russland, den USA, Japan, China, Nord- und Südkorea über die Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms als Partner akzeptiert zu werden. Offensichtlich ist der Einfluss Chinas aber nicht so groß wie erhofft.

Quenett: Welche Rolle spielt Japan?

Mützenich:Es gab durchaus umstrittene sicherheitspolitische Reaktionen in der japanischen Regierung in der letzten Zeit, bis hin zu Diskussionen über eine Atombewaffnung Japans.

Quenett: Aber Japan wird direkt bedroht durch diese Raketen.

Mützenich: Das ist richtig. Die Bedrohung besteht. Japan hat allerdings auch zur Krisenverschärfung beigetragen. Tokio hat leider bei den 6-Parteien-Gesprächen die Entführung japanischer Staatsangehöriger durch Nordkorea vor über 20 Jahren ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Man kann Japan aber nur raten, Verbündete im asiatischen Raum zu suchen. Das geht nur durch Entspannungspolitik gegenüber Südkorea und China.

Quenett: Wie sinnvoll sind die beschlossenen Handelssanktionen?

Mützenich: Im Grund genommen haben sie keine Wirkung, weil nur noch Handel mit China besteht oder Waren geschmuggelt werden. Sanktionen treffen nicht das Regime, sondern nur noch die bereits gebeutelte Bevölkerung. Schlimm wäre, wenn etwa die Deutsche Welthungerhilfe, oder andere Hilfsorganisationen, die dazu beitragen, dass in Nordkorea Kinder überhaupt überleben können, ihre Arbeit einstellen müssten.

Quenett: Ist damit zu rechnen?

Mützenich: Vermutlich würde China ein Veto im UN-Sicherheitsrat einlegen. Eher ist zu erwarten, dass man weiterhin versucht, die illegalen Geldströme zu kontrollieren und Reisebeschränkungen durchzusetzen. Wichtig wäre, dass die 6-Parteien-Gespräche mit einer einheitlichen Linie auch Japans und der USA fortgesetzt würden.