"Bei Blair bin ich sehr skeptisch"
Richard Meng: Herr Mützenich, Sie leiten die Nahost-Arbeitsgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion. Erwarten Sie vom neuen Nahost-Vermittler Tony Blair Fortschritte?
Rolf Mützenich: Ich bin sehr skeptisch, was seine Vertrauensbasis bei den Palästinensern anbetrifft. Vor wenigen Tagen habe ich diese Vorbehalte bei einer Reise in die Region direkt erfahren. Andererseits muss man sagen: Wenn schon jemand im Nahen Osten zu vermittelt, muss er versuchen, auf die USA einzuwirken, sich von den falschen Ansätzen der vergangenen Jahre zu verabschieden. Blair ist einer der weniger Europäer, denen George Bush zuhört. Der Fehler der USA war doch, dass sie zu wenig für einen israelisch-palästinensischen Friedensprozess taten und nicht genug auf Israel einwirkten. Mit militärischen Schritten lässt sich eine Friedenslösung nun einmal nicht erreichen.
Meng: Wird Blair sich jetzt nicht mehr an Bush orientieren als an den anderen Mitgliedern des Nahost-Quartetts, speziell an der EU und Russland?
Mützenich: Dann wird er keine Akzeptanz haben, auch nicht innerhalb der Europäischen Union. Wir Deutschen haben ein großes Interesse daran, dass sich etwas in Richtung Frieden bewegt und dazu brauchen wir alle Partner.
Meng: Wie beurteilen Sie das Zustandekommen dieser Vermittlerrolle für Blair?
Mützenich: Einen Abstimmungsprozess im Nahost-Quartett scheint es ja nicht gegeben zu haben. Vor allem wurden die deutsche EU-Präsidentschaft und Russland nicht so eingebunden, wie man es eigentlich erwarten müsste für einen Zusammenschluss, der ein gemeinsames Auftreten braucht.
Meng: Ist das ein Zeichen der Schwächung der deutschen Strategie, das Nahost-Quartett wieder zu beleben, auch um die reine Konzentration der internationalen Nahostpolitik auf Washington zu beenden?
Mützenich: Hoffentlich nicht. Aber auf die konkreten Schritte wird es ankommen. Vor allem darauf, dass die palästinensische Übergangsregierung jetzt die versprochenen Hilfen der EU bekommt und ein innerpalästinensischer Prozess in Gang kommt, der die verschiedenen Gruppierungen wieder zusammen führt. Israel muss jetzt Bewegungsfreiheit im Westjordanland garantieren. All das sind Schritte, bei denen es nicht zuerst auf die Person Blair ankommt.