Rede anlässlich der Regierungserklärung zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz sind angemessen, nachvollziehbar und lebensnah. Meine Fraktion unterstützt die Ergebnisse.

(Beifall bei der SPD)

Es war richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Woche noch abzuwarten. Wir brauchten Klarheit über die Folgen der Beschlüsse, die wir Anfang dieses Monats gefasst hatten. Wir mussten wissen, wie sich die Zahlen entwickeln, und wir müssen leider feststellen: Die Zahlen bleiben zu hoch. Die Intensivkapazitäten und das Gesundheitssystem werden wahrscheinlich noch zusätzlich belastet. Und deswegen, meine Damen und Herren, war das der Zeitpunkt, so zu handeln. Deswegen will ich auch sagen: Die Überlegungen, die gestern und in den Tagen zuvor angestellt worden sind, sind immer eine Güterabwägung, nicht mehr und nicht weniger. Ich möchte davor warnen, zu glauben, dass es die eine Entscheidung gibt, die alles besser macht. Diese eine Entscheidung, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es nicht. Andere Länder in Europa haben dies in diesen Wochen schmerzlich feststellen müssen. Bei der Bewertung dieser Ergebnisse gelten die Schlüsselbegriffe fort: Verhältnismäßigkeit auf der einen Seite und Verantwortung auf der anderen Seite. Ich bin der festen Überzeugung, dem wurde gestern Rechnung getragen. Bedrückend, meine Damen und Herren, ist die große Zahl der Menschen, die infolge bzw. an dem Virus gestorben sind. Hinter dieser Zahl verbergen sich tragische Momente. Sie werden weder durch Zynismus noch durch absurde Vergleiche kleiner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]) Ich muss sagen, Kollegin Weidel, der Tiefpunkt in der vergangenen Woche war nicht der Beschluss eines wichtigen Infektionsschutzgesetzes, (Beatrix von Storch [AfD]: Jetzt bin ich gespannt, was kommt!) der Tiefpunkt in der Geschichte der parlamentarischen Demokratie war Ihr Verhalten. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben es erlaubt, dass es einen Angriff auf ein Verfassungsorgan gegeben hat.

(Zuruf von der AfD: Lügner!)

Ich kann nur noch mal sagen: Sie sind nur noch provokativ und bösartig. Anders ist Ihre Politik nicht mehr zu erklären.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Haben Sie die Rede nicht gehört?)

Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Zuversicht ist angebracht. Frau Bundeskanzlerin hat dies gesagt. Ich will an erster Stelle an die vielen, an die Mehrzahl der Menschen erinnern, die bereit sind, vernünftige Regeln, wenn sie dann erklärt werden, einzuhalten. Solidarität und Nachbarschaften existieren fort, und die Menschen werden auch in den nächsten Tagen und Wochen vor dem Weihnachtsfest zeigen, dass Solidarität in diesem Land möglich ist. Die wichtigste Nachricht, die wir in den letzten Tagen erhalten haben, ist doch, dass es offensichtlich Impfstoffe gibt, die schützen, und dass sie bald zur Verfügung gestellt werden können.

Deutsche Wissenschaftler, deutsche Kenntnisse, deutsches Wissen waren mit dafür verantwortlich, dass wir diese Hoffnung bekommen haben. Das bestätigt doch noch mal, dass dieses Land es schaffen kann, sich auch aus dieser Krise herauszubewegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die entscheidende damit verbundene Botschaft ist, dass wir gleichzeitig gesagt haben, dass wir nicht dem nationalen Reflex nachgeben, sondern auf internationale Hilfe setzen, dass wir im Rahmen einer Impfstoffallianz helfen wollen, damit eben auch die Menschen in anderen Ländern, die nicht diese Voraussetzungen haben, in Zukunft über diesen Impfstoff verfügen. Das ist gelebte internationale Solidarität, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage auch: Die Vorbereitungen zur gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz waren überzeugend und weitgehend konstruktiv. Es gab wenige öffentliche Zwischenrufe, zumindest waren sie auf nur wenige hyperaktive Akteure begrenzt.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Na ja! Da widerspreche ich Ihnen aber!)

Das gibt auch Grund zur Hoffnung. Deswegen sage ich: Es gibt Ernsthaftigkeit in den Beratungen, auch wenn sie gestern etwas länger gedauert haben. Aber das zeigt doch – ich sage es noch mal –, dass es wichtig gewesen ist, in einem System, das die föderale Machtbegrenzung kennt, zu Verbindlichkeit und Rechtssicherheit zu kommen. Deswegen will ich mich noch mal dafür bedanken, dass es in der letzten Woche gelungen ist, in einem breiteren Konsens Rechtssicherheit und letztlich Verbindlichkeit herzustellen, nämlich beim Bevölkerungsschutzgesetz.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die trotz mancher Bedenken am Ende diesem Gesetzentwurf zugestimmt hat. Ich hätte mir gewünscht, dass auch Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, das getan hätten.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Das ging leider nicht!)

Bei uns war der Ministerpräsident Ramelow, der einige Wochen vorher um diese Rechtssicherheit gebeten hat. Ich bin dankbar, dass das Land Thüringen am Ende im Bundesrat diesem Gesetz zugestimmt hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage zum Schluss: Ich glaube, dass wir gerade durch die Herstellung dieser Möglichkeiten, dieser Beschlüsse, aber auch durch großzügige Hilfen Hoffnung schöpfen können. Gleichzeitig wollen wir die soziale Demokratie in Deutschland erhalten. Das machen die Maßnahmen deutlich: auf der einen Seite für den Arbeitsmarkt, aber auf der anderen Seite auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ich bin überzeugt, dass wir im Rückblick – hoffentlich – erkennen werden, dass wir verantwortungsvoll und mit dem richtigen Maß gehandelt haben.

Vielen Dank.

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Veröffentlicht: 
Berlin, 26.11.2020
Thema: 
Plenarrede