"Wir müssen aufpassen"
Eine Woche nach dem Ende des Kaukasus-Krieges haben Russlands Präsident Medwedew und der französische Präsident Nicolas Sarkozy in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt, der Rückzug der russischen Truppen aus Georgien solle bis Freitag beendet werden. Die NATO und die EU hatten Russland in scharfer Form zum sofortigen Truppenabzug aus Georgien aufgefordert. Bei einem Krisentreffen warnten die NATO-Außenminister am Dienstag den russischen Staatspräsidenten Dmitri Medwedew vor einem Wortbruch. Im domradio-Interview warnt der SPD-Außenpolitik-Experte Rolf Mützenich vor einer Verschärfung der Lage.
Stephanie Gebert: Wie gefährlich ist das Spiel, welches Russland mit seinen Verbündeten treibt, wirklich?
Mützenich: Ich glaube, es belastet die Beziehungen und insbesondere in Europa werden wir in den nächsten Monaten bzw. Jahren mit diesen Belastungen leben müssen. Wir haben mit einem schwierigeren Russland zu tun, und wir sollten alles versuchen, um die Beziehungen in Zukunft auszubauen. Dafür brauchen wir aber vor allen Dingen Gesprächsbereitschaft. Die internationale Politik war in den letzten Jahres turbulent und wir müssen schauen, dass sie nicht noch turbulenter wird.
Gebert: Aber was ist das für eine Taktik Russlands, wenn sie einen Abzug ankündigt, der dann doch nicht passiert? Der nächste Abzug ist für Freitag angekündigt. Wie glaubwürdig ist diese neue Ankündigung?
Mützenich: Wir müssen natürlich aufpassen. Wir hatten in der letzten Woche eine Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses, und da hat selbst der Außenminister beklagt, dass die Informationen, die den USA vorliegen, relativ unvollständig sind. Gerade in solchen Konflikten sollte man viele Dinge relativieren, hinsichtlich dem, was dort passiert. Russland ist auch in Gebiete Georgiens gegangen, wo die Truppen nichts zu suchen haben. Dank der französischen Ratspräsidentschaft wird Russland jetzt gedrängt sich aus dem Gebiet zurückzuziehen. Es gehören aber immer zwei dazu und Georgien hat in letzter Zeit dieses Verhältnis auch nicht einfach gestaltet.
Gebert: Russland ist nicht Mitglied der NATO und deshalb gibt es den NATO-Russland-Rat. Die Treffen werden bis auf weiteres ausgesetzt. Ist das eine Sanktion die Russland tatsächlich trifft?
Mützenich: Nein ich glaube es trifft Russland überhaupt nicht und es geht auch nicht um Sanktionen in dieser Situation. Nach meiner Meinung muss der NATO-Russland-Rat gerade in Krisensituationen beweisen, dass er in der Lage ist, diese Situation zu entschärfen. Ich mache da ein paar Fragezeichen, für das was die NATO-Außenminister gestern beschlossen haben. Russland versucht sein Bild in der Welt durch den Einsatz von Militär-Truppen wieder zu verbessern. Es hätte gut getan, gerade im NATO-Russland-Rat auch darüber zu sprechen, um Russland mit unseren Informationen und Auslegungen konfrontieren zu können.
Gebert: Europa übernimmt eine Vermittlerrolle. Kann dies zwischen diesen beiden großen und mächtigen Staaten gelingen?
Mützenich: Europa natürlich nicht. Wir sehen ja wie gespalten Europa in dieser Situation ist. Es ist ein schwieriges Verhältnis, gerade mit Staaten der ehemaligen Sowjetunion eine europäische Außenpolitik gegenüber Russland zu gestalten. Die in den letzten Tagen gezeigten Bilder zeigen, dass es schwierig wird, ein vernünftiges Verhältnis zu Russland entwickeln zu können. Wir werden heute mit der Unterzeichung der Stationierung von amerikanischen Abwehrraketen in Polen sehen, dass sich diese Situation vielleicht sogar noch verschlechtert. Russland wird auf diese Aufforderung reagieren und wir tun gut daran, mit Russland über diese Fakten zu reden.