Teheran zählt auf Putin
Der Iran hat die Warnung von US-Präsident George W. Bush vor einem Dritten Weltkrieg als "psychologischen Propaganda- Krieg" bezeichnet. "Derartige Äußerungen spiegeln schlicht die Verärgerung der USA angesichts des iranischen Erfolgs auf dem internationalen Parkett wider", sagte der stellvertretende Leiter des Nationalen Sicherheitsrates, Rahman Fasli, der Nachrichtenagentur ISNA. Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Teheran in dieser Woche habe Washingtons noch zusätzlich verärgert, da die Visite den Status der USA im Nahen Osten geschwächt habe, sagte er.
Bush hatte gestern erklärt, der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad habe deutlich gemacht, dass er die Zerstörung Israels anstrebe. Wer also Interesse an der Vermeidung eines Dritten Weltkriegs habe, müsse auch daran interessiert sein, dass der Iran nicht über die Grundlagen für den Bau einer Atombombe verfüge, sagte Bush.
Die USA und die europäischen Vermittler in dem Konflikt bemühen sich derzeit um eine Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran, weil dieser nicht wie gefordert seine Urananreicherung stoppt. Die Technik gilt als Schlüssel zur Produktion von Atomwaffen. Der Iran hat zurückgewiesen, daran zu arbeiten.
Bush forderte in seiner Rede Russlands Präsidenten Putin Wladimir Putin auf, klarzustellen, ob Russland nach wie vor die internationalen Bedenken gegen das iranische Atomprogramm teile. Putin hatte bei einem Besuch in Teheran erklärt, er gehe davon aus, dass der Iran keine Pläne zur Entwicklung von Atomwaffen verfolge. Er unterstütze aber die internationale Forderung nach einem möglichst transparenten iranischen Atomprogramm.
Auch nach der Bush-Kritik behielt Putin seinen Standpunkt bei. Direkte Gespräche sind seiner Ansicht nach im Atomkonflikt der bessere Weg als Sanktionen oder ein Militäreinsatz. Ein solches Vorgehen sei "immer produktiver und der kürzeste Weg zum Erfolg als eine Politik der Drohungen, Sanktionen und umso mehr als der Plan, Gewalt einzusetzen", sagte er bei einer im Fernsehen übertragenen Fragestunde für die russischen Bürger. Der Iran sei im Energiesektor ein "sehr wichtiger Partner" Russlands.
Putin übte in der Fragestunde erneut deutliche Kritik an der Militärpolitik der USA im Irak. "Schießen können sie, aber keine Ordnung schaffen", sagte er. Er forderte von Washington ein konkretes Datum für einen Truppenabzug aus dem Irak.
Putin ist nicht erst seit seinem jüngsten Besuch in Teheran auf Schmusekurs mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad. Der Streit um den Iran zeigt auch, wie schlecht es derzeit um das russisch-amerikanischen Verhältnis steht. Der Phase von Harmonie und Solidarität nach dem 11. September folgte ein Auseinanderdriften von Interessen. Moskau wirft Washington vor, "Farbenrevolutionen" im postsowjetischen Raum zu fördern, dauerhaft in Zentralasien Fuß fassen zu wollen und sich über anmaßende Demokratiepostulate massiv indie inneren Angelegenheiten Russlands einzumischen. Im Kreml blieb nicht unbemerkt, dass die überarbeitete Version der Nationalen Sicherheitsstrategie Washingtons vom März 2006 die Partnerschaft mit Russland mit keinem Wort erwähnt. Hinzu kommt der aktuelle Streit um über die Raketenabwehr.
Das angespannte Verhältnis zwischen den USA und Russland löst auch zunehmende Besorgnis bei deutschen Politikern aus. "Die Drohung mit einem dritten Weltkrieg ist unverantwortliches Gerede. Es gefährdet ein gemeinsames und friedliches Vorgehen in der iranischen Atomkrise", sagte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Die Atomkrise könne nicht gewaltsam gelöst werden. "Ein klärendes Wort der Kanzlerin bei ihrem (im November) anstehenden Besuch bei Bush wäre da schon unerlässlich."
Der SPD-Politiker warnte, ein dritter Weltkrieg im Atomzeitalter bedeute das Ende der Menschheit. "Ein solches Bild an die Wand zu malen ist angesichts der aktuellen Herausforderung vollkommen unangemessen." MitBlick auf den Iran-Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin erinnerte Mützenich daran, dass Moskau bisher alle Resolutionen des Uno-Sicherheitsrates mitgetragen habe. Russland habe sogar weitere Maßnahmen ergriffen. So sei weder das Atomkraftwerk in Busher fristgerecht fertig gestellt noch seien Brennstäbe geliefert worden. "Putin agiert im Rahmen der Resolutionen."