Libanon empört über Israels Militäraktionen
Mehrere Scheinangriffe der israelischen Luftwaffe auf die libanesische Hauptstadt Beirut haben die Spannungen zwischen beiden Ländern verschärft. Die libanesische Regierung drohte am Mittwoch mit dem Abschuss israelischer Flugzeuge. Sein Land werde sich Luftabwehrraketen kaufen und diese "bei Bedarf auch einsetzen", sagte Innenminister Achmed Fatfat in Beirut.
Die israelische Regierung wies die Forderung, ihre Flüge über dem Libanon einzustellen, unter Verweis auf eine Wiederbewaffnung der schiitischen Hisbollah-Miliz zurück. Es handle sich umSelbstverteidigung.
"Israelische Provokation"
Minister Fatfat nannte das Verhalten Israels eine Provokation und eine klare Verletzung der Waffenstillstandsvereinbarung auf der Grundlage der UN-Resolution 1701. Die multinationale UN-Schutztruppe Unifil sei offenbar nicht in der Lage, den Libanon vor den israelischen Luftraumverletzungen zu schützen, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Er hoffe jedoch, dass der UN-Sicherheitsrat genügend politischen Druck aufbauen werde, um Israel an weiteren Luftraumverletzungen zu hindern.
Mehrere israelische Kampfjets hatten am Dienstag im Tiefflug Scheinangriffe auf den Süden Beiruts geflogen. Süd-Beirut ist eine Hisbollah-Hochburg und war im Krieg zwischen der Schiitenmiliz und Israel schwer zerstört worden. Auch über der südlibanesischen Hafenstadt Tyros kam es zu Scheinattacken.
Libanons Armee feuerte daraufhin erstmals aus Luftabwehrgeschützen auf israelische Jets. Libanons veraltete Streitkräfte haben derzeit keine Luftabwehrraketen. Israel begründet seine Überflüge damit, dass noch immer Waffen aus Syrien und Iran über die syrisch-libanesische Grenze nach Libanon geschmuggelt würden und die Hisbollah wieder aufrüste.
Belege Israels dafür sind seit Kriegsende nie öffentlich gemacht worden. Nur einmal hatte die libanesische Armee einen Waffenkonvoi abgefangen. Die libanesische Regierung hatte erklärt, es gebe allenfalls Einzelfälle von Waffenschmuggel. Die Hisbollah behauptet,sie habe ihre Waffenlager gleich nach dem Krieg wieder aufgestockt.
Verstoß gegen Resolution 1701
Die israelischen Flüge seien ein klarer Verstoß gegen die UN-Resolution, sagte auch Milos Strugar, der politische Berater der Unifil, der SZ. Es gebe allein im Südlibanon an manchen Tagen bis zu fünf solcher Verstöße. Oft drängen israelische Jets aber auch von der See aus weiter im Norden in den Libanon ein.
Israel erklärte, es werde die Flüge fortsetzen. "Solange weiterhin von der syrisch-libanesischen Grenze aus Waffen an die Hisbollah geliefert werden, nehmen wir unser Recht auf Selbstverteidigung wahr", sagte Regierungssprecherin Miri Eisen der SZ. Sie erwähnte Geheimdienstberichte zum Waffenschmuggel, handfeste Beweise habe man aber nicht.
Gespräche über Gefangenenaustausch
Trotz der neuen Vorfälle sprechen Israel und die Hisbollah über den Austausch zweier im Juli gefangen genommener israelischer Soldaten. Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah sprach von "ernsthaften Verhandlungen". Ein UN-Unterhändler treffe regelmäßig mit Vertretern beider Seiten zusammen.
Die US-Regierung warnte am Mittwoch vor einem Umsturz im Libanon. Die Beweise häuften sich, dass Syrien und Iran sowie die Hisbollah und andere Verbündete im Libanon Pläne zum Sturz der demokratisch gewählten Regierung von Premier Fuad Siniora vorbereiteten.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will am Freitag in Beirut und in Tel Aviv politische Gespräche führen. Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich forderte Jung auf, dabei auch die Vorkommnisse zwischen israelischer Luftwaffe und deutscher Marine vor der libanesischen Küste anzusprechen. Die Sozialdemokraten seien über diese Vorkommnisse irritiert.