Einhellige Ablehnung für Vorstoß von Scholz für deutsche Atomwaffen
Auf parteiübergreifende Ablehnung ist ein Vorstoß des früheren Verteidigungsministers Rupert Scholz für deutsche Atomwaffen gestoßen. In einer Aktuellen Stunde des Bundestages zum umstrittenen Atomprogramm des Iran betonte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, am Donnerstag die Bundesregierung beteilige sich nicht an einer Diskussion über militärische Mittel. Scholz hatte die atomare Bewaffnung der Bundeswehr unter bestimmten Bedingungen für nötig erklärt. Der CDU-Politiker sagte der "Bild"-Zeitung: "Im Lichte derGefahr, dass nukleare Massenvernichtungswaffen auch in die Hände von Terroristen geraten könnten, müssen wir diese Frage ernsthaft diskutieren." Scholz war von 1988 bis 1989 Verteidigungsminister. Er betonte, ein Bedrohungs-Szenario halte er vor dem Hintergrund des iranischen Atomwaffen-Programms "keineswegs für abstrakt". Er verwies auf den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, der Terror-Staaten mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht habe.
Die CDU/CSU im Bundestag unterstützte den Vorstoß nicht. Ihr verteidigungspolitischer Sprecher Bernd Siebert erklärte, die Debatte über eine solche Bewaffnung entbehre jeder Grundlage. Der außenpolitische Sprecher Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg erklärte, der Vorstoß sei in der Sache nicht dienlich, er werde von der Union nicht unterstützt. Der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer stellte klar, Deutschland habe grundsätzlich auf Atomwaffen verzichtet und dies im Zwei-plus-vier-Vertrag bekräftigt. "Das muss auch ein früherer Verteidigungsminister wissen", fügte er hinzu. Sein Kollege von den Grünen, Jürgen Trittin, nannte den Vorstoß unverantwortlich. Gegen Terroristen hülfen keine Nuklearwaffen. Jürgen Nachtwei, ebenfalls von den Grünen, sagte, wer die Nuklearoption gegen den Iran ins Feld führe, fördere die Weiterverbreitung von Atomwaffen statt sie einzudämmen. Norman Paech von der Linkspartei nannte den Vorstoß eine Ungeheuerlichkeit. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sprachv on einer "Einzelmeinung", für die es "keinerlei politische Unterstützung" gebe.
Zwiespältiges Echo auf Nukleardrohung Chiracs
Unterschiedlich reagierte die Koalition auf die Nukleardrohung Chiracs. Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses, Ruprecht Polenz(CDU), erklärte, Chirac selbst habe einen Zusammenhang seiner Äußerung mit dem Iran nicht hergestellt. Man müsse dem Regime in Teheran im Zusammenhang mit dem Streit über dessen Atomprogramm immer einen gesichtswahrenden Ausweg lassen. Guttenberg (CDU) sagte, Chirac habe mit seiner Äußerung "die Welt nicht neu erfunden, wenn auch der Zeitpunkt nicht glücklich gewesen sein mag".
Der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich erklärte, das Festhalten der Atomstaaten an ihren Atomwaffen sowie deren Modernisierung verleiteten auch andere Staaten wie den Iran, nach Atomwaffen zu streben. Er forderte eine Rückkehr zur Abrüstungspolitik. Sein Fraktionskollege Andreas Weigel meinte, Europa müsse sich Gedanken machen, ob die Atomwaffen Frankreichs und Großbritanniens in der gemeinsamen europäischen Verteidigung eine Rolle spielen sollten. Als unangemessen und nicht hilfreich beurteilten FDP, Grüne und Linkspartei, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die Äußerung Chiracs bei ihrer Visite in Paris nicht gerügt habe.