Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete lehnen zusätzliche Diätenerhöhung ab und wollen Änderungen am Gesetzentwurf erreichen
Zum derzeit im Bundestag diskutierten Gesetzentwurf erklären die vier Kölner SPD-Bundestagsabgeordneten:
Wir teilen die von vielen geäußerte Besorgnis, dass eine erneute Diätenerhöhung inner-halb kurzer Zeit das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik untergräbt und können das Unverständnis hierüber sehr gut nachvollziehen. Gerade weil wir Bundestagsabgeordnete selbst über die Höhe unserer Einkünfte entscheiden (müssen!), kommt es darauf an, die Frage der Abgeordnetenentschädigung sensibel und nachvollziehbar zu behandeln.
Wir Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete haben der 2007 erfolgten Reform der Abgeordnetenbezüge zugestimmt, auch in der Erwartung, dass damit weitere Diätenerhöhungen vor dem Jahr 2010 ausgeschlossen sind. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir gerade in dieser Frage glaubwürdig und konsequent handeln müssen.
Aus den vorgenannten Gründen lehnen wir die nunmehr vorgeschlagene zusätzliche Diätenerhöhung ab und werden in der Fraktion dagegen stimmen. Da sich viele andere SPD-Bundestagsabgeordnete ähnlich geäußert haben, hoffen wir, dass der Gesetzentwurf noch entsprechend abgeändert wird. Damit könnte auch die in der Begründung zur letzt jährigen Anpassung gemachte Zusage eingehalten werden, dass die nächste Anpassung nicht vor 2010 erfolgt. Wir haben die SPD-Fraktionsführung entsprechend angeschrieben.
Bei aller berechtigten ? und von uns geteilten ? Kritik an der zusätzlich geplanten Diäten-erhöhung wollen wir aber auch deutlich machen, dass die grundsätzliche Thematik der Abgeordnetenentschädigung differenzierter diskutiert werden sollte, als dies derzeit in der Öffentlichkeit geschieht.
So wird vielfach unterschlagen, dass es vor der Anpassung zum 1.1.2008 seit 2003 keine Diätenerhöhung mehr gegeben hat. Wenn man diese Erhöhung 2008 schon mitberücksichtigt, ist die Abgeordnetenentschädigung in den 10 Jahren zwischen 1998 und 2008 um 9,2 % angestiegen, also unterhalb der Inflationsrate von 14,8 %, während der Gehaltstarifindex um 23,16 % gestiegen ist. Die Erhöhungen bewegen sich somit im relativen Gleichschritt mit den Beamtenbezügen der einschlägigen Besoldungsgruppe B 6 (9,3 %) und liegen nur leicht über den Rentenanpassungen (9,0 %). Als problematisch wird allerdings vor allem die relativ gute Altersversorgung für die Abgeordneten angesehen.
Beide Punkte wurden in dem 2007 beschlossenen Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes aufgegriffen.
Zur Erinnerung: Das Gesetz verfolgt drei zentrale Ziele:
- Der Altersversorgungsanspruch wird deutlich abgesenkt, und zwar um ein Sechstel (2,5 statt 3 Prozent Steigerung pro Jahr der Bundestagszugehörigkeit).
- Die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das 67. Lebensjahr (?Rente mit 67?) wird wirkungsgleich umgesetzt.
- Als Orientierungsgröße für die Abgeordnetenentschädigung soll künftig das monatli-che Grundgehalt der Bürgermeister kleiner Städte und von Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern (Beamtenbesoldungsgruppe B 6) und der obersten Bundesrichter (Richterbesoldungsgruppe R 6) gelten, und zwar ohne die anteiligen Sonderzahlungen, so dass die Monatsbezüge in zwei Schritten bis zum 1. Januar 2009 auf 7.668 ? ange-hoben werden.
Die Anlehnung bzw. Orientierungsgröße halten wir grundsätzlich auch für sachgerecht. Aus finanziellen Gründen sollte niemand in die Politik gehen. Die Bezüge sollten jedoch auch sicherstellen, dass Politiker/innen unabhängig agieren können und nicht etwa auf Nebeneinkünfte angewiesen sind (80 % der Bundestagsabgeordneten üben keine bezahlte Nebentätigkeit aus).
Bei einer 60- bis 70-Stundenwoche kommen Bundestagsabgeordnete auf umgerechnet etwa 27 Euro Stundenlohn brutto. Wir können darin keine unangemessene Bezahlung erkennen. Es wäre schön, wenn dies insgesamt stärker als bisher gewürdigt werden könnte. Die steuerfreie Aufwandspauschale stellt ? entgegen mancher Ansicht ? kein zusätzliches Einkommen dar, sondern dient ausschließlich der Abdeckung mandatsbezogener Mehrkosten. Hierzu zählen beispielsweise die Unterhaltung von Bürgerbüros im Wahlkreis, einer Zweitwohnung in Berlin, Porto- und Reisekosten, Öffentlichkeitsarbeit oder etwa die Finanzierung von Veranstaltungen. Im Gegenzug können Abgeordnete steuerlich keinerlei Ausgaben als Werbungskosten geltend machen.
Die 2007 beschlossene Tarifanpassungsregelung halten wir vor diesem Hintergrund grundsätzlich für sinnvoll, um zukünftige Erhöhungen an einen objektiven und gerechten Maßstab zu binden. Allerdings darf sie nicht ? wie oben dargelegt ? mit den bereits be-schlossenen Anpassungsschritten kumulieren.
Die in der Öffentlichkeit immer wieder vorgetragene Forderung, die Frage der Abgeordnetenentschädigung einer Unabhängigen Kommission zu übertragen, ist bindend nicht mög-lich. Am Ende müssen nun einmal immer die Abgeordneten selbst die Verantwortung für ein entsprechendes Gesetz übernehmen und über ihre Diäten entscheiden. Denn das Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lassen insoweit keinen Spielraum. Die vom Bundestag eingesetzte unabhängige Kommission zur Änderung des Abgeordnetenrechts (Kissel-Kommission) von 1993 führte seinerzeit hierzu aus, dass eine bindende Entscheidung einer Unabhängigen Kommission auch nicht durch eine Grundgesetzänderung herbeigeführt werden könnte.
Gerade weil uns niemand die letzte Verantwortung für unsere eigenen Bezüge abnehmen kann, kommt es für uns darauf an, stets eine angemessene, nachvollziehbare und glaubwürdige Entscheidung zu treffen.