Amerkanische Raketen abziehen

Danke schön. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Danke für die Glückwünsche! Danke für die Debatte!

Ich finde, wir sollten uns noch einmal rückversichern, um was es bei dieser Debatte geht und worauf Hans Kristensen von der Vereinigung der amerikanischen Wissenschaftler hingewiesen hat. Er hat auf einen Bericht der amerikanischen Luftwaffe hingewiesen, der Mängel in den europäischen Standorten feststellt, die über Nuklearwaffen verfügen. Es wird darüber berichtet, dass die Beleuchtung unzureichend ist, dass es Probleme bei der Umzäunung gibt und dass die Stabilität der Gebäude nicht gewährleistet ist.

Ob es sich um Büchel handelt, wissen wir überhaupt nicht. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich die Bundesregierung um diese Fragen kümmern muss, und ich glaube, das hat sie an dieser Stelle getan. Ich möchte die dort bestehenden Sicherheitsprobleme nicht unter den Teppich kehren, aber wir sollten sie gegenüber den Menschen icht dramatisieren. Ich zitiere Kristensen, der vor Panikmache warnt und sagt: Das heißt ja nicht, dass diese Waffen sozusagen auf der Straße liegen und einfach estohlen werden können. - Dennoch müssen wir iesen Dingen nachgehen, und insofern lohnt sich diese Debatte.
Allerdings bin ich der Meinung - deswegen wunderte ich mich eben ein bisschen -, dass wir diese Waffensysteme schon einmal in Ramstein hatten. Dort sind sie abgezogen worden. Es haben sich nicht diese Fragen ergeben, die die Bundesregierung eben angedeutet hat. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn auch die restlichen Waffen aus Büchel abgezogen würden. Das wäre auch das richtige Signal an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich meine nämlich, dass diese taktischen Atomwaffen heutzutage keinen strategischen Wert mehr haben und im Grunde genommen stellvertretend für die Vergangenheit sind. Das, was im Ost-West-Konflikt militärstrategisch möglicherweise richtig gewesen ist, kann es heute nicht mehr sein. Deshalb habe ich folgende Bitte an die Bundesregierung: Solange Sie - was Sie, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, unterstellen - innerhalb der NATO noch über eine angemessene Militärstrategie mitsprechen können, sollten Sie das tun; schließlich wird das diesbezügliche Dokument nächstes Jahr vorgelegt. Das tut die Bundesregierung mit ihrer Expertise. Ich glaube, genau das ist der Punkt, auf den wir immer wieder aufmerksam machen müssen: Abrüstung und Weiterverbreitung sind zwei Seiten einer Medaille.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Wir können nicht auf der einen Seite über die Weiterverbreitung sprechen, wenn wir nicht auf der anderen Seite für Abrüstung einstehen. Das ist der entsprechende Punkt, und deshalb möchte ich darauf hinweisen: Wir können natürlich über die Deutschland betreffenden Fragen diskutieren; das ist diesem nationalen Parlament auch angemessen. Jedoch dürfen wir nicht verkennen, dass 200 Kilometer von Büchel entfernt in Belgien ähnliche Waffensysteme liegen; diese müssen wir in die Diskussion mit einbeziehen.

Noch viel wichtiger sind die russischen taktischen Atomwaffen. Wenn es im Hinblick auf Russland nur um die mangelnde Beleuchtung ginge, würde ich besser schlafen. Das ist aber nicht der Punkt. In Russland liegen 2 000 taktische Atomwaffen, die möglicherweise in fremde Hände kommen. Deswegen fordere ich die Bundesregierung, aber auch die NATO-Partner auf, mit Russland über dieses Thema zu sprechen. Da setze ich auch auf eine neue Administration, also entweder auf Obama oder auf McCain, die diese Abrüstungsfrage zu Recht wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Taktische Atomwaffen - ich glaube, das ist ein Problem, das wir in den 80er-Jahren eben nicht hatten - sind heute ein weltweites Phänomen. Man muss über Pakistan, man muss über Indien sprechen, und daher wäre es klug, auch über die Möglichkeiten der weltweiten Abrüstung und Rüstungskontrolle neu nachzudenken. Das bietet sich 2010 mit dem Atomwaffensperrvertrag an. Es ist klug gewesen, dass der Bundesaußenminister dieses Thema der Abrüstungs- und Rüstungskontrolle zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hat, seitdem er dieses Amt ausübt. Er hat Vorschläge für die Internationalisierung des Brennstoffkreislaufs unterbreitet. Das könnte helfen, die iranische Atomkrise ein wenig auf einen anderen Pfad zu bringen. Er hat es auf dem Gipfel in Bukarest geschafft, Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder zu Bestandteilen der Philosophie innerhalb der NATO zu machen. Im Grunde genommen erinnert er dort an eine Diskussion der 60er- und 70er-Jahre, die sich aus dem Harmel-Bericht ergab. Man hat auf der einen Seite immer wieder über Sicherheit diskutiert und auf der anderen Seite über Abrüstung als Instrument für Kooperation. Ich kann Sie, die gesamte Bundesregierung, nur ermuntern, darüber auch weiterhin zu diskutieren. Für die einzelnen Ministerien würde sich das lohnen. Die Bundesregierung ist da insgesamt auf einem guten Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen eine neue Abrüstungskultur. Wir, die Bundestagsabgeordneten, sind gemeinsam dieser Meinung, auch wenn es vielleicht die eine oder andere unterschiedliche Auffassung über den Weg gibt. Wir als Sozialdemokratische Partei stehen für diese gemeinsame Abrüstungskultur ein.

Vielen Dank.
 

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Veröffentlicht: 
Berlin, 25.06.2008
Thema: 
Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Haltung der Bundesregierung zu dem Bericht der US-Luftwaffe über Sicherheitslücken bei den US-Atomwaffenlagern in Deutschland und Europa.