Atomare Schatten

Als sich Barack Obama bei seiner Berliner Rede am 24. Juni d.J. mit großer Geste für eine Welt ohne Nuklearwaffen aussprach, brachte ihm dies den mit Abstand größten Applaus ein. "Dies ist der Moment, an dem wir das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen erneuern müssen", erklärte der demokratische Präsidentschaftskandidat. Und in der Tat ist atomare Abrüstung heute dringlicher denn je. Fast 20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges werden, allen voran von den Vereinigten Staaten, Planungen weitergeführt, wonach der Atomkrieg im Rahmen der Strategie der flexiblen Reaktion (flexible response) nicht als apokalyptisch, sondern als begrenz- und gewinnbar gedacht wird.

Gegenwärtig lagern weltweit noch an die 30 000 nukleare Sprengköpfe. Die mehrfache Vernichtungskapazität der Menschheit hat sich seit 1989 also nur unwesentlich verringert. Dafür ist die Verteilung der Massenvernichtungswaffen weit brisanter geworden. Dies belegt keineswegs nur die anhaltende Krise um das iranische Rüstungsprogramm. Denn nahezu unbemerkt von der Weltöffentlichkeit befinden sich die führenden Militärmächte längst wieder in einem neuen atomaren Rüstungswettlauf, der dringend gestoppt werden muss. In den Planungsstäben der Großmächte erlebt die Atombombe eine strategische Renaissance. Der "atomare Schatten", die konkrete Gefahr eines Atomkrieges, entwickelt sich immer mehr zu einer "politisch operativen Größe gängiger Weltpolitik".  Mit der fortwährenden Modernisierung ihrer Arsenale stellen nicht nur die USA, sondern auch Russland, China, Frankreich und Großbritannien die Abrüstungsverpflichtung aus Artikel VI des Atomwaffensperrvertrages in Frage und rücken von dem durch die Überprüfungskonferenz 2000 im Konsens verabschiedeten 13 Punkte-Aktionsplan für nukleare Abrüstung ab.

Bislang zeichnet sich international kein Konsens ab, auf die Option zum Ersteinsatz von Atomwaffen zu verzichten. Trotz gegenteiliger Bekenntnisse im UN-Sicherheitsrat sind immer weniger Kernwaffenstaaten bereit, Zusicherungen des Nichteinsatzes abzugeben und behalten sich weiterhin das Recht vor, konventionelle, chemische oder biologische Angriffe mit dem Einsatz von Kernwaffen zu vergelten. Das mehr als 50 Jahre geltende atomare Tabu wird auf diese Weise Schritt für Schritt aufgeweicht.

Die Konturen dieses neuen nuklearen Zeitalters sind bereits heute abzusehen. Worst-case-Szenarien, deren Eintritt zunehmend wahrscheinlich wird, sind die Verbindung von Terrorismus und Nuklearwaffen; die Gefahr eines atomaren Rüstungswettlaufs im Nahen Osten, ausgelöst durch das iranische Atomprogramm und damit einhergehend eine Neudefinition von staatlicher Souveränität als "nuklearer Souveränität", die mit einer massiven Ausweitung von kleinen und mittleren Nuklearwaffenstaaten einhergehen wird; ein möglicher Kollaps staatlicher Ordnung der Nuklearmacht Pakistan; die illegale Weiterverbreitung von militärischer Atomtechnologie; die legale Weiterverbreitung von ziviler Nukleartechnologie und damit eine Vermehrung der "zivilen" Atomstaaten mit allen weitergehenden Proliferationsrisiken; die Nuklearisierung des Weltraums und ein neuer Rüstungswettlauf zwischen den großen Atommächten.

Zur Pathologie der atomaren Abschreckung

Damit erleben wir gegenwärtig eine zweite Phase atomarer Hochrüstung. Obwohl Nuklearwaffen seit der Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 nicht mehr eingesetzt wurden, haben sie die Weltpolitik in den gut 40 Jahren des Kalten Krieges gleichwohl stark geprägt. Ein falscher Knopfdruck, eine falsche Entscheidung und weite Teile der Erde wären im nuklearen Inferno verglüht. Das Wissen um die apokalyptische Wirkung wurde über Jahrzehnte zur Grundlage eines Sicherheitskonzepts, das auf einem "Gleichgewicht des Schreckens" zwischen den Supermächten beruhte: der Anhäufung immer modernerer Atomwaffen auf beiden Seiten mit der gegenseitigen Gewissheit, dass ein Angriff unweigerlich die eigene Vernichtung nach sich ziehen würde. Der frühere US-Verteidigungsminister Robert McNamara prägte dafür den Begriff der Mutual assured destruction, der wechselseitig zugesicherten Zerstörung. Der daraus resultierende Rüstungswettlauf hat Abermilliarden verschlungen. Die Strategie der Abschreckung und ihre Kritik füllen mittlerweile ganze Bibliotheken.

Das ursprüngliche Konzept der Abschreckung war verteidigungsorientiert, Drohung wurde als Vergeltung verstanden. Die Abschreckung sollte darauf beruhen, dass Drohung und Gegendrohung, Angriffs- und Vergeltungsschlag ebenbürtig waren, dass die den ersten Schlag auslösende Seite über den Erwiderungsschlag mit der Selbstvernichtung rechnen musste. Betrachtet man die Politik der militärischen Abschreckung, so mag es auf den ersten Blick weder als irrational noch als unmoralisch erscheinen, einen potentiellen Gegner von einem Angriff abzuschrecken, indem man ihm mit einem vergleichbaren Übel droht. Gegenseitige Abschreckung scheint deshalb als Instrument der Friedenssicherung sowohl unter rationalen als auch moralischen Gesichtspunkten zunächst nachvollziehbar. Da sie allerdings von einem rational handelnden und urteilenden Gegenüber ausgeht, das weder verrückt oder unfähig sein darf, die zum Verständnis der Drohung rationalen Schlüsse zu ziehen, ergab sich wahrend des Kalten Krieges das Paradox, dass der Westen und der Osten "einander als irrational und gefährlich an(sahen), in ihrer Drohpolitik (aber hofften), dass die andere Macht doch noch genug Rationalität besitzen möge, um wenigstens Drohungen zugänglich zu sein".  Karl Deutsch zufolge ist die Abschreckungstheorie deshalb gemeingefährlich naiv: "Sie ignoriert zum größten Teil die Forschungen, die über das rationale Verhalten von Menschen angestellt wurden, die den verschiedenen Graden des Druckes, der Spannung oder der Ermüdung ausgesetzt worden sind."

Anhänger des "Gleichgewichts des Schrecken" vertraten hingegen die Ansicht, dass es unter den Bedingungen der gegenseitigen atomaren Abschreckung schlicht keinen entwaffnenden Erstschlag geben könne, denn: In einem Nuklearkrieg gäbe es keinen Sieger, sondern nur Verlierer. Dieses "nukleare Tabu" sollte eine Grundvoraussetzung für einen dauerhaften stabilen Frieden bilden. Die Kombination von Bipolarität und Kernwaffen würde demzufolge eine Art Sicherheitsklammer bilden, die die Stabilität des internationalen Systems gewährleisten sollte.

Die Folgen der nuklearen Abschreckungsstrategie , Rüstungsautismus in der internationalen Politik und eine innengeleitete, forcierte Rüstungsdynamik, verdeutlichten aber, wie eine vorgeblich rationale und moralisch vertretbare Strategie Lernprozesse zugunsten friedlicher Kooperation regelmäßig behindert. Trotz des scheinbaren Gleichgewichts, das mit einem enormen Arsenal an konventionellen und nuklearen Waffen geschaffen wurde , versetzten die Supermächte ihre Atomstreitkräfte mehrmals in Alarmbereitschaft. Betrachtet man die tatsächlichen Vorgänge und Planungen während des Kalten Krieges, kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass das Ausbleiben eines nuklearen Kriegs mehr ein Glücksfall, als kühle Berechnung einiger Militärstrategen war. Bereits die Kuba-Krise im Jahr 1962 machte deutlich, wie nahe die Welt am Abgrund eines möglichen Atomkriegs stand. Der Ost-West-Konflikt war deshalb keinesfalls ein Garant für einen stabilen Frieden, sondern zeichnete sich vielmehr durch eine höchst unsichere Bedrohungskonstellation zwischen zwei bis auf die Zähne bewaffneten nuklearen Supermächten aus. Vier nukleare Fehlalarme sind dokumentiert: 1979, 1980, 1983 und 1995 legte sich der ?Atomare Schatten? bedrohlich über die Welt.

Die Renaissance nuklearer Abschreckung

Die bipolare Abschreckungskonstellation endete erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre. Doch war damit auch der "atomare Schatten" vertrieben? Waren die politischen Entscheidungsträger klüger geworden? Waren sie bereit, aus den Fehlern und Fehldeutungen der Vergangenheit zu lernen?

Die mit dem Ende des Ost-West-Konflikts verknüpften Hoffnungen haben sich in den nicht vergangenen zwanzig Jahren realisiert. Die Rüstungsdynamik wurde nicht gebrochen. Nach einem Jahrzehnt der Abrüstung, das 1987 mit dem INF-Vertrag begann und 1997 mit der Chemiewaffenkonvention endete, steigen die Militärausgaben seit 1998 wieder deutlich an. Und auch beim internationalen Waffenhandel ist seit 2002 ein Anstieg um 50 Prozent zu verzeichnen.

Laut SIPRI-Jahrbuch 2007 wurden im Jahr 2006 ca. 900 Milliarden Euro weltweit für militärische Zwecke ausgegeben. Das waren 3,5 Prozent mehr als 2005. In den letzten zehn Jahren sind die Rüstungsausgaben damit weltweit um 37 Prozent gestiegen. Die USA liegen dabei mit großem Abstand an der Spitze: Auf sie entfallen mit 396,2 Milliarden Euro 42 Prozent der globalen Rüstungsausgaben.

Seit dem Ende des Kalten Krieges fand zweifellos eine quantitative nukleare Abrüstung statt, diese wird aber gleichzeitig durch eine qualitative Aufrüstung ausgeglichen. Eine Spezialisierung findet statt: die Waffen werden zielsicherer und moderner. Ein "chirurgischer Eingriff" mit Hilfe von miniaturisierten Nuklearwaffen soll nun nur noch einen "begrenzten" Schaden anrichten: Abschreckungswaffen werden sukzessive zu Angriffswaffen. Die "Pathologie der Abschreckung" - nach Senghaas "die strukturell begründete Autismusanfälligkeit bzw. die Lernpathologien gängiger internationaler Politik"  - ist damit in eine neue Phase getreten. Die Wahrscheinlichkeit eines Kernwaffeneinsatzes hat sich erhöht. Denn ein Blick auf die "amerikanischen, französischen und russischen Doktrinen legt nahe, dass ein kleiner Atomkrieg so schlecht nicht ist, solange die andere Seite nicht zurückschießen kann." Gleichzeitig begeben sich die anderen Atomwaffenmächte längst auf einen ähnlichen Pfad.

Die USA

Die Vereinigten Staaten haben ihre Rüstungsausgaben unter George W. Bush um 62 Prozent erhöht. Das Budget für 2007 lag bei 535 Mrd. US-Dollar - ohne die Kosten für die Kriege im Irak und Afghanistan. Entgegen ihren Verpflichtungen haben die Vereinigten Staaten das Umfassende Atomteststoppabkommen nicht ratifiziert, ein überprüfbares Verbot der Produktion von Spaltmaterialien verhindert, den Raketenabwehrvertrag aufgekündigt und an die Stelle der START-Verträge den jederzeit kündbaren SORT-Vertrag gesetzt. Überdies wird unter der Regierung Bush an neuen Atomwaffen wie dem "Bunkerknacker" oder der "Mini-Atomwaffe" geforscht. Aktuell treibt die Sorge um die Zuverlässigkeit ihres Nukleararsenals die Vereinigten Staaten dazu, nach mehr als zwei Jahrzehnten wieder neue Atomsprengköpfe zu produzieren. Von 2012 an sollen zunächst alte Sprengköpfe auf U-Booten durch neue ersetzt werden. Aufgrund der Entwicklung dieser neuen Generation von Atomwaffen, könnten auch die amerikanischen Atomtests wieder aufgenommen werden und damit ein willkommener Anlass für Länder wie Russland sein, diesem Beispiel zu folgen.

Russland

Russland ist bestrebt, seine alte Rolle als "global player" wieder einzunehmen. Mit seinen gewaltigen Erdöl- und Gasvorräten im Rücken kann Russland es sich nun auch finanziell leisten, den Status einer militärischen Supermacht wieder einzufordern, den es auf dem Gebiet der strategischen Nuklearwaffen ohnehin nie verloren hatte. Dazu betreibt Russland eine umfassende Modernisierung seiner nuklearstrategischen Streitkräfte (als Vorwand dazu dienen auch die US-Raketenabwehrpläne), die unter anderem durch eine expansive Rüstungsexport-Politik abgestützt wird.

Seit Ende der 1990er Jahre steigen die russischen Militärausgaben wieder. Der Verteidigungshaushalt lag 2007 bei 82 Mrd. US-Dollar. Bis 2015 sollen 45 Prozent der Waffensysteme modernisiert und die strategischen Waffen und die Interkontinentalraketen komplett erneuert werden. Im Jahr 2007 haben die russischen Rüstungsexporte erstmals die Rekordsumme von sieben Milliarden Dollar überschritten.  In der mehrfach modifizierten russischen Militärdoktrin wird den Kernwaffen weiterhin die zentrale Bedeutung zuerkannt. Entgegen früheren sowjetischen Verzichtsgarantien gilt auch ein Ersteinsatz wieder als prinzipiell möglich. Moskau beansprucht - wie auch die USA und Frankreich - das Recht auf den Einsatz aller verfügbaren Kräfte und Mittel, inklusive seiner Nuklearwaffen.

Nach der Kündigung des KSE-Vertrags und der Wiederaufnahme von Patrouillenflügen der strategischen Bomberflotte droht Russland nun mit weiteren Maßnahmen, wie der Kündigung des bilateralen INF-Vertrags, der die vollständige Abrüstung nuklearer Mittelstreckenwaffen vorsieht. Bereits seit 2002 sieht sich Moskau nicht mehr an die im START-II-Vertrag enthaltene Limitierung für Mehrfachsprengköpfe gebunden. Eine mobile Version des modernen Raketentyps Topol-M ist im Bau. Neue Interkontinentalraketen mit Hunderten von Sprengköpfen, die hoch manövrierfähig sind und so den Abfangraketen ausweichen könnten, sollen ab 2010 in Dienst gestellt werden. Auch wenn es die Weltöffentlichkeit bisher kaum wahrnimmt - eine neue Runde des nuklearen Wettrüstens hat längst begonnen.

Großbritannien

Nach den USA und der Sowjetunion war Großbritannien das dritte Land, das Nuklearwaffen entwickelte und wurde damit zur weltweit ersten "kleinen" Nuklearmacht. Ursprünglich zur Abschreckung gegenüber der Sowjetunion gedacht, sollen die Atomwaffen nun der Bekämpfung von Terrorismus und zur Verteidigung britischer Interessen weltweit dienen. Großbritannien orientiert sich damit, ebenso wie Frankreich, an der Nuklearwaffenpolitik der USA. Die besondere Nähe zur USA wurde bereits 1958 in einem gegenseitigen Verteidigungsabkommen festgelegt und bestimmt seitdem die Nuklearpolitik des Königreichs. Das traditionell enge Verhältnis zur USA ist, neben der Kooperation mit der NATO, ein Eckpfeiler an dem sich die britische Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert orientiert. Die seegestützten strategischen Kernwaffen und die Trägersysteme werden aus den USA importiert, die britischen Sprengköpfe werden nach dem Vorbild der amerikanischen Sprengköpfe produziert.

Derzeit verfügt Großbritannien über 160 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Auch London plant eine Modernisierung seiner Nukleararsenals: Rund 30 Mrd. Euro will die Regierung ausgeben, um die gegenwärtige Nuklearstreitmacht Großbritanniens zu modernisieren. Die vier mit je 16 atomaren Trident-D5-Raketen ausgerüsteten U-Boote - "Vanguard", "Victorious", "Vigilant" und "Vengeance" - sollen im Verlaufe der kommenden zwei Jahrzehnte durch eine neue Generation ersetzt werden.

Frankreich

Frankreich verfügt mit der "Force de frappe" über drei - mit dem "Terrible" bald vier - Atom-U-Boote mit jeweils 16 Raketen und 6 000 Kilometer Reichweite sowie über 60 Bomber um geschätzte 300 Atomsprengköpfe zu transportieren. Auch über eine Ausdehnung des französischen Nuklearschirms auf Europa wird immer wieder nachgedacht - von den europäischen Nachbarn jedoch bislang mit Skepsis und Zurückhaltung aufgenommen.  Frankreich wäre auch kaum bereit, die Entscheidungsgewalt über seine Atomwaffen auf ein europäisches Kommando zu übertragen, denn Paris betont immer wieder seine Rolle als "Weltmacht", die ihre eigenen nationalen Interessen notfalls auch im Alleingang verfolgt ("exception francaise"). Gleichwohl wäre es eine Überlegung wert, ob das französische Angebot eines europäischen Dialogs über die Rolle der atomaren Abschreckung in der europäischen Sicherheit nicht aufgegriffen werden sollte, allerdings mit dem erklärten Ziel, Optionen für die nukleare Abrüstung zu beschließen.

2006 vollzog Frankreich eine Abkehr von seiner bisherigen Doktrin, bei der Atomwaffen ausschließlich zur Abschreckung dienten. Der damalige französische Präsident Jacques Chirac verkündete, dass das nukleare Arsenal nun auch bei einer möglichen terroristischen Bedrohung zum Einsatz kommen könnte. Außerdem sollen die Atomwaffen von nun an dazu dienen, die strategische Versorgung Frankreichs mit Rohstoffen abzusichern - "ein Novum unter den Sicherheitsdoktrinen des Westens". Diese Doktrin gilt auch unter dem neuen französischen Staatschef Nicolas Sarkozy. Gleichwohl zeichnen sich einige wichtige Änderungen in der französischen Sicherheitspolitik ab. So ist geplant, dass Frankreich beim Gipfeltreffen zum 60. Jubiläum der NATO im April 2009 in Straßburg und Kehl offiziell in die NATO-Kommandostruktur zurückkehren wird. Weitere Eckpunkte der Sicherheitspolitik laut französischem Weißbuch sind eine Armeereform und die Reorganisation der französischen Militärbasen im Ausland.  Zudem sind Einsparungen bei der Armee zugunsten der Atomstreitmacht vorgesehen. Bis spätestens 2010 soll überdies mit dem Bau kleinerer Sprengköpfe, so genannten "Mininukes", begonnen werden, womit die Hemmschwelle für den operativen Einsatz von Kernwaffen weiter gesenkt werden dürfte. Mit der Ausweitung der Nukleardoktrin auf Rohstoffe und Anti-Terror-Kampf findet eine besorgniserregende Banalisierung als auch Marginalisierung von Nuklearwaffen statt. Insgesamt folgt Frankreich damit der amerikanischen Präventivkriegsstrategie und hebt das durch Artikel 51 der UN-Charta verankerte Verbot eines Nuklearwaffeneinsatzes gegenüber Nichtkernwaffenstaaten faktisch auf.

China

Chinas Nuklearpolitik zeichnete sich in der Vergangenheit durch einen eher defensiven Charakter aus. Das relativ geringe Arsenal von 180 Nuklearwaffen soll daher vor allem dem Schutz vor einem möglichen Angriff einer Großmacht dienen. Als weltweit einziger Atomwaffenstaat mit einer vertraglich zugesicherten Doktrin des nuklearen Nichtersteinsatzes, betreibt das Land zugleich eine umfangreiche militärische Aufrüstung. Mit einer Modernisierung des bisherigen Waffenarsenals, mit neuen Interkontinentalraketen und der Aufrüstung seiner U-Boot-Streitkräfte, reagiert China damit auch auf die Nuklearpolitik und die Raketenabwehrpläne der US-Regierung. Ob das Land seine gegenwärtig eher defensive Nuklearpolitik weiterverfolgen wird, ist ungewiss. China hat seine Rüstungssausgaben zwischen 2001 und 2006 von 28 Mrd. US-Dollar auf 49,5 Mrd. US-Dollar erhöht. Ein Teil (und weitere versteckte Mittel) werden in die Nuklearsysteme investiert. Bedenklich ist dabei, dass Peking weder in die START- noch in die INF-Abkommen einbezogen und von daher keinerlei Begrenzungen bei der Modernisierung und dem Ausbau seines Atomwaffenarsenals unterworfen ist. Zudem verfügt Peking über eines der ehrgeizigsten Raketenprogramme der Welt.

Indien und Pakistan

Indien und Pakistan bezeichnen sich offiziell als Kernwaffenstaaten. Die südasiatischen Länder befinden sich damit im Widerspruch zum Atomwaffensperrvertrag, der nur fünf offizielle Kernwaffensaaten vorsieht. Indien sieht in dem Vertrag eine "inhärente Diskriminierung" , die hauptsächlich dazu dient, die nukleare Ungleichheit im internationalen Staatensystem zu verewigen.

Indien, das sich als Großmacht sieht, hat es immer wieder abgelehnt auf die nukleare Option zu verzichten, solange die offiziellen Atommächte ihrer Verpflichtung zur Vernichtung aller atomaren Arsenale nicht nachkommen. Für Indien gibt es nur zwei Möglichkeiten, um das "globale Apartheidsregime" zu beseitigen: Entweder die Atommächte sollten ihre Arsenale mittelfristig ganz abschaffen, oder die Nichtatomwaffenstaaten hätten keine andere Wahl, als nachzuziehen und ebenfalls nuklear aufzurüsten. Das Land sieht es zudem als notwendig an, gegenüber den Nuklearmächten China und Pakistan ebenfalls über ein Abschreckungspotential zu verfügen. Doch die wahren Gründe für ein Festhalten an der bisherigen Nuklearpolitik sind nach Ansicht vieler Experten weniger eine Frage einer real existierenden Bedrohung von Außen, als vielmehr eine Frage des nationalen Prestiges. Indien will die Anerkennung als "global player", und damit aus dem Schatten Chinas heraustreten, das bisher einzige asiatische Mitglied des UN-Sicherheitsrates, in den auch Indien strebt.

Auf bilateraler Ebene soll ein geplantes Nuklearabkommen mit den USA auf den Weg gebracht werden. Es gewährt Indien volle zivile Nuklearkooperation mit den USA. "Im Gegenzug würde Indien sein Nuklearprogramm teilen und die als zivil deklarierten Anlagen internationaler Kontrolle unterstellen. Brisant ist, dass das Abkommen das militärische Nuklearprogramm Indiens entlasten würde, was speziell Pakistan sehr kritisch sieht." Die Mehrzahl der indischen Elite erkennt in der Vereinbarung die endgültige Anerkennung Indiens als Nuklearmacht. Das Atomabkommen wird Indien in die Lage versetzen, die eigene Aufrüstung zu beschleunigen. Indien verfügt derzeit über ungefähr 100 Atomwaffen und kann wahrscheinlich bis zu sieben Sprengköpfe jährlich produzieren. Indische und pakistanische Experten gehen davon aus, dass der Atomdeal dem Land erlauben würde, seine Produktion auf 40 bis 50 Atomwaffen jährlich auszubauen. Sollte das amerikanisch-indische Atomabkommen tatsächlich in Kraft treten, droht ein nuklearer Dammbruch. "Israel und Pakistan, die wie Indien den Atomwaffensperrvertrag ablehnen, haben bereits gefordert, dass die gegen sie bestehenden nuklearen Lieferbeschränkungen ebenfalls aufgehoben werden. Die beiden Staaten argumentieren, auch sie seien "verantwortungsvolle" Atommächte."

Wie eine zukünftige Nuklearpolitik Pakistans aussehen könnte, ist nur schwer vorauszusagen. Das innenpolitisch instabile Land, das seit der Staatsgründung vor 60 Jahren die meiste Zeit vom Militär regiert wurde, verfügt heute schätzungsweise über rund 60 atomare Sprengköpfe. In dem Staat, der ständig von politischen und religiösen Unruhen erschüttert wird, besteht die Möglichkeit, dass zukünftig ein fundamental-islamistisches Regime die Macht im Staat besitzt. Und nicht nur Indien beunruhigt die Vorstellung, das nukleare Arsenal in den Händen einer fundamentalistischen Staatsführung zu wissen, vor allem nachdem Pakistan 2002 bereits angedroht hatte, einen nuklearen Erstschlag zu erwägen, falls dies der einzige Weg wäre, um sich gegen das militärisch mächtigere Indien zur Wehr zu setzen, das nach einem  von Terroristen angerichteten Blutbad im indischen Parlament mehrere Hunderttausend Soldaten an der indisch-pakistanischen Grenze stationiert hatte.

Das Attentat auf die Oppositionsführerin Benazir Bhutto machte erneut deutlich, wie nahe das Land vor einem innenpolitischen Chaos steht. Eine Destabilisierung Pakistans würde den radikalen Kräften in die Hände spielen, die sich im Grenzgebiet zu Afghanistan aufhalten. Die Sorge, dass Pakistan in den Sog eines fundamentalistischen Islam geraten könnte ist mehr als begründet. Die massive politische und finanzielle Unterstützung der USA, die das Land als einen wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus benötigt, wird diese Entwicklung wohl nur bedingt aufhalten können. Nicht ohne Grund wird befürchtet, dass sich islamistische Putschisten Zugriff auf das Nukleararsenal verschaffen könnten. Die explosive Mixtur aus latenter Kriegsgefahr, politischem Radikalismus und Atomterrorismus in Pakistan könnte nicht nur für die Region, sondern für die ganze Welt äußerst bedrohlich werden.

Nordkorea

Jahrelang weigerte sich Nordkorea, seinen Verpflichtungen gegenüber der Internationalen-Atomenergie-Organisation (IAEO) nachzukommen. Im Januar 2003 erklärte Nordkorea seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. Seit Februar 2005 zählt sich Nordkorea selbst zu den Atommächten. Anfang Oktober 2006 kündigte Pjöngjang einen unterirdischen Atomtest an, der am 9. Oktober als vollzogen gemeldet wurde.

Eine Lösung der nordkoreanischen Atomkrise wird im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche versucht. Kernpunkt dieser Verhandlungen zwischen Nordkorea, den USA, Südkorea, der Volksrepublik China, der Russischen Föderation und Japan ist die Beendigung des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms. Nach langem Stillstand ist in die festgefahrenen Verhandlungen neue Bewegung gekommen. Am 26. Juni 2008 legte Pjöngjang seinen Verhandlungspartnern die lange geforderte Liste mit den Einzelheiten über sein Atomprogramm vor. Im Gegenzug kündigten die USA an, einige politische und wirtschaftliche Sanktionen aufzuheben. Trotz dieser jüngsten Fortschritte scheint klar, dass Kim Jong Il seine nukleare Trumpfkarte nicht ohne weiteres aus der Hand geben und sich jeden noch so kleinen Abrüstungsschritt so hoch wie möglich entschädigen lassen wird.

Israel

Über wie viele Atomwaffen Israel tatsächlich verfügt gibt es bis heute nur Schätzungen. Zwar gilt das israelische Nuklear-Arsenal als das größte außerhalb der fünf offiziell anerkannten Atomwaffenstaaten, aber die Zahlen differieren zwischen 80 und 200 geschätzten atomaren Sprengköpfen. Seit Golda Meirs Regierung gibt es eine informelle diplomatische Absprache zwischen den amerikanischen Präsidenten und den israelischen Regierungschefs: Israel verpflichtet sich dazu, dass es niemals öffentlich erklärt, über Atomwaffen zu verfügen; im Gegenzug dazu wird Israel von amerikanischer Seite nicht dazu gezwungen, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichen. Offiziell hat Israel den Besitz von Atomwaffen bisher nicht zugegeben, aber auch nicht bestritten. Spätestens seit 1985 existieren aber deutliche Hinweise dafür, dass Israel in der Wüstenstadt Dimona ein nukleares Waffenarsenal lagert.  Dies bestätigte der israelische Premier Ehud Olmert während seines Deutschland-Besuches im Dezember 2007 und brach damit erstmals ein Tabu der israelischen Politik. Er bestätigte zumindest indirekt, was man seit Jahren weiß, aber in Israel nicht schreiben darf: Das Land hat Atomwaffen.

Seine Stellung als atomarer Monopolist im Nahen Osten will Israel notfalls auch mit Gewalt aufrechterhalten. Das musste Anfang der achtziger Jahre der Irak erfahren, nachdem seine Wissenschafter große Fortschritte beim Bau einer Atombombe gemacht hatten. Der damalige israelische Premierminister Menachem Begin befahl der israelischen Luftwaffe, die Zerstörung des irakischen Atomreaktor Osirak im Juni 1981. Und am 6. September 2007 bombardierte die israelische Luftwaffe offenbar eine syrische Atomanlage, die mit nordkoreanischer Expertise gebaut worden sein soll ? auch wenn die israelische Regierung bis heute über die Militäraktion kein Wort verlauten ließ und auch das Regime in Damaskus lange bemüht gewesen ist, den Luftangriff auf syrisches Territorium als letztlich bedeutungslos herunterzuspielen. Die Planspiele über einen möglichen israelischen Angriff auf das iranische Nuklearprogramm füllen ebenfalls seit Monaten die Nachrichtenspalten.

Jedenfalls hat der Besitz der Atomwaffen keinen Krieg im Nahen Osten verhindert. Die Waffen sind nutzlos und können gegen die direkten Nachbarn nicht eingesetzt werden, ohne dass Israel selbst Schaden nehmen würde. Die israelischen Nuklearwaffen besitzen somit in erster Linie symbolischen Wert, mit der die militärische Vormachtstellung und die technische Überlegenheit Israels im Nahen Osten demonstriert und zementiert werden soll. Ein Verzicht auf seine Atomwaffen wird von Israel ebenso kategorisch abgelehnt wie die Schaffung einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten oder ein Beitritt zum globalen Nichtverbreitungsregime.

Die Überwindung des Abschreckungsautismus

Der Überblick zu den gegenwärtigen nuklearen Rüstungsanstrengungen und Strategien legt den Schluss nahe, dass Rüstungsdynamik und Lernverweigerung weiterhin anhalten und ein zweites nukleares Zeitalter prägen werden. Sollten aufstrebende Nuklearmächte wie China und Indien sowie neue Atomwaffenmächte vergleichbare innere und äußere Verhaltensmuster entwickeln wie die USA und die Sowjetunion seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts werden die Folgen für die internationale Politik höchst beunruhigend sein.

Doch immerhin gibt es auch erste Anhaltspunkte für eine Bereitschaft zum Umdenken. Dieses findet derzeit vor allem außerhalb der US-Regierung statt. Es sind einflussreiche ehemalige Politiker - wie Henry Kissinger, George Shultz und Sam Nunn, die aufgrund ihrer früheren Verantwortung wissen, wovon sie reden -, die sich seit geraumer Zeit für eine Wiederbelebung der internationalen Rüstungskontrolle einsetzen. Ziel ihrer Initiative ist nichts Geringeres als ein Abkommen über die Abschaffung aller Atomwaffen. 

Die beiden Präsidentschaftskandidaten Obama und McCain haben sich diese Gedanken zu Eigen gemacht. Barack Obama hat im US-Senat mehrfach für die Ratifizierung des Teststoppvertrages votiert und gegen die Entwicklung neuer Nuklearsprengköpfe. Ebenso steht er der Stationierung von Abfangraketen in Osteuropa skeptisch gegenüber. Zwar hält der Senator aus Illinois nichts von einseitiger Abrüstung, aber er werde, so seine Ankündigung, auf Russland zugehen, um zunächst die gefährlich hohe Gefechtsbereitschaft des eigenen Kernwaffen-Arsenals und danach die Zahl der Sprengköpfe wesentlich zu reduzieren.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain will ebenfalls das amerikanische Atomwaffenarsenal reduzieren. Zudem plädiert er für eine internationale Offensive, um die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Es bedürfe internationaler Abrüstungsverträge und einer effektiven Kontrolle der Nuklearaktivitäten.  Beide Kandidaten wollen sich dafür einsetzen, dass der Atomteststopp-Vertrag endlich im US-Senat ratifiziert wird.

Mit der Amtsübernahme Dimitri Medwedews im Mai 2008 könnte - allen Rückschlägen durch den Krieg in Georgien zum Trotz - zudem in die festgefrorenen Beziehungen zwischen Russland und dem Westen Tauwetter einkehren. Der Jurist Medwedew orientiert sich bei seiner Außenpolitik stärker als sein Vorgänger am internationalen Völkerrecht. Er will die UNO stärken und die OSZE zur Grundlage einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur ausbauen: "wenn unsere Vorgänger es unter den Bedingungen des Kalten Krieges geschafft haben, die Schlussakte von Helsinki auszuarbeiten [...], warum sollten wir dann heute nicht den nächsten Schritt tun? Und das wäre die Ausarbeitung und der Abschluss eines juristisch verbindlichen Vertrages über die europäische Sicherheit." 

Damit steht ein Angebot im Raum, auf dass die EU und der neue amerikanische Präsident reagieren sollten. Dabei sollten vor allem auch die rüstungskontrollpolitischen Foren der OSZE - wie das Forum für Sicherheitskooperation - wieder stärker genutzt werden.

In Großbritannien gibt es unter Gordon Brown ebenso bemerkenswerte Entwicklungen, die - analog zu den USA - ein Umdenken in Richtung Abrüstung und Rüstungskontrolle signalisieren könnten. So hielt die damalige Außenministerin Margaret Beckett vor einem Jahr auf der Carnegie Nonproliferation Conference eine bemerkenswerte Grundsatzrede, in der sie zum Atomausstieg aufrief: "Meine Generation hat immer mit dem Schatten der Bombe gelebt. Aber die Vertrautheit mit einer so entsetzlichen Sache ist gefährlich. Wir sollten unsere Konzepte für globale Transparenz und globale Verifikation überprüfen - und einen Rahmen schaffen, der genug Sicherheit vermittelt, damit die Staaten ihre Arsenale in größerem Umfang abbauen und ihre atomare Fähigkeit eines Tages vollends aufgeben können. Wenn wir in unseren Abrüstungsbemühungen nachlassen, wenn wir uns erlauben, den Nichtverbreitungskonsens als selbstverständlich zu betrachten, dann wird der atomare Schatten, der über uns allen hängt, länger und dunkler werden." Und zuletzt forderten vier namhafte britische Politiker, die in verschiedenen Jahren als Außenminister- bzw. Verteidigungsminister tätig waren, in einem offenen Brief in der "Times" Russland und die USA zu einer Reduzierung ihrer Atomwaffen auf.

Abrüstung und Rüstungskontrolle als Gebot der Stunde

Wenn jedoch die Zahl der Nuklearwaffen tatsächlich drastisch verringert werden soll, müssen die Vereinigten Staaten und Russland mit einem neuen Vertrag den Anfang machen. Schließlich verfügen beide Staaten zurzeit noch über mehr als neunzig Prozent der vorhandenen Systeme.

Unter dem neuen US-Präsidenten - mag er nun McCain oder Obama heißen - scheint eine Einigung auf jeweils tausend atomare Sprengköpfe und verbindliche Überprüfungsmechanismen durchaus möglich zu sein. Die Überprüfungskonferenz für den Nichtverbreitungsvertrag 2010 bietet Gelegenheit, die bisherigen Instrumente zu schärfen. Hier muss ein neuerliches Scheitern und damit eine weitere Erosion des globalen Nichtverbreitungsregimes unter allen Umständen verhindert werden. An Vorschlägen, etwa dem der Anreicherung von Uran für die zivile Nutzung der Kernenergie unter internationaler Aufsicht, mangelt es nicht.  Es ist also noch möglich, die politisch-diplomatische Initiative im Bereich der Nichtverbreitungspolitik wiederzuerlangen. Dies setzt allerdings die erneute Wahrnehmung einer multilateralen Führungsrolle durch die USA im Bereich der Nichtverbreitungspolitik voraus. Das erfordert auch, dass die Europäer stärker die strategische Relevanz des Nichtverbreitungsthemas in den Vordergrund stellen. Die EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen beinhaltet eine wichtige Grundlage für das gemeinsame Handeln der EU und die Stärkung und Universalisierung der bestehenden multilateralen Abrüstungs- und Rüstungskontrollabkommen.

In einer seiner letzten Reden, auf der UN-Generalversammlung am 22 November 2006, stellte Kofi Annan fest: "Während Regierungen zusammenkommen, um sich mit vielen weltweiten Gefahren zu befassen, gibt es einen Bereich, wo eine gemeinsame Strategie vollkommen fehlt, und dieser stellt wohl die größte Gefahr von allen dar - der Bereich der Atomwaffen."

Deshalb müssen Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder zu einem maßgeblichen Ordnungsprinzip der internationalen Beziehungen werden. In den vergangenen Jahrzehnten hat diese Strategie die Welt sicherer gemacht. Während des Ost-West-Konflikts trug Rüstungskontrolle maßgeblich zur Kriegsverhütung und Vertrauensbildung bei. Sie schuf die Voraussetzung für Kooperation und Wandel. Die Begrenzung und der Abbau der strategischen Kernwaffen, die Vernichtung sämtlicher Mittelstreckenraketen, der Nicht-Weiterverbreitungsvertrag, das Chemiewaffenabkommen, die Bio-Waffen-Konvention und die Beschränkung der konventionellen Rüstung in Europa sind nur einige wichtige Erfolgsbeispiele. Eine erneuerte, vertragsbasierte und verifizierbare, Rüstungskontrolle ist deshalb ohne vernünftige Alternative.

Autor: 
Von Rolf Mützenich
Thema: 
Das zweite Nuklearzeitalter
Veröffentlicht: 
Blätter für deutsche und internationale Politik 9/2008, S. 31-43.