Die Zukunft der Rüstungskontrolle: Perspektiven bei der Implementation und Verifikation
1. Einleitung
Die Rüstungskontrolle befindet sich - je nach Betrachtungsweise - in der Krise, der Stagnation oder ist bereits sanft verschieden. Nach dem Ende des Kalten Krieges steht das Konzept der Rüstungskontrolle heute vor einer doppelten Herausforderung: Es muss sowohl den strukturellen Veränderungen des internationalen Systems nach 1989 als auch der technologischen Dynamik des Informationszeitalters angepasst werden. Einerseits distanzieren sich die maßgeblichen Entscheidungsträger in den USA vom Konzept der Abrüstung und Rüstungskontrolle, andererseits sind die bestimmenden Triebkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie heute in erster Linie im kommerziellen Bereich zu finden. Vor allem im Bereich der Informationstechnologien, die heutzutage Eingang in praktisch alle modernen Waffensysteme gefunden haben, verwischt damit zunehmend die Grenze zwischen militärischen und zivilen Systemen. Auch für die Rüstungskontrolle hat somit das postmoderne Zeitalter begonnen.
Zudem sind im letzten Jahrzehnt traditionelle Annahmen über die in Rüstungskontrollfragen relevanten Akteure und Gegnerschaften weitgehend hinfällig geworden. Die Konfliktlinien verlaufen nicht mehr zwischen zwei Weltanschauungen, sondern sind abhängig von Situationsbedingungen, die schnell wechseln können. Auch profitierte die Rüstungskontrolle während des Kalten Krieges von der Akteursstruktur, also der Teilung in zwei formale Allianzen, während es in vielen aktuellen Konflikten zunehmend schwieriger ist, die relevanten Akteure zu identifizieren. Zwar hat die Gefahr eines nuklearen Weltkrieges abgenommen, gleichzeitig treten aber an die Stelle dieser klar zu bestimmenden Bedrohung bisher unbekannte Gefahren für die internationale Sicherheit: schwache und instabile Staaten, die mit Massenvernichtungswaffen ausgerüstet sind, oder nicht-staatliche Akteure, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. Als neue Herausforderung für die Rüstungskontrollbemühungen erweisen sich zunehmend die schwieriger werdende Aufrechterhaltung des staatlichen Gewaltmonopols, die Verminderung der Zerstörungswirkung von Waffen und die Reduzierung ihrer Kosten. (...)