Spezielle Form der Finanzierung

Die Finanzierung des SPD-Bürgerbüros in Nippes könnte für die Landtagsabgeordnete Anke Brunn zum politischen Stolperstein werden. Gestern hat die Generalstaatsanwaltschaft gegen die Politikerin, die in den Jahren 1997 bis 2002 als Hauptmieterin des Gemeinschaftsbüros einer Gruppe von SPD-Mitgliedern aufgetreten war, Ermittlungen wegen Betrugs zum Nachteil des Bundestages eingeleitet.

Das gilt auch für ihre Abgeordneten-Kollegin Donata Reinecke, die das Büro nach eigenen Angaben lediglich im Jahr 2002 mitfinanziert haben will. Der NRW-Landtagspräsident Ulrich Schmidt sei gebeten worden, die Immunität der beiden Abgeordneten aufzuheben.

Generalsstaatsanwalt Georg Linden sieht den Anfangsverdacht gegen Brunn und Reinecke bestätigt, der aufgrund der E-Mail eines anonymen Insiders unter dem Decknamen "August Bebel" entstanden war. Die Politikerinnen sollen für die Miete des Büros, die über ein Sonderkonto des Ortsvereins Weidenpesch gezahlt worden war, Gelder aus ihren steuerfreien Aufwandspauschalen eingesetzt haben. Dafür habe der Ortsverein Spendenquittungen ausgestellt, die sie steuerlich geltend gemacht haben sollen. Ein solches Vorgehen wäre nicht nur ein Steuervergehen, sondern möglicherweise ein Verstoß gegen das Parteienfinanzierungsgesetz. Denn für jeden gespendeten Euro kassieren die Parteien - bis zu einer gewissen Obergrenze - eine staatliche Zuwendung von derzeit 38 Cent.

Brunns Anwalt Helmut Neumann wies den Verdacht zurück. Seine Mandantin begrüße "die Einleitung des förmlichen Verfahrens, gibt es ihr doch Gelegenheit, die ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe im einzelnen zu widerlegen". Fest steht: Brunn und Reinecke haben eine ungewöhnliche Form der Finanzierung gewählt. Das zeigt ein Vergleich mit anderen Kölner Parlamentariern. Die SPD-Bundespolitiker Martin Dörmann, Lale Akgün, Rolf Mützenich und Ernst Küchler zahlen nach eigenen Angaben ihr gemeinsames Büro an der Albertusstraße anteilig aus ihren Pauschalen. Dörmann teilt sich die Kosten für seine beiden Bürgerbüros in Kalk und Porz mit den Landtagsabgeordneten Stephan Gatter und Friedhelm Lenz."Für Büromieten gibt es keine Spendenquittungen", betonte Mützenich. In diesem Punkt halte er die Ermittlungen für durchaus gerechtfertigt.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Rolf Bietmann lässt seine Pauschale auf ein gesondertes Konto überweisen. Davon finanziere er sein Wahlkreis-Büro in Weidenpesch. Seine Fraktionskollegin Ursula Heinen sowie die CDU-Landtagsabgeordneten Marie-Theres Ley und Richard Blömer sagten, sie deckten die Bürokosten aus den Pauschalen; Spendenbelegegebe es nicht. Die Grünen Kerstin Müller und Volker Beck haben ihr Büro vom Kreisverband gemietet. "Spendenquittungen", so Grünen-Schatzmeister, Matthias Neumann, "stellen wir nicht aus."

Autor: 
Von Peter Berger und Andreas Damm
Veröffentlicht: 
Kölner Stadt-Anzeiger, 30.04.2003
Thema: 
Finanzierung des SPD-Bürgerbüros in Nippes