SPD uneins in Afghanistan-Frage

Bundeswehr-Einsatz verlängern oder nicht? Die Veröffentlichung geheimer Militärakten auf Wikileaks sorgt für Differenzen bei den Sozialdemokraten.

Der SPD fehlt eine einheitliche Haltung zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Ursache dafür ist die Veröffentlichung geheimer Militärdokumente auf Wikileaks, aus denen hervorgeht, dass im Mandatsgebiet der Deutschen US-Spezialeinheiten Jagd auf Taliban-Führer machen.

Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels ist dennoch für die 2011 anstehende Mandatsverlängerung und steht damit auf der Seite der Bundesregierung - anders als der Außenexperte Rolf Mützenich."Wir haben beim letzten Mal schon gezeigt, dass wir daran interessiert sind, die Verantwortung gemeinsam zu tragen", sagte Bartels dem Kölner Stadt-Anzeiger. Das wolle man auch weiterhin so tun. Die Veröffentlichung der Dokumente bei Wikileaks ändere nichts an dem Mandat der Bundeswehr für den Einsatz am Hindukusch.

Mützenich, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, hatte dagegen zuvor die Zustimmung im kommenden März davon abhängig gemacht, wie umfassend die Bundesregierung die neuen Details aus den jetzt veröffentlichten Geheimpapieren aufklärt. Sie solle gemeinsam mit den Bündnispartnern erhellen, "ob wirklich alle Aktionen der US-Armee völkerrechtlich durch das Isaf-Mandat gedeckt sind". So will es auch die Linkspartei, und auch die Grünen meldeten nach der Veröffentlichung der etwa 90.000 Geheimdokumente auf Wikileaks Aufklärungsbedarf an.

SPD, Grüne und der Linkspartei wollen vor allem Informationen über das Einsatzgebiet der Bundeswehr im Norden des Landes und über die US-amerikanische Task Force 373, die im Bundeswehrlager in Masar-i-Scharif und damit im deutschen Zuständigkeitsgebiet stationiert ist. Vor allem Mützenich hatte hier Zweifel an der Sicherheitslage geäußert.

Doch nicht nur unter den Fachpolitikern besteht der Wunsch nach mehr Aufklärung. "Vor der nächsten Mandatsverlängerung gibt es noch sehr viele Fragezeichen", sagte ein Mitglied der SPD-Fraktionsführung. Durch die Veröffentlichung seien neue Fragen hinzugekommen. "Entschieden ist nichts."

Für die Internationale Afghanistan-Schutztruppe Isaf sind derzeit 4590 deutsche Soldaten im Einsatz. Der Bundestag hatte die Obergrenze im Februar von 4500 auf maximal 5350 Soldaten erhöht. Ein vorzeitiger Abzug der Bundeswehr aus dem Land ist jedoch kein Thema. "Es sollte keiner so naiv sein zu glauben, dass man jetzt schnell aus Afghanistan rauskommt", sagte SPD-Vorstandsmitglied Jens Bullerjahn. Mit Ausnahme der Linkspartei ist das Konsens unter allen im Bundestag vertretenen Parteien.
 

Autor: 
Von N.N.
Veröffentlicht: 
Zeit online, 29.07.2010
Thema: 
Bundeswehr-Einsatz verlängern oder nicht? Die Veröffentlichung geheimer Militärakten auf Wikileaks sorgt für Differenzen bei den Sozialdemokraten.