Kritik an Chirac

Jacques Chirac hat den "flexiblen" Einsatz von Atomwaffen gegen Terrorstaaten angekündigt.

Linkspartei und Grüne verlangten eine Stellungnahme der Bundesregierungzum Atomwaffen-Vorstoß des französischen Präsidenten. FDP-Chef GuidoWesterwelle forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Leipziger Volkszeitung auf, Chirac "zur Zurückhaltung zu ermuntern".

Ebenso drängte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin die Bundesregierung, klar Position zu beziehen. Kanzlerin Merkel müsse Frankreich "ernsthaft befragen, ob Paris an der europäischen Strategie der Begrenzung atomarer Bewaffnung noch festhält", sagte er der Berliner Zeitung.

Es handele sich um einen beachtlichen Kurswechsel, der alle Bemühungen konterkariere, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu begrenzen.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andreas Schockenhoff (CDU), bezeichnete Chiracs Äußerungen für die Bemühungen um eine Lösung im Iran-Konflikt als nicht hilfreich.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden, sagte der Berliner Zeitung, Zeitpunkt der Rede Chiracs sei "unglücklich" angesichts der Bemühungen des EU-Trios aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, den Iran von seinem Atomprogramm abzubringen.

Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich nannte Chiracs Äußerungen in einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger "zum jetzigen Zeitpunkt nicht akzeptabel". Atomwaffen sollten nicht zu einem "sicherheitspolitischen Instrument" gemacht und keine "Drohkulisse"aufgebaut werden.

Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer sagte dem Blatt, Chirac befördere eine "gefährliche rhetorische Eskalation", die die Mullahs in Teheran nicht zum Verzicht auf "ihr Waffenprogramm" bewegen werde.

Chirac hatte am Donnerstag auf dem bretonischen Atom-U-Boot-Stützpunkt Ile Longue gesagt, die Gefährdung der strategischen Versorgung durch Terroranschläge und die Verteidigung von verbündeten Staaten könnten den Einsatz von Atomwaffen rechtfertigen.

Die US-Regierung hat sich indes zurückhaltend zur jüngsten Drohung des französischen Präsidenten gegen Terrorstaaten geäußert. Er habe den Wortlaut der Bemerkungen Chiracs nicht gesehen, antwortete US-Außenamtssprecher Sean McCormack auf eine Journalistenfrage.

Generell gelte, dass "Entscheidungen und Aktionen, die Gewalt und den Einsatz des Militärs beinhalten, die ernstesten Entscheidungen sind, die eine Führungspersönlichkeit zur Verteidigung des Lande und des Volkes fällen kann", sagte der Sprecher.

"Aber solche Entscheidungen sind Sache des Landes und seiner Führung. "Darüber hinaus habe er keinen "spezifischen Kommentar" abzugeben, fügte McCormack hinzu.

 

Autor: 
Von N.N.
Veröffentlicht: 
Süddeutsche Zeitung, 20.01.2006
Thema: 
Die Atomwaffen-Drohung des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac gegen Terrorstaaten ist in Deutschland über die Parteigrenzen hinweg kritisch aufgenommen worden. Bundeskanzlerin Merkel hält sich jedoch mit einem Kommentar zurück.