Kirchen kritisieren deutsche Waffenlieferungen

Die beiden großen Kirchen haben die von der rot-grünen Regierung verantworteten Rüstungsexporte scharf verurteilt. Nach dem Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) sind besonders die Ausfuhren in Entwicklungsländer besorgniserregend. Im vergangenen Jahr exportierte Deutschland Rüstungsgüter imWert von 3,8 Milliarden Euro.

Kritik an der neuen Regierung

Der katholische Prälat Karl Jüsten kritisierte, dass die Bundesregierung gegen ihre politischen Leitlinien und das EU-Kriterium der Entwicklungsverträglichkeit verstoße. Erneut sei rund ein Drittelder deutschen Ausfuhrgenehmigungen, Rüstungsgüter im Wert von 1,2 Milliarden Euro, an Staaten gegangen, die Entwicklungshilfe erhielten."Rüstungsexporte gefährden die Aussicht von gelingender Entwicklung und stehen in vielen Fällen den erklärten entwicklungspolitischen Zielen der Bundesregierung entgegen", sagte Jüsten.

Die Ausfuhrgenehmigungen seien zwar 2004 im Vergleich zu 2003 von 4,8 auf 3,8 Milliarden Euro zurückgegangen, teilte Jüsten mit. Sie lägen aber über den Werten von 2002 und 2001 und deutlich über dem Niveau der 90er-Jahre. "Die Bilanz der alten Bundesregierung ist allen ihren Bekundungen zum Trotz mager und enttäuschend."

Deutsche Exporte nach China in Höhe von knapp 900 000 Euro im Jahr 2004 zeigten, dass es berechtigt sei, von einem "löcherigen Embargo" zusprechen, so Jüsten. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos eingesetzt.

Ebenfalls kritisiert wurden die Pläne der großen Koalition: "Mit Befremden haben wir feststellen müssen, dass die Koalitionsvereinbarung sehr zurückhaltend in der Frage der Rüstungsexporte ist", sagte der Vertreter der evangelischen Kirche, Prälat Stephan Reimers. Es findesich keine Verpflichtung auf eine restriktive Rüstungsexportpolitik.

Reimers forderte die Regierung zudem auf, ihre Berichte überRüstungsexporte früher zu veröffentlichen. Es sei eine "Missachtung vonParlament und Öffentlichkeit, dass bislang kein Bericht über die Exporte von 2004 vorliege. Die GKKE-Studie stützt sich auf einen EU-Bericht.

SPD-Abrüstungsexperte Rolf Mützenich sagte der Berliner Zeitung, im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung müsse klargestellt werden, warum das Finanzvolumen der Rüstungsexporte weiterhin relativ hoch sei. Wenn dies nicht in einzelnen, teuren Exporte begründet sei, sondern in zahlreichen Kleinwaffen-Ausfuhren, sei dies hoch problematisch. Mützenich forderte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf, sich ausdrücklich zu den von Rot-Grün eingeführten Rüstungsexportrichtlinienzu bekennen. "Er sollte öffentlich erklären, dass er dazu steht."

Der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei forderte eine Verschärfung der Export-Richtlinien. "Die Unterscheidung zwischen Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern im Genehmigungsverfahren gibt es nur in Deutschland und in Österreich. Sie muss aufgehoben werden",sagte er der Berliner Zeitung. Insgesamt zeigte sich Nachtwei pessimistisch über die künftige Exportpraxis. "Bisher konnten die Grünen noch bremsen. Ich fürchte dass es mit der großen Koalition zu einer gewissen Enthemmung kommen wird", sagte er.
 

Autor: 
Von Jakob Schlandt und Daniela Vates
Veröffentlicht: 
Berliner Zeitung, 13.12.2005
Thema: 
Bericht über Rüstungsexporte in Berlin vorgestellt / Grüne Opposition fordert strengere Richtlinien