Empörung über Ausfall Irans

Mit großer Empörung hat die internationale Gemeinschaft auf den Aufruf des neuen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zur Vernichtung Israels reagiert. Wie schon die USA verurteilten die Staats- und Regierungschefs der EU die Rede aufs Schärfste. Aufrufe zur Gewalt und zur Zerstörung eines Staats seien grundsätzlich unvereinbar mit dem Anspruch ein reifes und verantwortungsvolles Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft zu sein, urteilte der EU-Gipfel in Hampton Court. Israels Ministerpräsident Ariel Scharon forderte denAusschluss Irans aus den UN. Auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete Ahmadinedschads Aufforderung als "nicht hinnehmbar".

Auf einer Konferenz über "Eine Welt ohne Zionismus" hatte Ahmadinedschad erklärt, schon der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini habe die Auslöschung Israels vorhergesagt. Diese Prophezeiung werde "durch kontinuierliche Weisheit der Palästinenser auch bald realisiert werden", sagte der Präsident. In Palästina sei "eine neue Welle" im Anmarsch, "und es ist auch machbar, dass dieser Schandfleck (der Staat Israel) aus der islamischen Welt getilgt wird".

In Berlin wurde der iranische Geschäftsträger ins Außenministerium einbestellt - ähnlich wie in anderen westlichen Ländern und Russland. Der Kölner Bundestagsabgeordnete Rolf Mützenich (SPD) sprach von einem "Rückfall in alte Zeiten". Die Äußerungen seien für die Atomgespräche mit der EU "nicht hilfreich", sagte der Abrüstungsfachmann Mützenich, der sich mit anderen Abgeordneten parteiübergreifend mit dem Atomprogramm des Iran befasst. Mützenich sieht dennoch auch positive Entwicklungen. So habe der Iran die Inspektion sensibler Anlagen zugelassen. Bedrohlich nannte der SPD-Politiker hingegen die voranschreitende Entwicklung iranischer Trägerraketen.

Auch im Iran wächst die Kritik an der Unerfahrenheit Ahmanidedschads, seinem Mangel an diplomatischem Gespür und insgesamt an seinem Regierungsstil. Dieser Stil zeigte sich erstmals beängstigend imAugust, als Ahmadinendschad einen EU-Vorschlag zur Lösung der Atomkrise zurückwies. Die internationale Gemeinschaft wartete ungeduldig auf einen Gegenvorschlag, den der Präsident vor der UN-Generalversammlung hätte präsentieren können. Doch diese Chance ließ er aus und beharrte auf Irans Recht zur Entwicklung von Atomenergie für friedliche Zwecke.

Politische Kreise in Teheran kritisieren schon seit einiger Zeit den Mangel an Kompetenz, Erfahrung und intellektueller Befähigung, der Ahmadinedschads außenpolitisches Team auszeichnet. Keineswegs nur reformorientierte Kreise klagen über die "Atmosphäre des Misstrauens", die Ahmadinedschad auf der internationalen Bühne geschaffen habe. Selbst die erzkonservative Tageszeitung "Resalat" dringt auf dieBildung eines "beratenden Gremiums", das dem Präsidenten und seinem Außenminister zur Seite stehen sollte.
 

Autor: 
Von Birgit Cerha und Sibylle Quenett
Veröffentlicht: 
Kölner Stadt-Anzeiger, 28.10.2005
Thema: 
Der Aufruf zur Vernichtung Israels gilt als ?nicht hinehmbar?. Selbst in Teheran stößt Präsident Ahmadinedschad auf Kritik.