Sollen deutsche Soldaten Israelis beschützen?

Die Bundesregierung will sich bei ihrer Entscheidung über einen Nahost-Einsatz der Bundeswehr nicht unter Zugzwang setzen lassen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier würdigte den israelischen Wunsch nach einer Entsendung deutscher Soldaten als "bemerkenswerten Vertrauensbeweis". Gleichzeitig warnte er aber vor einer vorschnellen Festlegung in dieser Frage.

Aus der SPD-Fraktion wurden Zweifel an einer Zustimmung des Bundestags zu einem Nahost-Einsatz laut. FDP und Linkspartei sprachen sich klar dagegen aus, die Grünen zeigten sich uneins.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, wandte sich gegenüber der "Welt" mit Hinweis auf die deutsche Geschichte gegen eine direkte militärische Beteiligung der Bundeswehr. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bevorzugt nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Spiegel" ein ziviles Engagement Deutschlands.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hatte vor wenigen Tagen den Wunsch geäußert, dass sich Deutschland an einer Friedenstruppe im Nahen Osten beteiligt. Er würde Bundeskanzlerin Angela Merkel auch persönlich darum bitten, erklärte er. "Wenn eine solche Bitte nötig ist, werde ich mit Angela Merkel reden", sagte er der "Welt am Sonntag".

Steinmeier sagte, die Haltung Olmerts verdeutliche "die außergewöhnlich gute Entwicklung zwischen Israel und Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten". Trotzdem könne die Frage nach einer deutschen Beteiligungan einer Schutztruppe auch wegen der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands noch nicht beantwortet werden. Zuerst müssten das Mandat, Art und Umfang des Auftrags sowie die Zusammensetzung der Truppe bekannt sein. "Erst die Fakten, dann die Entscheidung", betonte der SPD-Politiker.

Auch Hans-Ulrich Klose (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, riet zunächst zum Abwarten: "Es ist heute noch nicht die Zeit, Ja oder Nein zu sagen", sagte Klose dem Abendblatt. Für Zurückhaltung plädierte ebenso der Unionsfraktionschef Volker Kauder: "Wenn diese Bitte an uns herangetragen wird, werden wir die Frage ernsthaft prüfen."

Mehrere SPD-Politiker äußerten sich skeptisch zu einem Nahost-Einsatz. Der Sprecher des rechten Parteiflügels, Johannes Kahrs, geht nicht davon aus, dass eine parlamentarische Mehrheit zustande käme. Die Fraktionsspitzen forderte er auf, den Fraktionszwang für eine Abstimmung im Bundestag aufzuheben. "Das ist eine reine Gewissensfrage."

Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich wies den Vorstoß Olmerts offen zurück: "Wir können eine Friedenssicherung nicht nur im Interesse Israels machen."

Als "undenkbar" bezeichnete der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle eine Entsendung deutscher Soldaten in den Nahen Osten. "Deutschland muss nicht bei jedem Einsatz der Vereinten Nationen dabei sein", sagte er. "Ich appelliere auch an die Bundeskanzlerin, hier mit einem Machtwort diese Diskussion unverzüglich zu beenden." Für die Linksfraktion sprach sich deren Außenexperte Wolfgang Gehrke gegen einen Nahost-Einsatz aus.

Aus den Reihen der Grünen kamen unterschiedliche Signale. Der Fraktionsvize Jürgen Trittin reagierte ablehnend auf den israelischen Wunsch. "Was Herr Olmert will, ist keine Friedenstruppe, sondern eine internationale Truppe, die den Krieg gegen den Terrorismus auf eine Weise fortsetzt, die ich für wenig Erfolg versprechend halte", sagte er.

Die Verteidigungsexpertin der Grünen, Angelika Beer, sagte dem Abendblatt: "Wenn es ein Mandat im Rahmen des internationalen Kampfes gegen den Terrorismus ist, bin ich gegen jede deutsche Beteiligung, weil das Völkerrecht damit automatisch ausgehebelt wäre. Und nach unserem Grundgesetz ist uns eine solche Beteiligung untersagt."

Politiker von Union und SPD warnten zudem vor Gefahren für die Sicherheit in Deutschland bei einer weiteren Eskalation im Nahen Osten. Erler sagte dem Deutschlandfunk, er befürchte einen Radikalisierungsschub der in Deutschland lebenden Araber.

Autor: 
Von swa
Veröffentlicht: 
Hamburger Abendblatt, 07.08.2006
Thema: 
Nahost-Friedenstruppe: Berlin reagiert zurückhaltend auf die Bitte von Premier Olmert. FDP und Linke dagegen, SPD, Grüne und Union unentschieden. Merkel für ziviles Engagement.